Freibeträge: Was kann steuerfrei verschenkt oder vererbt werden? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Freibeträge: Was kann steuerfrei verschenkt oder vererbt werden?
Es gibt bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer folgende Freibeträge für Beschenkte oder Erben:
1. Erwerb des Familienheims
Die Vererbung einer selbst genutzten Wohnimmobilie an einen Ehegatten bzw. an einen eingetragenen Lebenspartner bleibt steuerfrei. Bedingung ist aber, dasss das Objekt nach dem Erwerb zehn Jahre lang von dem Erwerber selbst zu Wohnzwecken genutzt wird.
Die Vererbung einer selbst genutzten Wohnimmobilie an Kinder bzw. an Kinder verstorbener Kinder (= Enkel, deren Elternteil bereits verstorben ist) ist bis zu einer Fläche von 200 qm steuerfrei. Auch hier ist Voraussetzung, dass der Erwerber das Familienheim zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzt.
In beiden Fällen gilt: Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn das Familienheim innerhalb der Zehnjahresfrist verkauft oder vermietet wird. Eine Ausnahme von der Nachversteuerung besteht für den Fall, dass die Selbstnutzung aus zwingenden objektiven Gründen aufgegeben wird. Hierunter fallen z. B. Tod oder erhebliche Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe III).
2. Freibeträge für bestimmte Gegenstände
Neben den persönlichen Freibeträgen und den besonderen Versorgungsfreibeträgen kann jeder Erwerber aus „sachlichen Gründen“ weitere Steuerbefreiungen beanspruchen.
Hier sind insbesondere folgende Befreiungen von besonderer Bedeutung:
– Hausrat einschließlich Wäsche- und Kleidungsstücke beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I (Ehegatte, Kinder, Enkel) bis zu 41.000 Euro, und bei den übrigen Steuerklassen (II und III) bis zu einem Gesamtwert von 12.000 Euro.
– andere „bewegliche körperliche Gegenstände“, nur bei Steuerklasse I bis zu einem Gesamtwert von 12.000 Euro, z. B. Kraftfahrzeuge, Musikinstrumente, usw.
Die vorgenannten Befreiungen gelten jedoch nicht, wenn diese Gegenstände zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder zum Grund- oder Betriebsvermögen gehören, sowie für Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine und Perlen.
Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive können ganz oder teilweise steuerfrei bleiben, wenn die Erhaltung dieser Gegenstände im öffentlichen Interesse liegt und der Steuerpflichtige bereit ist, diese zur „Volksbildung“ zur Verfügung zu stellen.
3. Persönliche Freibeträge
Je nach Steuerklasse können die Erwerber die nachfolgend aus der Tabelle ersichtlichen Freibeträge in Anspruch nehmen, d. h., von dem Gesamtwert des Nachlasses sind die Freibeträge für die Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer zunächst abzuziehen:
Beachte: Die persönlichen Freibeträge gelten unabhängig von der besonderen Regelung für das Familienheim, können also zusätzlich in Anspruch genommen werden.
Erwerber
Ehegatten
500.000 Euro
Kinder
400.000 Euro
Enkel
200.000 Euro
Übrige Personen der Steuerklasse I
100.000 Euro
Personen der Steuerklasse II
20.000 Euro
Personen der Steuerklasse III
20.000 Euro
Die Freibeträge gelten von jedem Erblasser/Schenker zu jedem Erwerber gesondert, d. h.: Verfügen z. B. beide Ehegatten über entsprechendes Vermögen, kann jedes Kind den Freibetrag sowohl nach dem Tode des Vaters, als auch nach der Mutter geltend machen.
4. Versorgungsfreibeträge
Zusätzlich zu den „persönlichen Freibeträgen“ werden Ehegatten sowie Kindern/Stiefkindern beim Erwerb von Todes wegen, also (nur) bei Anfall durch Erbschaft, „besondere Versorgungsfreibeträge“ eingeräumt.
Diese betragen für
– Ehegatten 256.000 Euro
– Kinder/Stiefkinder, gestaffelt nach Alter
52. 000 Euro bei einem Alter bis zu fünf Jahren
41.000 Euro bei einem Alter von mehr als fünf bis zu zehn Jahren
30.700 Euro bei einem Alter von mehr als zehn bis zu fünfzehn Jahren
20.500 Euro bei einem Alter von mehr als fünfzehn Jahren bis zu zwanzig Jahren
10.300 Euro bei einem Alter von mehr als 20 Jahren bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres
Zu beachten ist, dass diese Versorgungsfreibeträge dem Ehegatten oder Kindern/Stiefkindern nicht immer in voller Höhe zustehen.
Erhalten Ehegatten oder Kinder aus Anlass des Todes des Erblassers „erbschaftsteuerfreie Hinterbliebenenbezüge“ (Hinterbliebenenrenten, Versorgungsbezüge, berufsständige Versicherungen), so wird der Versorgungsbetrag um den „Kapitalwert“ dieser Bezüge gekürzt.
5. Zugewinnausgleichsfreibetrag
Leben Ehegatten (oder eingetragene Lebenspartner) im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (das ist immer der Fall, wenn sie bei der Eheschließung nicht beim Notar waren, und keinen Ehevertrag aufgesetzt haben), so steht ihnen im Falle einer Scheidung die Differenz des beiderseitigen Zugewinns als Zugewinnausgleich steuerfrei zu. Denselben Betrag kann man auch steuerfrei erben.