Pflicht zur Nachlassinsolvenz bei Pflichtteilsansprüchen?


🤖 Kurz gesagt:

Der Testamentsvollstrecker muss ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, wenn er Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses hat. Das gilt auch dann, wenn er gerade noch mit Pflichtteilsberechtigten über eine Einigung verhandelt – etwa über eine Übertragung von 50 % der Immobilien.


🔒 Gesetzliche Grundlage

Gemäß § 2216 BGB trifft den Testamentsvollstrecker eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Erkennt er, dass der Nachlass überschuldet ist, muss er zur Wahrung der Interessen der Erben ein Nachlassinsolvenzverfahren nach § 1980 BGB i.V.m. §§ 315 ff. InsO beantragen.

„Die Verpflichtung zur Antragstellung obliegt dem Testamentsvollstrecker nicht im Interesse der Nachlassgläubiger, sondern zum Schutz des Nachlasses vor unkontrollierter Haftung.“
(BGH, Beschluss vom 27.07.2006 – IX ZB 234/03)


🔢 Wann besteht die Antragspflicht?

Sobald für den Testamentsvollstrecker erkennbar ist, dass der Nachlass überschuldet ist, besteht eine Antragspflicht – selbst wenn noch Vergleichsverhandlungen mit Pflichtteilsberechtigten laufen.

🤝 Ausnahme:

Nur wenn die Verhandlungen realistische Aussicht auf eine Einigung bieten, die die Zahlungsunfähigkeit abwendet, kann von einer sofortigen Antragstellung abgesehen werden.

Aber: Zögert der Testamentsvollstrecker zu lange, riskiert er eine Haftung gemäß § 2219 BGB gegenüber den Erben.


📈 Hintergrund: Pflichtteilsansprüche und Immobilien

Pflichtteilsberechtigte können teils erhebliche Ansprüche geltend machen, etwa in Höhe von 50 % des Immobilienwerts. Solche Ansprüche belasten den Nachlass und können zur Überschuldung führen.

Wenn der Testamentsvollstrecker eine Immobilienübertragung zugunsten der Pflichtteilsberechtigten prüft, darf er dabei nicht den Blick für die Insolvenzgefahr verlieren. Eine bloße Hoffnung auf Einigung reicht nicht aus, um von der Antragstellung abzusehen.


🌐 Praxistipp für Testamentsvollstrecker

  • Regelmäßige Liquiditätsprüfung des Nachlasses
  • ✅ Dokumentation der Verhandlungen mit Pflichtteilsberechtigten
  • ✅ Bei erkennbarer Überschuldung: sofortiger Antrag nach § 1980 BGB
  • ❌ Kein Zuwarten „aus Hoffnung auf Einigung“

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