🔏 Grundschuldbrief verloren – was nun?

Der Fall vor dem OLG München (Beschluss vom 25. Juli 2017 – 34 Wx 110/17)


🏡 Worum ging es?

In diesem Fall ging es um eine alte Grundschuld über 120.000 DM, die noch im Grundbuch einer Eigentumswohnung eingetragen war. Der ursprüngliche Eigentümer war 2010 verstorben, die Immobilie wurde später zwangsversteigert. Die Käufer „übernahmen“ die stehen bleibende Grundschuld – sie wurde vom Kaufpreis abgezogen.

Doch:
📄 Der Grundschuldbrief war verschwunden!
Und ohne dieses wichtige Dokument konnte weder gezahlt noch die Grundschuld gelöscht werden.


🧑‍⚖️ Was wollte die Erbengemeinschaft?

Die Erben des verstorbenen früheren Eigentümers – darunter die Beteiligte – wollten, dass das Gericht den verlorenen Grundschuldbrief für „kraftlos“ erklärt.
Das ist ein spezielles gerichtliches Verfahren, wenn ein Original-Dokument unauffindbar ist.


Was sagte das Amtsgericht Lindau?

Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab:

  • Die Beteiligte sei nicht berechtigt, den Antrag zu stellen, weil sie nicht mehr Eigentümerin sei.
  • Auch eine sogenannte „gewillkürte Verfahrensstandschaft“ (also eine Vertretung mit Vollmacht) lehnte das Gericht ab.

✅ Was entschied das OLG München?

Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf.
Es stellte fest: Der Antrag war zulässig.

Warum?

🖊️ 1. Es lag eine gültige Vollmacht vor
Die Bank, die als Gläubigerin im Grundbuch stand, hatte der Beteiligten schriftlich die Erlaubnis erteilt, den Antrag zu stellen.
➡️ Diese „gewillkürte Verfahrensstandschaft“ war also rechtlich wirksam.

📚 2. Die Bank war weiterhin Gläubigerin
Obwohl das Darlehen längst zurückgezahlt war, war die Grundschuld nicht automatisch erloschen. Sie war auch nicht auf andere übergegangen.
➡️ Die X. AG blieb also die Gläubigerin.

💶 3. Die Erbengemeinschaft hatte ein wirtschaftliches Interesse
Die Käufer hatten erklärt, dass sie nur dann den Betrag für die übernommene Grundschuld zahlen würden, wenn der Grundschuldbrief vorliegt – oder gerichtlich für kraftlos erklärt wird.
➡️ Ohne Kraftloserklärung kein Geld – also berechtigtes Interesse der Erben.


📜 Das Ergebnis

Das OLG entschied:

  • Der Antrag hätte nicht abgelehnt werden dürfen.
  • Das Verfahren zur Kraftloserklärung kann nun fortgeführt werden.

👉 Damit ist der Weg frei für die Zahlung durch die neuen Eigentümer – und für die Löschung der alten Grundschuld im Grundbuch.

🔎 Leitsätze des OLG München

  1. Auch im Aufgebotsverfahren kann in gewillkürter Verfahrensstandschaft gehandelt werden (Rn. 13).
  2. Ein wirtschaftliches Interesse reicht für ein schutzwürdiges Eigeninteresse aus (Rn. 19).
  3. Ein Miterbe hat ein solches Interesse, wenn der Brief verloren ist und die Rückgewähr der Grundschuld bereits auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist (Rn. 20).

💡 Fazit für die Praxis

Verlorene Urkunden wie ein Grundschuldbrief sind kein Hindernis – wenn man weiß, wie man vorgeht:

  • Eine Kraftloserklärung kann beantragt werden, auch durch Erben – mit Vollmacht.
  • Auch bei alten, zurückgezahlten Darlehen ist die Grundschuld oft noch nicht gelöscht.
  • Ein wirtschaftliches Interesse reicht aus, um den Antrag zu stellen.

Fanden Sie diesen Artikel hilfreich?

Erbrechtkanzlei Ruby – Wir machen nur Erbrecht – Wir helfen Ihnen – Überall in Deutschland – Tel. 07721 / 9930505

Wichtig: Auch wenn sich auf unserer Homepage vieles für Sie einfach darstellen mag, fehlt auch dem intelligentesten Laien der Gesamtüberblick im Erbrecht. Oft werden schwierigste Punkte, die scheinbar im Vordergrund stehen, verstanden, grundlegende andere Probleme, die für den konkreten Fall wirklich entscheidend sind, aber gar nicht gesehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere günstige Erstberatung, bei der sie auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kostenlos erhalten. Sparen Sie nicht am falschen Ort. Oft müssen die Erben später viele Jahre prozessieren und Zigtausende an Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nur weil der Erblasser die geringen Erstberatungskosten sparen wollte.

Das könnte Sie auch interessieren