Nacherbe
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Die treuwidrige Herbeiführung des Nacherbfalls gilt als nicht erfolgt. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby

Die treuwidrige Herbeiführung des Nacherbfalls gilt als nicht erfolgt

Frage:

Mein Großvater hat meinen Bruder zum Vorerben und dessen Ehefrau zum Nacherben eingesetzt. Mein Bruder ist verstorben, weil meine Schwägerin ihn getötet hat, in dem sie ihn ins Konzentrationslager verbringen ließ, wo er erwartungsgemäß getötet wurde. Kann sie noch Nacherbin sein oder ist sie erbunwürdig?


Ein Tipp von RA Ruby

Antwort:

Erbunwürdig ist sie nicht, da sie ja nicht den Großvater als Erblasser, sondern „nur“ den Vorerben umgebracht hat.

§ 162 BGB Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Nach § 162 Abs. 2 BGB gilt der Eintritt einer Bedingung nicht als erfolgt, wenn eine Partei, der der Eintritt der Bedingung zum Vorteil gereicht, diesen Eintritt wider Treu und Glauben herbeiführt. „Bedingung” in diesem Sinne ist die einem Rechtsgeschäft zugefügte Bestimmung, durch die seine Wirkungen von einem zukünftigen Ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden. Hier war das Testament des Erblassers das Rechtsgeschäft, das den zukünftigen Eintritt der Ehefrau als Nacherbin von einem bestimmten Ereignis abhängig machte. Als Nacherbfall war der Tod des Vorerben vorgesehen; sein Tod war das zukünftige Ereignis, von dem der Eintritt der Erbberechtigung der Ehefrau mit abhängig war. Zwar war der Eintritt dieses Todes gewiss und nur der Zeitpunkt des Eintritts ungewiss, doch war der Eintritt der Ehefrau als Nacherbin weiter davon abhängig, dass der Vorerbe eine Ehe einging, dass die jetzige Mörderin seine Ehefrau bei Eintritt des Nacherbfalls war und dass sie den Nacherbfall erlebte. Bei Beachtung dieser Umstände bestehen keine Bedenken, hier von einer Bedingung und nicht etwa nur von einer Befristung auszugehen. Damit hat die Ehefrau als für den Tod des Vorerben eingesetzte Nacherbin, da sie den Vorerben getötet hat, den Eintritt des Nacherbfalls in einer dem Inhalt des Testaments grob zuwiderlaufenden Weise, also wider Treu und Glauben, herbeigeführt.

Die Regelung des § 162 Abs. 2 BGB ist auf einen solchen Fall durchaus rechtsähnlich anwendbar.

Nach § 162 Abs. 2 BGB gilt in solchen Fällen der Eintritt der Bedingung nicht als erfolgt. Das Gesetz wählt also eine Fiktion und ordnet an, dass die Rechtsfolgen eines bestimmten Ereignisses nicht eintreten sollen, dass also der Betreffende sich nicht darauf berufen darf. Das bedeutet hier, dass die Ehefrau sich so behandeln lassen müsste, als wäre ihr Mann nicht gestorben und der Nacherbfall noch nicht eingetreten.

Damit scheidet die Ehefrau aber für immer als Nacherbin aus, weil sie sich auf den durch den Mord herbeigeführten Tod des Vorerben nicht berufen darf. Die Nacherbfolge muss so behandelt werden, dass die Ehefrau als Nacherbin nicht in Frage kommt. Die Ehefrau muss es hinnehmen, dass Erbschaft an diejenigen Nacherben fällt, die es ohne die Ehefrau geworden wären.

Zur Vertiefung: BGH NJW 1968, 2051 

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