„Württembergische(s) Gesetz über das Anerbenrecht“. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen

Das Württembergische Gesetz über das Anerbenrecht

Dieses Gesetz (WürttAnerbenG) aus dem Jahre 1930 ist zum 31.12.2000 außer Kraft getreten. Mit einer Ausnahme: Es gilt noch für diejenigen Erblasser, die vor dem 1.1.1930 geboren wurden und kein Testament hinterlassen haben.

Württembergisches Gesetz über das Anerbenrecht

Vom 14. Februar 1930 (RegBl. S.5) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 1948 (Württ.-Bad. Reg. Bl. S. 165), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 1970 (GBl. S. 289).
I. Voraussetzungen und Wirkungen des Rechts

Art. 1 Begriff des Anerbenguts
(1) Anerbengut im Sinne dieses Gesetzes ist ein in der Höferolle des zuständigen Grundbuchamts eingetragener Grundbesitz.
(2) Als Anerbengut kann eingetragen werden jede ihrem Hauptzwecke nach zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Weinbaus bestimmte und zur selbstständigen Nahrungsquelle geeignete Besitzung, die einheitlich bewirtschaftet werden kann. Das Anerbengut umfasst im Zweifel alle wirtschaftlich zusammengehörenden Grundstücke und grundstücksähnlichen Rechte des Eigentümers.

Art. 2 Höferolle
(1) Die Eintragung und die Löschung in die Höferolle erfolgen auf Antrag des Eigentümers. Ein Vormund bedarf zu dem Antrag der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Die Eintragung wirkt auch für jeden folgenden Eigentümer; sie wird unwirksam mit der Löschung. Die Eintragung kann nicht aus dem Grunde angefochten werden, weil die Besitzung nicht eintragungsfähig gewesen sei.
(2) Der Antrag auf Eintragung oder Löschung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung; er kann auch zum Protokoll des zuständigen Grundbuchbeamten erklärt werden.
(3) Zuständig ist das Grundbuchamt, in dessen Bezirk das Wohnhaus, in Ermangelung eines solchen ein größerer Teil der Besitzung liegt.
(4) Die Einsicht in die Höferolle ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt.
(5) Auf die Führung der Höferolle finden die allgemeinen Vorschriften des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Verbindung mit Art. 12 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder in den Ausführungsvorschriften etwas anderes bestimmt ist.

Art. 3 Rechtswirkung der Eintragung
(1) Hinterlässt der Eigentümer eines Anerbenguts mehrere Erben, so fällt das Anerbengut nebst Zubehör als Teil der Erbschaft einem der Erben (dem Anerben) zu.
(2)Im Verhältnis der Miterben zueinander tritt an die Stelle des Guts nebst Zubehör der Gutswert.

Art. 4 Feststellung des Gutswerts
(1) Bei der Feststellung des Gutswerts wird der jährliche Reinertrag des Guts nebst Zubehör geschätzt, den es nach seiner wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger und gemeinüblicher Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften unter gewöhnlichen Verhältnissen im Durchschnitt nachhaltig gewähren kann. Die der Land- und Forstwirtschaft dienenden Gebäude und Betriebsmittel werden nicht besonders bewertet, sondern bei der Ermittlung des Ertragswerts einbegriffen.
(2) Von dem ermittelten jährlichen Ertrag sind alle dauernd auf dem Gute nebst Zubehör ruhenden Lasen mit Ausnahme der Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden (Art. 5) abzuziehen.
(3) Der ermittelte Jahresertrag wird mit dem Zwanzigfachen zu Kapital gerechnet.
(4) Von dem berechneten Kapitalwert des Guts sind die auf ihm ruhenden vorübergehenden Lasten, nach ihrer wahrscheinlichen Dauer zu Kapital gerechnet, abzuziehen.
(5) Besteht Streit über die Berechnung des Gutswerts, so wird dieser auf Antrag eines Beteiligten von einem Schiedsgericht festgesetzt. Erscheint das Ergebnis der Feststellung des Gutswerts nach Abs. 1 bis 4 unbillig, so kann der Gutswert von dem Schiedsgericht auf Antrag eines Beteiligten abweichend festgesetzt werden, soweit es die Billigkeit unter Abwägung aller Verhältnisse erfordert. Die Entscheidung des Schiedsrichters ist endgültig.
(6) Der Anerbe und die Miterben zusammen stellen je einen Schiedsrichter auf; die Schiedsrichter ernennen den Vorsitzenden. Einigen sich die Miterben nicht auf die Person eines Schiedsrichters oder die Schiedsrichter nicht auf die Person des Vorsitzenden, oder unterläst die eine oder die andere Partei aus einem sonstigen Grunde die Bestellung eines Schiedsrichters innerhalb einer angemessenen Frist, so ernennt das Landwirtschaftsministerium auf Antrag den Schiedsrichter oder den Vorsitzenden.

