Kann Sohn Pflichtteil am Haus meines verstorbenen Mannes verlangen?

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 Pflichtteil am Haus. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Kann mein Sohn seinen Pflichtteil am Haus meines verstorbenen Mannes verlangen?

Frage: 

Mein Mann ist gestorben. Er hat ein Haus im Wert von 400.000 Euro hinterlassen. Wir hatten ein Testament, in dem wir uns gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. Jetzt verlangt mein Herr Sohn, unser einziges Kind, seinen Pflichtteil in Höhe von 100.000 Euro. Ich habe das Geld aber nicht, muss ich trotzdem bezahlen und das Haus verkaufen?

Antwort:

Zunächst ist richtig, dass Ihr Sohn pflichtteilsberechtigt ist und im Regelfall, der bei Ihnen vorliegt, 25 % Pflichtteil als einziges Kind verlangen kann. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch, der mit dem Erbfall entsteht und kann von den Pflichtteilsberechtigten sofort geltend gemacht werden. Fälle wie Ihrer kommen häufig vor. Wenn die Witwe kein Geld hat, sondern nur die vom Mann geerbte Haushälfte oder wie bei Ihnen gar das ganze Haus, ist Folge des Pflichtteilsanspruchs nicht selten Versteigerung oder der Notverkauf des Hauses. Dies kann für den Erben wiederum eine außergewöhnliche Härte bedeuten.
Durch den Gesetzgeber wurde deshalb zur Lösung dieses Konflikts die Möglichkeit der Stundung des Pflichtteilsanspruchs geschaffen (§ 2331a BGB). Die Fälligkeit des Pflichtteilsanspruches wird damit hinausgeschoben und der Pflichtteilsberechtigte kann seinen Pflichtteilsanspruch – solange die Stundung andauert – nicht durchsetzen.

Die Stundung eines Pflichtteilsanspruchs kann nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen verlangt werden:

1. Den Erben muss eine sofortige Erfüllung des Pflichtteilsanspruches ungewöhnlich hart treffen. Das trifft z.B. zu, wenn der Erbe zur Aufgabe der Familienwohnung oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsgutes (z.B. gewerbliche Unternehmungen, Mietshäuser, landwirtschaftliche Güter, Beteiligungen an Handelsgesellschaften usw.) gezwungen wäre, das die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Erben bildet. Eine ungewöhnliche Härte besteht jedoch nicht, wenn der Erbe den Geldanspruch der Pflichtteilsberechtigten aus seinem sonstigen, d.h. nicht ererbten Vermögen realisieren kann. Dem Erben ist dabei sogar eine Kreditaufnahme zuzumuten. Dies gilt auch für eine mögliche Veräußerung von Kunstgegenständen, Antiquitäten, traditionsreichen Familienstücken o.ä..

2. Die Stundung muss dem Pflichtteilsberechtigten zugemutet werden können. Dafür kommt es insbesondere auf dessen persönliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die seiner Familie an. Unzumutbar ist eine Stundung besonders dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte bisher Unterhalt vom Erblasser erhielt. Ebenso unzumutbar ist eine Stundung, wenn der Erblasser die Ausbildung oder den Aufbau einer beruflichen Existenz des Pflichtteilsberechtigten unterstützte.

Gut zu wissen:

Die Interessenabwägung zwischen den Erben und den Pflichtteilsberechtigten kann zu einer Kompromisslösung, d.h. zu einer Stundung in Form von Ratenzahlungen führen. Eine Stundung muss der Erbe immer persönlich beantragen. Bei Einigkeit über das Bestehen und die Höhe des Pflichtteilsanspruches, ist der Antrag an das zuständige Nachlassgericht zu richten. Streiten die Beteiligten bereits in einem Rechtsstreit über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs, so entscheidet dann auch dieses Gericht über den Stundungsantrag. Nach Abschluss dieses Verfahrens kann kein Stundungsantrag mehr gestellt werden.

Bei weiteren Fragen im Zusammenhang mit der Stundung von Pflichtteilsansprüchen stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Erbrecht gerne zur Verfügung.

 

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