Teilungsversteigerung – ein Verfahren voller Tretminen

💡 Die Teilungsversteigerung – ein Verfahren voller Tretminen

Die Teilungsversteigerung ist juristisch gesehen ein Mittel zur Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft – tatsächlich aber ist sie oft ein Albtraum. Der gesetzliche Konstruktionsfehler besteht darin, einen nicht gelösten Streit der Miteigentümer zwangsweise in ein Vollstreckungsverfahren zu pressen – als sei alles bereits entschieden. Der Gesetzgeber ging als selbstverständlich davon aus, dass die notwendig sei Teilungsversteigerung

„damit die unteilbare Sache durch Versteigerung in Geld gesetzt werde“

vgl. § 94 I 17 ALR (Allgemeines Landrecht für Preußen), auf den die Motive zu §§ 749 ff. BGB Bezug nehmen.

🚫 Konstruktionsfehler: Das Verfahren behandelt die Auseinandersetzung, als sei sie unstreitig – dabei tobt in Wahrheit häufig ein erbitterter Streit.


👥 Ausgangspunkt: Gemeinschaftliches Eigentum

Es gibt zwei Formen:

  • Bruchteilsgemeinschaft (z. B. Ehegatten, Freiberufler),
  • Gesamthandsgemeinschaft (z. B. Erbengemeinschaft, Gütergemeinschaft).

📑 Gesetzliche Grundlage: Zwangsvollstreckung statt Einigung

Die Teilungsversteigerung ist in § 180 ZVG geregelt. Sie ist kein Erkenntnisverfahren – sie basiert auf dem gesetzlich vermuteten Auseinandersetzungsanspruch nach § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB.

ℹ️ Wichtig: Es ist kein Vollstreckungstitel nötig! Der Antrag kann direkt gestellt werden.


⚖️ Ablauf im Idealfall

  • Das Grundstück ist unbelastet.
  • Die Beteiligten sind einigermaßen kooperativ.
  • Der Gutachter bekommt Zugang zur Immobilie.
  • Der Zuschlag erfolgt bei einem Gebot über 5/10 des Verkehrswerts.
  • Die Verteilung des Erlöses geschieht einvernehmlich.

💥 In der Praxis: Die häufigsten Problemfälle

1. Zutrittsverweigerung
Der Gutachter kommt nicht ins Haus. Der Verkehrswert muss von außen geschätzt werden – mit hohem Risiko für alle Beteiligten und Abschlägen beim Verkehrswert

2. Banken und Grundschuldzinsen
Die Bank meldet rückständige Zinsen an – bis zu 18 % jährlich. Das Mindestgebot explodiert, Bieter bleiben weg.

3. Schutzbedürftige Bewohner
Wenn das Haus von Kindern, alten Menschen oder kranken Personen bewohnt ist, werden Schutzanträge nach § 765a ZPO gestellt. Ergebnis: Verfahrensverzögerungen über Jahre.

4. Wirtschaftlich absurde Mindestgebote
Durch überhöhte Anmeldungen oder Belastungen durch Grundschulden, die überhaupt nicht mehr valutieren, liegt das Mindestgebot oft über dem Marktwert. Niemand bietet – das Verfahren scheitert. Deshalb sollte sich der Antragsteller, um die Löschung nicht mehr valutierender Schulden bemühen. Ein Miterbe, der das blockiert, kann auf Mitwirkung verklagt werden.


🧠 Hintergrund: Warum das alles so kompliziert ist

  • Die Teilungsversteigerung ist ein Vollstreckungsverfahren – nicht dafür gemacht, offene Streitfragen zu klären.
  • Der „Antragsgegner“ wird in die Rolle eines Schuldners gedrängt, obwohl er vielleicht nur den Verkauf verhindern will.
  • Wer sich wehren will, muss aktiv und auf eigene Kosten Rechtsmittel einlegen.
  • Das Verfahren kennt keine echten Kompromisse – es endet entweder mit Zuschlag oder mit einer Wiederholungsschleife.
  • Ist das Haus „versilbert“ also in Geld umgewandelt, bedeutet das nicht automatisch die Auszahlung des Versteigerungserlöses. Alle Miterben müssen der Auszahlung zustimmen. Verweigert nur einer die Zustimmung, wird das Geld bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt und die Erben müssen um den hinterlegten Übererlös prozessieren.

✅ Taktische Empfehlungen

✔️ Prüfe frühzeitig, ob eine einvernehmliche Lösung möglich ist.
✔️ Nimm Kontakt zur Bank auf – insbesondere wegen der Grundschulden.
✔️ Wenn du der Antragsteller bist, bereite dich gut auf Einwendungen des Antragsgegners vor.
✔️ Als Antragsgegner: unbedingt dem Verfahren beitreten, um nicht vollständig die Kontrolle zu verlieren.


📝 Fazit

Die Teilungsversteigerung ist kein einfaches Verfahren zur Auseinandersetzung, sondern ein juristisches Hochrisiko-Szenario – geprägt von rechtlichen Fallstricken, psychologischen Eskalationen und ökonomischen Überraschungen. Wer hier unvorbereitet hineingerät, verliert leicht Vermögen, Nerven – und Einfluss.

Die Teilungsversteigerung ist ein Terrain voller juristischer und wirtschaftlicher Tretminen. Die meisten Anwälte verfügen nur über rudimentäres Wissen zu diesem Verfahren – wenn überhaupt.

Fanden Sie diesen Artikel hilfreich?

Erbrechtkanzlei Ruby – Wir machen nur Erbrecht – Wir helfen Ihnen – Überall in Deutschland – Tel. 07721 / 9930505

Wichtig: Auch wenn sich auf unserer Homepage vieles für Sie einfach darstellen mag, fehlt auch dem intelligentesten Laien der Gesamtüberblick im Erbrecht. Oft werden schwierigste Punkte, die scheinbar im Vordergrund stehen, verstanden, grundlegende andere Probleme, die für den konkreten Fall wirklich entscheidend sind, aber gar nicht gesehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere günstige Erstberatung, bei der sie auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kostenlos erhalten. Sparen Sie nicht am falschen Ort. Oft müssen die Erben später viele Jahre prozessieren und Zigtausende an Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nur weil der Erblasser die geringen Erstberatungskosten sparen wollte.

Das könnte Sie auch interessieren