Art. 5 Behandlung der Nachlassverbindlichkeiten
(1)Die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten, einschließlich der auf dem Anerbengut lastenden Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden sind, soweit das neben dem Gut nebst Zubehör vorhandene Vermögen dazu ausreicht, auf dieses zu verrechnen. Der überschießende Betrag wird von dem nach Art. 4 ermittelten Gutswert abgezogen.
(2) Soweit die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten nicht aus dem neben dem Gut und Zubehör vorhandenen Vermögen berichtigt werden, ist der Anerbe seinen Miterben gegenüber verpflichtet, sie allein zu berichtigen und die Miterben von ihnen zu befreien.

Art. 6 Verfügungsfreiheit des Eigentümers
(1)Das Recht des Eigentümers, über das Anerbengut von Todes wegen zu verfügen, wird durch dieses Gesetz nicht beschränkt.
(2) Der Eigentümer kann insbesondere in einer Verfügung von Todes wegen bestimmen, wer von seinen Erben in Abweichung von den Vorschriften dieses Gesetzes Anerbe werden, dass auf seinen Tod das Anerbenrecht nicht eintreten solle, wie der Gutswert berechnet oder in welcher Weise die Bevorzugung des Anerben stattfinden solle.
(3) Gehört das Anerbengut zum Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft, so können entsprechende Bestimmungen nur von den Ehegatten gemeinschaftlich getroffen werden.

Art. 7 Nichteintritt des Anerbenrechts
Die Vorschriften der Art. 3 ff. dieses Gesetzes finden keine Anwendung
1. wenn der Erblasser – vom Fall der Zugehörigkeit des Gutes zum Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft abgesehen – bei seinem Tode nicht Alleineigentümer des Anerbenguts gewesen ist, es sei denn, dass der Anerbe der einzige Miteigentümer war.
2. wenn zur Zeit des Todes des Erblassers eine der Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 S. 1 weggefallen ist.

II. Der Anerbe

Art. 8 Person des Anerben
(1) Trifft der Erblasser keine andere Bestimmung, so sind in folgender Rangordnung als Anerben berufen:
1. die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge
2. der Ehegatte des Erblassers
3. die Eltern des Erblassers, wenn der Hof von ihnen oder aus ihren Familien stammt,
4. die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge.

Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge sind nur dann als Anerben berufen, wenn sie nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts gesetzliche Erben sind.
(2) Ist kein Anerbe nach Abs. 1 vorhanden, so vererbt sich der Hof nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts.

Art. 8a
(1)In der Anerbenordnung 1 ist der älteste der Erben zum Anerben berufen; das gleiche gilt in der Anerbenordnung 4.
(2) Hat der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung eines Kindes auf dem Hof erkennen lassen, dass dieses Kind den Hof übernehmen soll, so geht es allen anderen Kindern vor. Hat der Erblasser mehrere Kinder in gleicher Weise ausgebildet oder im gleichen Umfang auf dem Hof beschäftigt, ohne erkennen zu lassen, welches von ihnen den Hof übernehmen soll, so gehen diese Kinder allen übrigen Kindern vor; in ihrem Verhältnis zueinander gilt Ältestenrecht. Die vorstehenden Vorschriften finden auch Anwendung innerhalb der Anerbenordnung 4.
(3) Der Ehegatte erhält, solange Verwandte der Anerbenordnung 3 und 4 leben, den Hof nur als Vorerbe. Die Vorschriften der §§ 2100 bis 2146 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. Nach dem Tode des Ehegatten wird derjenige Anerbe, der als Anerbe des Erblassers berufen wäre, wenn dieser erst in diesem Zeitpunkt gestorben wäre.
(4) Vollbürtige Geschwister des Erblassers gehen halbbürtigen vor. Halbbürtige Geschwister, die mit dem Erblasser den Elternteil gemeinsam haben, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt, gehen anderen halbbürtigen Geschwistern vor.

