👥 Ersatzpflichtiger Personenkreis (§ 102 SGB XII)
1️⃣ Wer ist ersatzpflichtig?
👉 Zunächst die Erben des verstorbenen Hilfeempfängers.
Dabei gilt der zivilrechtliche Erbenbegriff.
⚠️ Wichtiger Hinweis:
Beim Behindertentestament ist der Nacherbe nicht verpflichtet, die dem behinderten Vorerben gewährte Sozialhilfe zu ersetzen.
➡️ Deshalb kombiniert das klassische Sozialhilfetestament Testamentsvollstreckung und Vor- & Nacherbfolge als Schutzinstrumente.
2️⃣ Miterben – Gesamtschuldner
👪 Mehrere Erben haften gesamtschuldnerisch (§ 2058 BGB).
Der Sozialleistungsträger kann dabei frei entscheiden, welchen Miterben er in welcher Höhe heranzieht.
👉 Privilegierte Miterben nach § 102 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 3 SGB XII bleiben außen vor.
👉 Die Ersatzpflicht ist eine Nachlassverbindlichkeit und muss gemäß § 2046 Abs. 1 Satz 1 BGB vor der Erbauseinandersetzung erfüllt werden.
3️⃣ Vorerben & Nacherben
- 🔹 Nicht befreiter Vorerbe: haftet unbeschränkt aus dem Nachlass.
- 🔹 Nacherbe: muss ggf. seine Einwilligung erteilen, damit die Ersatzpflicht erfüllt werden kann.
4️⃣ Vermächtnisnehmer
🎁 Vermächtnisnehmer (§ 2147 BGB) sind nicht ersatzpflichtig.
➡️ Aber: Ihr Anspruch tritt nachrangig hinter die selbstständige Erbenhaftung (§ 102 SGB XII) zurück.
5️⃣ Ehegatten- und Partnererben
👩❤️👨 Auch die Erben des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners haften, wenn dieser vor dem Hilfeempfänger verstorben ist.
- Beide Erbengruppen haften selbstständig und nebeneinander.
- Die Ersatzpflicht der Ehegattenerben erlischt nicht, wenn später die Erben des Hilfeempfängers selbst hinzukommen.
➡️ Damit wird die frühere Einsatz- und Bedarfsgemeinschaft auch nach dem Tod berücksichtigt („postmortal“).
❌ Keine Haftung besteht:
- für Sozialhilfeaufwendungen während eines Getrenntlebens,
- für Schonvermögen, das der Hilfeempfänger vom vorverstorbenen Ehegatten geerbt hat (§ 102 Abs. 1 Satz 4 SGB XII).
📌 Hinweis: Zufall entscheidet oft
Die Praxis zeigt:
- Stirbt der Hilfeempfänger zuerst, wird nur sein Vermögensanteil herangezogen.
- Stirbt der Ehegatte zuerst, wird dessen Anteil und später auch der Anteil des Hilfeempfängers verwertet.
➡️ Das bedeutet: Der Umfang der Verwertung hängt häufig vom Zufall der Sterbereihenfolge ab.
6️⃣ Gestaltungen zur Vermögenssicherung
💡 Empfehlung aus Sicht des Erbenregresses:
Eine Vermögensverteilung, die allein den Ehegatten/Lebenspartner berücksichtigt, kann günstiger sein.
- 👉 Lebt der Ehegatte länger, bleibt das geschonte Vermögen vollständig erhalten.
- 👉 Stirbt der Hilfeempfänger zuerst, kommt es meist zur sofortigen Vollverwertung.
7️⃣ Schenkungen & Rückforderungsrechte
🏠 Überträgt der Hilfeempfänger zu Lebzeiten sein Vermögen unentgeltlich auf den Ehegatten (z. B. ein Haus), gelten besondere Regeln:
- Liegt die Übertragung nicht 10 Jahre vor Eintritt der Bedürftigkeit, greift § 528 BGB (Rückforderung wegen Verarmung).
- Rückforderung kann auf
- Geldzahlung (Schließung der Bedarfslücke) oder
- Rückübertragung des Eigentums gerichtet sein.
👉 Selbst Schonvermögen (z. B. das selbstgenutzte Eigenheim) kann in diesem Fall herangezogen werden – gerade, um den späteren Erbenregress zu ermöglichen.
📊 Zusammenfassung
- Erben haften grundsätzlich – Gesamtschuldner nach § 2058 BGB.
- Behindertentestament: Nacherben sind geschützt.
- Vermächtnisnehmer: haften nicht, ihr Anspruch ist nachrangig.
- Ehegatten-/Partnererben: haften selbstständig, aber nur für Vermögen aus der Einsatzgemeinschaft.
- Sterbereihenfolge: oft entscheidend für den Umfang des Zugriffs.
- Schenkungen kurz vor der Bedürftigkeit lösen Rückforderungsansprüche aus.