Deutsche Ehefrau erbt 3/4 bei deutsch-iranischer Ehe. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Deutsche Ehefrau erbt 3/4 bei deutsch-iranischer Ehe
Frage:
Ich bin Deutsche und war mit einem Iraner verheiratet. Mein Mann ist 2010 verstorben. Wir hatten keine Kinder. Mein Mann war 1967 nach Deutschland gekommen. wir haben 1978 geheiratet. Der Nachlass meines Mannes besteht aus in Deutschland befindlichen beweglichem Vermögen. Wir haben uns in einem handschriftlichen Testament 1996 gegenseitig zu Erben eingesetzt. Im Erbscheinverfahren wird nun geklärt, ob und in welchem Umfang ich Erbin geworden bin. Muss ich mir Sorgen machen?
Antwort:
In Ihrem Fall ist zunächst zu klären, welches Erbrecht zur Anwendung kommt. Nach dem deutsch-iranischen Niederlassungsabkommen ist iranisches Erbrecht anzuwenden. Nach iranischem Recht ist aber Erbeinsetzung durch Testament nicht möglich. Es kann nur über 1/3 des Nachlasses durch ein Vermächtnis verfügt werden. Nach iranischem Recht steht Ihnen als Ehefrau ¼ des Nachlasses zu. Im umgekehrten Fall, wenn also eine kinderlose iranische Ehefrau vor ihrem deutschen Ehemann verstorben wäre, hätte dieser die Hälfte des Nachlasses erhalten. Das ist ein Verstoß gegen den sogenannten ordre public (Grundlegende Wertvorstellungen in Deutschland) wegen der mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung von Männern und Frauen. Nach einem Urteil des Oberlandesgericht Münchens ist Ihr Fall so zu lösen, dass auch auf den Erbanteil der Witwe das iranische Recht angewendet wird, das für die Erbquote des Witwers gegolten hätte. Somit ergibt sich für Sie ein Erbanteil von 1/2. Das OLG München hat darüber hinaus hinsichtlich des Zugewinnausgleichsviertels (§ 1371 Abs. 1 BGB) dieses als güterrechtliche qualifiziert und wegen der Anwendbarkeit deutschen Ehegüterrechts eine entsprechende Erhöhung um ein weiteres Viertel vorgenommen, so dass die Quote der Ehefrau insgesamt bei ¾ lag. Andere Gerichte, z.B. das OLG Köln hatten hier aber keine Erhöhung um 1/4 vorgenommen, so dass Sie nur 1/2 geerbt hätten.
Tipp:
Lesen Sie bitte OLG München vom 16.4.2012, 31 Wx 45/12 in ZEV 2012, 591