Art. 9 Rechtsstellung des Anerben
(1) Der Anerbe erwirbt das Eigentum an dem Anerbengut nebst Zubehör mit dem Erwerb der Erbschaft.
(2) Von dem Gutswert (Art. 4, 5 Abs. 1) gebührt dem Anerben ein Viertel als Voraus.
Ist ein Abkömmling des Erblassers Anerbe, so steht ihm neben dem Voraus ein Anspruch auf Ausgleichung nach § 2057a BGB nicht zu.
(3) Der Anerbe kann auf das Anerbenrecht verzichten, ohne die Erbschaft auszuschlagen. Auf den Verzicht finden die Vorschriften des Bürgerliches Gesetzbuchs über die Ausschlagung der Erbschaft entsprechende Anwendung. Die Frist für den Verzicht beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anerbe von seiner Berufung zum Anerben Kenntnis erlangt, wenn jedoch die Berufung auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, nicht vor der Verkündung der Verfügung.
(4) Wird auf das Anerbenrecht verzichtet, so gilt der Anfall des Anerbenguts an den Verzichtenden als nicht erfolgt. Das Gut fällt an den nächsten als Anerben berufenen Miterben. Diese Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.

Art. 10 Nachfolgezeugnis
(1) Dem Anerben ist vom Nachlassgericht auf Antrag ein Nachfolgezeugnis auszustellen.
(2) Auf das Nachfolgezeugnis finden die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Erbschein entsprechende Anwendung. In dem Nachfolgezeugnis sind die Grundstücke anzugeben, die das Anerbengut bilden.
(3) Das Grundbuchamt kann zum Nachweis des Rechts des Anerben die Vorlegung eines Nachfolgezeugnisses verlangen.

III. Rechtsstellung der Miterben

Art. 11 Sicherstellung und Bezahlung der Anteile
(1) Die Anteile der Miterben am Gutswert sind in zehn jährlichen Teilbeträgen zu bezahlen, deren erster auf den 1. April des auf den Tod des Erblassers folgenden Kalenderjahres fällig wird. Die Anteile sind von Anfang an zu verzinsen und auf Verlangen auf dem Anerbengut sicher zu stellen. Der Zinssatz beträgt 1 v. H. unter dem jeweils maßgebenden Bankdiskontsatz. Die Zinsen sind auf das Ende jeden Kalendervierteljahres zu bezahlen.
(2) Der Miterbe kann jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Monaten verlangen, dass ihm die Hälfte seines restlichen Abfindungsguthabens unter Anrechnung auf die zuletzt fällig werdenden Teilbeträge in Kapital ausgezahlt wird.
(3) Ist ein Erbe minderjährig so wird der erste Teilbetrag (Abs. 1) auf den 1. April des auf den Eintritt der Volljährigkeit des Miterben folgenden Kalenderjahres fällig. Kapitalabfindung nach Abs. 3 kann der Miterbe von der Volljährigkeit an verlangen.
(4) Veräußert der Anerbe das Anerbengut an eine ihm gegenüber nicht anerbenberechtigte Person, so hat der Miterbe das Recht, die Auszahlung des ihm noch zustehenden Anteils am Gutswert in Kapital zu verlangen.

Art. 12 Besondere Ansprüche minderjähriger Miterben
(1)Der Anerbe ist verpflichtet, dem minderjährigen Erben bis zur Höhe seiner Ansprüche und in Anrechnung auf diese die Kosten der Vorbildung zu einem Beruf zu gewähren, soweit nicht ein anderer dazu verpflichtet ist oder der Miterbe selbst ausreichendes sonstiges Vermögen hat. In gleicher Weise hat der Anerbe einer minderjährigen Miterbin im Falle ihrer Verheiratung eine angemessene Aussteuer zu gewähren. Die Beträge sind vom Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Anerben, des gesetzlichen Vertreters und des Minderjährigen, falls er das 18. Lebensjahr vollendet hat, festzusetzen. Ein minderjähriger Miterbe kann von dem Anerben gegen Leistung standesmäßiger und seinen Kräften entsprechender Arbeitshilfe standesmäßigen Unterhalt auf dem Anerbengut ohne Anrechnung auf seinen Anteil verlangen. Solange dieser Unterhalt gewährt wird, hat der Miterbe keinen Anspruch auf Verzinsung seines Anteils am Gutswert, soweit die Zinsen die angemessenen Kosten des Unterhalts nicht übersteigen. Arbeitet der minderjährige Miterbe nach Vollendung des 16. Lebensjahrs im Umfang einer bezahlten Arbeitskraft auf dem Gut, so steht ihm ein Anspruch auf den üblichen Dienstlohn und die in Art. 11 Abs. 1 festgesetzte Verzinsung zu.

