Vollstreckung

Zwangsvollstreckung: Wenn der Gläubiger stirbt. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Zwangsvollstreckung: Wenn der Gläubiger stirbt

1. Kann nach dem Tod des Gläubigers aus dessen Vollstreckungstitel von den Erben vollstreckt werden?

Ja, aber zuerst muss der Vollstreckungstitel auf die Erben umgeschrieben werden. Dann wird der umgeschriebene Titel mit der Rechtsnachfolgeklausel an den Schuldner zugestellt.

Die Umschreibung hat, wenn mehrere Erben vorhanden sind, auf alle Erben in Erbengemeinschaft erfolgen. Dem Rechtspfleger, der nach § 20 Nr. 12 RpflG für die Umschreibung der Vollstreckungsklausel zuständig ist, muss zur Umschreibung die Erbfolge nachgewiesen werden. Das geschieht durch Vorlage des Erbscheins bzw. von vom Nachlassgericht beglaubigten Abschriften des öffentlichen Testaments oder Erbvertrags und der Niederschrift über die Eröffnung. Den Antrag auf Umschreibung der Klausel – auf alle Erben – kann jeder Miterbe allein stellen. Nach erfolgter Umschreibung muss die auf die Erben lautende Vollstreckungsklausel dem Schuldner zugestellt werden. Zuzustellen sind ihm auch Abschriften der Urkunden, aufgrund deren die Klausel umgeschrieben worden ist (§§ 727, 750 ZPO).

§ 727 ZPO Vollstreckbare Ausfertigung für und gegen Rechtsnachfolger

(1) Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

(2) Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen.

§ 750 ZPO Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.
2. Was ist wenn ein Urteil, das der Erblasser erwirkt hat, vorliegt, aber einer seiner Erben nicht will, dass aus diesem Urteil vollstreckt wird?

Wegen § 2039 BGB kann jeder Miterbe das Urteil auf die Miterben umschreiben lassen und die Vollstreckungsklausel beantragen. Er kann auch gegen den Willen der anderen Miterben alleine die Zwangsvollstreckung betreiben. Die Anspruchsverfolgung für den Nachlass ist nämlich ein Recht, das jedem einzelnen Miterben aus § 2039 BGB zusteht (KG NJW 1957, 1154).

3. Wie ist es, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten noch mit der Zwangsvollstreckung begonnen hatte?

Hatte der Erblasser vor seinem Tod die Zwangsvollstreckung bereits eingeleitet, so ist bei deren Fortsetzung nach seinem Tode die gleiche Umschreibung der Vollstreckungsklausel und dieselbe Zustellung mit Rechtsnachfolgeklausel erforderlich (BGH NJW 2007, 3357, 3358f.). Anderen Auffassungen hat der BGH eine Absage erteilt. Der Schuldner muss nämlich die Möglichkeit haben zu prüfen, ob wirklich eine Rechtsnachfolge vorliegt, so dass er seine möglichen Einwendungen im Erinnerungsverfahren nach §§ 732, 768 ZPO geltend machen kann.

4. Was ist, wenn der Erblasser noch gar keinen Titel wegen seiner Forderung gegen den Schuldner erwirkt hatte?

Hatte der Erblasser wegen seiner Forderung noch keinen vollstreckbaren Titel erwirkt, so kann nach seinem Tod jeder Miterbe die zum Nachlass gehörende Forderung einklagen, sobald sie fällig ist. Dieses Recht folgt aus § 2039 BGB. Der klagende Miterbe muss nur Leistung an alle Mitglieder der Erbengemeinschaft oder Hinterlegung verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die gerichtliche Überweisung eines Anspruchs, der aufgrund der zum Nachlass gehörenden Forderung gepfändet wurde. Jeder Miterbe kann auch hier die Zwangsvollstreckung gegen einen Nachlassschuldner betreiben und dazu eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils verlangen, auch wenn dieses alle Erben gemeinsam erwirkt haben sollten und die anderen Miterben gegen die Vollstreckung sind. Hat aber alleine der aktive Miterbe das Urteil nach § 2039 BGB herbeigeführt, kann auch nur er aus dem Urteil vollstrecken.

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