BGB § 2109 Unwirksamwerden der Nacherbschaft

BGB § 2109 Unwirksamwerden der Nacherbschaft

Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby

1. Inwiefern ist die Nacherbfolge zeitlich beschränkt?

Die Einsetzung eines Nacherben wird mit dem Ablauf von dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Hiervon gibt es aber Ausnahmen.

§ 2109 BGB Unwirksamwerden der Nacherbschaft

  (1) Die Einsetzung eines Nacherben wird mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Sie bleibt auch nach dieser Zeit wirksam:
1. wenn die Nacherbfolge für den Fall angeordnet ist, dass in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein bestimmtes Ereignis eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereignis eintreten soll zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn dem Vorerben oder einem Nacherben für den Fall, dass ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird, der Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt ist.

  (2) Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.

2. Die übermäßig lange erbrechtliche Festlegung einer Erbschaft ist aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht erwünscht.

Deshalb ist eine Nacherbeneinsetzung grundsätzlich unwirksam, wenn der Nacherbfall nicht binnen dreißig Jahren nach dem Tod des Erblassers eingetreten ist.

3. Die Frist von dreißig Jahren ist mit Rücksicht auf die Dauer einer Generation gewählt worden.

Mit dem Ablauf der dreißig Jahre wird die Nacherbeneinsetzung unwirksam (nichtig). Die Erbschaft wird dann freies Vermögen des Vorerben, der praktisch nach dreißig Jahren zum Vollerben wird. Während der dreißig Jahre bleibt aber die Nacherbeneinsetzung und die aus ihr folgende Beschränkung der Rechte des Vorerben in Kraft. Von vornherein unwirksam ist die angeordnete Nacherbfolge, wenn der Erblasser einen Nacherbfall angeordnet hat, der zwingend erst nach mehr als dreißig Jahren von seinem Tod an gerechnet eintreten kann, z.B. wenn er angeordnet hat, dass der Nacherbfall erst vierzig Jahre nach seinem Tod eintreten soll. Eventuell kommt hier eine Auslegung in Betracht, dass die Nacherbeneinsetzung durch Verkürzung der Frist auf dreißig Jahre aufrechterhalten soll, insbesondere wenn der Erblasser in Unkenntnis der Dreißigjahresfrist verfügt hat.

3. Die Ausnahmevorschriften

des zweiten Satzes des § 2109 BGB bezwecken, die Einsetzung eines Nacherben in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen sie zwar nach der allgemeinen Regel des Satzes 1 unwirksam sein würde, sich aber im Hinblick auf die individuellen Verhältnisse als berechtigte und sachgemäße Fürsorge darstellt. Auch die Ausnahmefälle tragen eine angemessene zeitliche Begrenzung der Nacherbeneinsetzung in sich. Gedacht ist vor allem daran, dass der Erblasser sein Vermögen mehreren aufeinander folgenden Generationen seiner Familie zuwenden will oder mehreren nebeneinander stehenden Gliedern derselben Generation zuwenden will. Die Vorschriften sind aber allgemein gefasst und gelten auch dann wenn der Erblasser nicht verwandte Personen bedenken will. Grundprinzip ist, dass nach dem Ablauf der dreißig Jahre nur solche Ereignisse zu berücksichtigen sind, die in der zur Zeit des Erbfalls bereits lebenden Generation der Beteiligten eintreten.

a) Nr. 1

Die Person, auf die es als Vorerbe oder Nacherbe ankommt, kann auch ein weiterer Vorerbe bzw. Nacherbe (bei einer Nacherbenkette) sein, so dass sich der Nacherbfall mehrmals wiederholen kann, und zwar auch über die dreißig Jahre hinaus. Erforderlich ist aber immer, dass die Person, auf die es ankommt, schon im Zeitpunkt des Erbfalls gelebt hat. M.a.W.: Die Nacherbfolge ist immer an ein Ereignis in der Person eines Menschen gebunden, der zur Zeit des Erbfalls bereits gelebt hat, wenn sie später als dreißig Jahre nach dem Erbfall noch soll erfolgen können. Gleiches gilt für einen bereits im Zeitpunkt des Erbfalls gezeugten Menschen.

Das Ereignis auf das es für die Nacherbfolge ankommt kann immer nur innerhalb der Lebenszeit eines Menschen erfolgen, der zur Zeit des Erbfalls bereits geboren war. Ein Ereignis in der Person eines Menschen kann nur solange eintreten wie er lebt; das letzte Ereignis dieser Art ist für jeden Menschen sein eigener Tod. Der Tod des Vorerben ist auch der praktisch wichtigste Fall der Nacherbfolge. Soll die Nacherbfolge mit dem Tod eines Vorerben eintreten, so bleibt die Nacherbeneinsetzung wirksam, auch wenn der Vorerbe den Erblasser um mehr als 30 Jahre überlebt hat.

b) Nr. 2

Die Vorschrift der Nr. 2 lässt eine Anordnung wirksam sein, durch die der Erblasser für den Vorerben / Nacherben dessen Geschwister, die noch nicht geboren sind, aber evtl. noch geboren werden wollten, als Nacherben einsetzt, um sein Vermögen einer ganzen Familiengeneration zuzuwenden. Da die Geburt von Geschwistern nicht ohne weiteres als ein Ereignis in der Person des betreffenden Erben gelten kann, und, sofern es sich beim Erben um einen Nacherben handelt, überdies die Möglichkeit besteht, dass dieser zur Zeit des Erbfalls noch nicht gezeugt ist, würde die Vorschrift der Nr. 1 sich hier als unzulänglich erweisen.

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