Art. 13 Nießbrauch und Altenteilsrecht des überlebenden Ehegatten
Ist der Ehegatte des Erblassers neben Abkömmlingen des letzteren als Miterbe berufen, so erwirbt er mit der Beendigung der elterlichen Nutznießung oder, falls ihm diese nicht zusteht, sofort den Nießbrauch an dem Anerbengut nebst Zubehör bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs des Anerben und für die spätere Zeit den Anspruch gegen den Anerben auf lebenslänglichen, in derartigen Verhältnissen üblichen Unterhalt auf dem Gut (Altenteilsrecht). Der Ehegatten kann Sicherstellung auf dem Anerbengut verlangen. Während der Dauer des Nießbrauchs hat der Ehegatte die in Art 11 Abs. 1 festgesetzten Zinsen zu bezahlen; ferner liegen ihm die Verpflichtungen des Art. 12 ob, und zwar auch gegenüber dem Anerben. Auf das Altenteilsrecht finden die Vorschriften der Art. 153 bis 170 des Württ. Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (RegBl. 1931 S. 545), entsprechende Anwendung. Der Nießbrauch und das Altenteilsrecht erlöschen mit der Wiederverheiratung des Ehegatten; jedoch ist in diesem Falle dem Ehegatten vom Anerben eine dem Altenteilsrecht entsprechende Geldrente zu gewähren; § 760 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet Anwendung.

Art. 14 Rechtsstellung bei Veräußerung des Anerbenguts
(1) Wird das Anerbengut innerhalb eines Zeitraums von fünfzehn Jahren nach dem Übergang des Eigentums auf den Anerben veräußert, so hat der Anerbe diejenigen Beträge den Miterben und Pflichtteilsberechtigten herauszuzahlen, um die sich ihre Ansprüche erhöht hätten, wenn der früheren Auseinandersetzung der bei der Veräußerung erzielte Erlös, sofern er den Übernahmepreis übersteigt, zugrunde gelegt worden wäre und der Anerbe einen Voraus nicht erhalten hätte. Von dem bei der Veräußerung erzielten Erlös sind die vom Anerben zur Verbesserung des Guts gemachten Aufwendungen insoweit abzurechnen, als der Wert des Gutes zur Zeit der Veräußerung erhöht ist. Den Miterben steht in der Reihenfolge ihrer Berufung als Anerben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu.
(2) Werden innerhalb des erwähnten Zeitraum Teile des Anerbenguts auf einmal oder nacheinander gegen ein Entgelt veräußert, das im Ganzen höher ist als ein Viertel des Gutswerts, so finden die Vorschriften des Abs. 1 unter Beschränkung auf die veräußerten Teile und den auf die entfallenden Voraus entsprechende Anwendung. Dies gilt nicht, soweit an Stelle der veräußerten Grundstücke vor dem Ablauf eines Jahres nach der Veräußerung für das Gut wirtschaftlich gleichwertige Grundstücke dem Anerbengut einverleibt worden sind.
(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung bei einer Veräußerung an eine dem Anerben gegenüber anerbenberechtigte Person; sie finden jedoch auf den Erwerber entsprechende Anwendung, wenn dieser das Gut innerhalb des in Abs. 1 festgesetzten Zeitraums an eine ihm gegenüber nicht anerbenberechtigte Person veräußert.
(4) Diese Ansprüche verjähren in drei Jahren. Sie bestehen auch, wenn der Eintrag in die Höferolle vor der Veräußerung gelöscht worden ist.

Art. 15 Pflichtteilsberechnung
Für die Berechnung des Pflichtteils der Miterben ist der nach diesem Gesetze zu ermittelnde gesetzliche Anteil maßgebend.


IV. Besondere Fälle

Art. 16
(1) Hinterlässt der Erblasser mehrere Anerbengüter, so können die als Anerben berufenen in der Reihenfolge ihrer Berufung je ein Anerbengut wählen.
(2) Die Wahl geschieht durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht in öffentlich beglaubigter Form. Das Nachlassgericht hat dem Wahlberechtigten auf Antrag eines nachstehend Berechtigten eine angemessene Frist zur Erklärung der Wahl zu bestimmen. Erfolgt die Wahl nicht vor dem Ablauf der Frist, so tritt der Säumige hinter die übrigen Berechtigten zurück.
(3) Jeder Anerbe erwirbt das Eigentum an dem von ihm gewählten Gut nebst Zubehör mit der Erklärung der Wahl. Mit der Erklärung der letzten Wahl erwirbt zugleich der Nächstberechtigte das Eigentum an dem übrig bleibenden Gut nebst Zubehör.
(4) In den Fällen des Art. 5 ist der Mehrbetrag der Nachlassverbindlichkeiten auf die Anerben und die Güter nach dem Verhältnis der Gutswerte zu verteilen.
(5) Im Falle des Art. 12 entscheidet im Streitfall das Vormundschaftsgericht nach Anhörung der Beteiligten unter Berücksichtigung aller Verhältnisse darüber, auf welchem Gut der Minderjährige seinen Unterhalt zu bekommen hat. Im Falle der Art. 13 und 22 hat der Ehegatte die Wahl, auf welchem Gut er den Altenteil oder die Geldrente beziehen will; die Anerben der übrigen Güter haben dem Eigentümer des vom Ehegatten gewählten Guts zu diesen Kosten nach dem Verhältnis der Gutswerte beizutragen.

