Wenn die Unwahrheit den Prozess verursacht:

Feststellung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs bei späterem Wegfall des Klagegrundes


🔹 Ausgangssituation

Immer wieder kommt es vor, dass ein Rechtsstreit durch das Verhalten des Beklagten verursacht wird, obwohl sich später herausstellt, dass die Klage materiell-rechtlich unbegründet war. Typisches Beispiel: Der Beklagte legt dem Gericht eine gefälschte Quittung vor, um eine Zahlung aus einem Kaufvertrag zu beweisen. Erst im Verlauf des Verfahrens klärt sich auf, dass tatsächlich ein anderer rechtlicher Zusammenhang bestand (nämlich Schenkung statt Schein-Kaufvertrag), sodass letztlich kein Zahlungsanspruch bestand. Dennoch hat der Beklagte den Prozess durch seine Falschangabe erst veranlasst.


🔹 Rechtliche Lösung: Klage auf Feststellung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs

In solchen Konstellationen ist der richtige Weg nicht die übereinstimmende Erledigungserklärung oder ein Antrag nach § 91a ZPO, sondern eine Klageänderung auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits als Schaden zu ersetzen.


🔹 Voraussetzungen

  • Kein erledigendes Ereignis i. S. einer klassischen Erledigungserklärung
  • Kein Anwendungsfall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO
  • Prozess wurde ursprünglich durch das Verhalten des Beklagten veranlasst (z. B. durch wahrheitswidrige Angaben)

Die Klage wird dann in eine Feststellungsklage umgestellt.


🔹 Vorteil: Rechtskraft und klare Kostenzuweisung

Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch wird damit nicht nur prozessual entschieden, sondern erhält materielle Rechtskraft, § 322 ZPO. Das ist gegenüber § 91a ZPO vorzugswürdig, weil dort nur eine Billigkeitsentscheidung ohne Bindung an materielle Voraussetzungen getroffen wird.


🔹 Tenor und Antrag

Der Klageantrag lautet z. B.:

„Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den in den Kosten des Rechtsstreits liegenden Schaden zu ersetzen.“

Zulässig ist auch die abgekürzte Fassung:

„Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.“

Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO werden dann alle Kosten festgesetzt.


🔹 Beispiel aus der Rechtsprechung

In BGH NJW 1982, 1598 wurde die Feststellungsklage für zulässig erachtet, weil ein Drittschuldner die nach § 840 I ZPO geforderte Auskunft erst im Prozess erteilte, die Klage dadurch gegenstandslos wurde, aber keine klassische Erledigungserklärung möglich war.


🔹 Besonderheiten bei der Stufenklage

Die Feststellungsklage ist besonders relevant bei der Stufenklage, wenn der Beklagte z. B. eine Auskunft verweigert oder tatsächlich falsche Angaben macht und sich dann im Prozessverlauf herausstellt, dass die Klage in der Leistungshöhe unbegründet ist. Auch hier ist die Feststellung der Kostentragungspflicht des Beklagten der richtige Weg, vgl. BGH NJW 2021, 941.


🔹 Zusammenfassung

Wenn ein Verfahren durch das vorprozessual unredliche Verhalten des Beklagten ausgelöst wurde, dieser aber durch spätere Richtigstellung obsiegt, ist der Weg über die Feststellung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs rechtlich tragfähig und der Billigkeitslösung über § 91a ZPO vorzuziehen. Damit wird sichergestellt, dass derjenige, der den Prozess verursacht hat, auch die Kosten trägt – selbst wenn der Klageanspruch im Ergebnis entfällt.

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