⚖️ Geltendmachung des Erbenregresses (§ 102 SGB XII)

⏳ Verjährung

  • Der Anspruch auf Kostenersatz gegen die Erben erlischt 3 Jahre nach dem Tod des Hilfeempfängers.
  • 👉 Keine „Silvesterverjährung“ wie bei § 103 Abs. 3 SGB XII.
  • Die Regeln des BGB zur Hemmung, Ablaufhemmung und zum Neubeginn der Verjährung gelten entsprechend (§ 204 BGB).

🔹 Beispiele:

  • Ein Widerspruch des Erben hemmt die Verjährung.
  • Betreibt die Behörde das Verfahren nicht weiter, endet die Hemmung (§ 204 Abs. 2 BGB).
  • Die bloße Abgabe an die Widerspruchsbehörde genügt für das „Weiterbetreiben“.
  • Auch Verhandlungen (§ 203 BGB) reichen zur Hemmung, wenn sich der Schuldner auf Gespräche einlässt.

👉 Tritt die Verjährung nur bei einem Miterben ein, wirkt das nicht zugunsten der übrigen Miterben.


📝 Durchsetzung des Anspruchs

  • Der Anspruch kann durch
    • Leistungsbescheid oder
    • Leistungsklage geltend gemacht werden.
  • Widerspruch & Anfechtung haben aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG).

⚠️ Aber:
Ein bestandskräftiger Leistungsbescheid ist kein Vollstreckungstitel i.S.d. § 792 ZPO.
➡️ Für die Zwangsvollstreckung braucht der Sozialhilfeträger ein zivilrechtliches Urteil.


🎯 Ermessensausübung der Behörde

  • Der Sozialhilfeträger ist verpflichtet, die Erben zum Kostenersatz heranzuziehen (§ 102 Abs. 1 SGB XII).
  • Nur bei Härtefällen (§ 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII) kann von einer Inanspruchnahme abgesehen werden.
  • Reicht der Nachlass nur teilweise, besteht Auswahlermessen.

👉 Besondere Konstellationen:

  • Miterben, die wegen Pflegefreibetrag (§ 102 Abs. 3 Nr. 2) oder Härtefall (§ 102 Abs. 3 Nr. 3) privilegiert sind, scheiden aus.
  • Die verbleibenden Erben dürfen dann nur anteilig entsprechend ihrem Erbteil herangezogen werden.

⚖️ Die Ermessensentscheidung muss pflichtgemäß und gerecht sein – keine willkürliche Belastung Einzelner.


🏡 Praktischer Hauptfall

📌 Zugriff auf das angemessene Eigenheim des Hilfeempfängers:

  • In der Praxis der wichtigste Anwendungsfall des Erbenregresses nach § 102 SGB XII.
  • Hintergrund: Es gibt kaum andere nennenswerte Schonvermögenstatbestände.

🔹 Unterschiede zum früheren SGB II (§ 35 bis 2016):

  • Fälle dort waren seltener, weil der ALG-II-Bezug mit Renteneintritt endete.
  • Wenn der Erbenregress im SGB II griff, war er oft weiterreichend als im SGB XII (z. B. Anerkennung eines Pkw als Schonvermögen, zusätzliche altersabhängige Freibeträge).

🏛️ Amtshilfe & Auskunftspflichten

  • Finanzbehörden sind verpflichtet, den Sozialleistungsbehörden Auskunft zu geben (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 21 Abs. 4 SGB X).
  • Dazu gehören:
    • Personendaten der Erben,
    • Angaben zum Nachlassbestand.
  • Ergänzend greifen die Mitteilungspflichten:
    • § 31a AO (Offenlegung für Rückforderungsverfahren),
    • § 31b AO (bei Geldwäschestraftaten).

✅ Zusammenfassung

  • Verjährung: 3 Jahre ab Tod, mit Hemmungs- und Neubeginn-Regeln des BGB.
  • Durchsetzung: Leistungsbescheid oder Klage, kein direkter Vollstreckungstitel.
  • Ermessensspielraum: Nur begrenzt, anteilige Belastung nach Erbteilen erforderlich.
  • Hauptfall: Zugriff auf das Eigenheim des Verstorbenen.
  • Finanzamt unterstützt mit Auskünften zum Nachlass.

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