Art. 17
(1) Gehört das Anerbengut zu dem Gesamtgut einer ehelichen allgemeinen Gütergemeinschaft und tritt beim Tode eines Ehegatten keine fortgesetzte Gütergemeinschaft ein, so hat der überlebende Ehegatte das Recht, das Anerbengut nebst Zubehör zum Ertragswert (Art. 4) zu übernehmen. Auf die Gesamtgutsverbindlichkeiten, deren Berichtigung bei der Auseinandersetzung verlangt werden kann, findet Art. 5 entsprechende Anwendung.
(2) War jedoch das Anerbengut von dem verstorbenen Ehegatten in die allgemeine Gütergemeinschaft eingebracht oder während derselben durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder als Ausstattung erworben, und wird der verstorbene Ehegatte von Abkömmlingen beerbt, so ist das Anerbengut nebst Zubehör gegen Ersatz des Ertragswertes dem Anteil des verstorbenen Ehegatten zuzuschreiben. Dem überlebenden Ehegatten stehen die in Art. 13 bestimmten Rechte zu.
(3) Die Vorschrift des Abs. 1 findet auf die Errungenschaftsgermeinschaft, die Fahrnisgemeinschaft und auf die landrechtliche Errungenschaftsgemeinschaft entsprechende Anwendung.

Art. 18
Sind beim Tod eines Ehegatten, der in allgemeiner Gütergemeinschaft gelebt hat, neben gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge vorhanden, so tritt für die Auseinandersetzung mit ihnen an die Stelle des Anerbenguts nebst Zubehör der Gutswert. Die Vorschriften der Art. 4 und 5 finden Anwendung.

Art. 19
(1) Endigt die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch Aufhebung oder durch Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten, so hat dieser das Recht, das Anerbengut nebst Zubehör zum Ertragswert (Art. 4) zu übernehmen. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 findet Anwendung.
(2) War jedoch das Anerbengut von dem verstorbenen Ehegatten in die Gütergemeinschaft eingebracht worden oder während derselben in der in Art. 17 Abs. 2 Satz 1 erwähnten Weise erworben worden, so ist das Anerbengut nebst Zubehör gegen Ersatz des Ertragswerts dem Anteil der Abkömmlinge zuzuschreiben. Bei der Auseinandersetzung unter diesen hat derjenige von ihnen, der nach Art. 8 zum Anerben berufen wäre, das Recht, das Gut nebst Zubehör zum Ertragswert zu übernehmen. Art. 4, 5, 9 Abs. 2, 17 Abs. 2 Satz 2 finden entsprechende Anwendung.

Art. 20
Endigt die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch den Tod oder die Todeserklärung des überlebenden Ehegatten, so ist das Anerbengut nebst Zubehör gegen Ersatz des Ertragswerts dem Anteil der Abkömmlinge zuzuschreiben; Art. 19 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.

Art. 21
Machen die anteilsberechtigten Abkömmlinge von dem ihnen nach § 1502 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Übernahmerecht in Ansehung des Anerbenguts nebst Zubehör Gebrauch, so ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu ermittelnde Ertragswert maßgebend.

Art. 22 Fall der statuarischen Nutznießung
Erhält jemand als Anerbe nach den Vorschriften dieses Gesetzes ein Anerbengut, so tritt vom vollendeten 25. Lebensjahr des Anerben an insoweit an die Stelle der dem überlebenden Ehegatten nach dem bisherigen Recht zustehenden statuarischen Nutznießung ein Altenteilsrecht, auf das die Vorschriften des Art. 13 Abs. 1, 2 und 4 entsprechende Anwendung finden.

Art. 23 Ausgleichung
Hat ein Abkömmling nach § 2050 des Bürgerlichen Gesetzbuhs ein Anerbengut auszugleichen, so ist im Zweifel der Ertragswert maßgebend.

V. Schlussbestimmungen

Art. 24 Gebühren
Für die Tätigkeit der Behörden auf Grund dieses Gesetzes werden Gebühren erhoben, deren Regelung durch Verordnung des Staatsministeriums erfolgt.

Art. 25 Vollzug des Gesetzes
Das Justizministerium vollzieht dieses Gesetz.

 

 

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