Erbschein
 

Erbscheinsverfahren

Warum ist der Erbschein so wichtig?

Wenn Sie mit einem Erben ein Geschäft schließen wollen, woran erkennen Sie, dass er wirklich der Erbe ist? Ist er vielleicht gar nicht Alleinerbe sondern nur ein Miterbe neben anderen, die auch gefragt werden müssen? Hier hilft der Erbschein. Er ist sozusagen der Erbenausweis oder Erbenführerschein. Wenn jemand einen Erbschein vorlegt, darf man darauf vertrauen, dass er auch der Erbe ist. Der Erbschein ist  ein amtliche Zeugnis, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Es bezeugt wer Erbe geworden ist und ob es Beschränkungen durch Testamentsvollstreckung oder Nacherbschaft gibt. Gutgläubige Geschäftspartner dürfen darauf vertrauen, dass

  • der im Erbschein als Erbe angegebene auch wirklich Erbe ist.
  • keine Testamentsvollstreckung und keine Nacherbschaft besteht, wenn dies im Erbschein nicht angegeben ist.
  • er von einem Erben, der durch Erbschein ausgewiesen ist, sicher Nachlassgegenstände erwerben kann, selbst wenn der Erbschein falsch wäre.
  • Schließlich ist er ein Nachweis, der gegenüber dem Grundbuchamt, Behörden und Banken die Erbenstellung nachweist.

Wie bekomme ich einen Erbschein?

Den Erbschein bekommt man beim Nachlassgericht. Das ist eine Abteilung des Amtsgerichts. Man kann den Erbschein aber nicht bei jedem der vielen Amtsgerichte in Deutschland beantragen. Zuständig ist das Amtsgericht, das für den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen zuständig ist. Im Normalfall also das Wohnsitzgericht.  Hatte der Erblasser keinen Wohnsitz in Deutschland und hielt er sich auch nicht in Deutschland auf, ist das Amtsgericht Berlin-Schönefeld zuständig.

Bei Ausländern

gilt seit dem 17. August 2015 Folgendes: Für die Erteilung des Erbscheins ist jetzt das Gericht  des EU-Mitgliedstaats zuständig, in dem der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der in Spanien als Resident lebende Deutsche würde bei seinem Tod also die Zuständigkeit spanischer Gerichte zur Folge haben. Hat er aber in seinem Testament deutsches Erbrecht gewählt, was möglich ist, dann können die am Erbscheinsverfahren Beteiligten vereinbaren, dass für die Erteilung des Erbscheins ein deutsches Gericht zuständig sein soll.

Entscheidet der Richter?

Es kommt darauf an. Wenn kein Testament vorliegt, also die Erbfolge nach dem Gesetz gilt, entscheidet der Rechtspfleger. Ist ein Testament oder ein Erbvertrag vorhanden entscheidet der Richter über den zu erteilenden Erbschein. Der Richter muss auch immer dann entscheiden, wenn ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommt.

Ohne Antrag läuft nichts

Der Erbschein muss von einem (Mit-)Erben beantragt werden. Einen Erbschein können neben dem Erben ein etwaiger Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter beantragen. Hatte der Erblasser Schulden kann der Gläubiger einen Erbschein nur beantragen, wenn er schon ein Urteil gegen den Verstorbenen oder dessen Erben besitzt.  Vermächtnisnehmer oder enterbte Pflichtteilsberechtigte können keinen Erbschein beantragen.

Der Antrag kann mündlich beim Nachlassgericht „zu Protokoll“ gestellt werden.

Wer darf mitreden?

Nur die sogenannten „Beteiligten“ haben Rechte im Erbscheinsverfahren. Sie können zum Beispiel Einsicht in die Nachlassakte verlangen, Stellungnahmen abgeben, Beweise beantragen, an Verhandlungen des Nachlassgerichtes teilnehmen usw.

Beteiligte sind

  • derjenige, der einen Erbschein beantragt
  • die gesetzlichen Erben
  • im Testament benannte Personen
  • sonstige Personen, die in ihren Rechten betroffen sein können

Das Nachlassgericht ermittelt

Das Nachlassgericht hat amtlich zu ermitteln, indem es zum Beispiel Zeugen telefonisch oder persönlich befragt. Bei seinen Ermittlungen ist das Nachlassgericht natürlich auf die Unterstützung der Beteiligten angewiesen, zu der diese verpflichtet sind.

Beweisverfahren

Wenn wichtige Zeugen wegen hohen Alters zu sterben drohen, so dass sie als Zeugen für die Testamentsauslegung nicht mehr zur Verfügung stehen, kann ein „selbstständiges Beweisverfahren“ beantragt werden.

Vergleich

Die Beteiligten können vor dem Nachlassgericht auch einen Vergleich schließen, grundsätzlich aber nicht über die Frage, wer Erbe ist. Wer Erbe ist bestimmen Erblasser bzw. Gesetz. Allerdings folgen Nachlassgericht in der Praxis oft solchen Vergleichen in streitigen Erbscheinsverfahren.  Z.B. wenn ein Erbschein beantragt wurde und ein Gegner hiergegen Einwände vorgetragen hat. Vergleichen sich die Parteien und werden die Einwände zurückgenommen, erteilt das Nachlassgericht oft den beantragten Erbschein. Materiellrechtlich in  Betracht kommt etwas ein Vergleich über den Umfang eines Vermächtnisses.

Die Entscheidung

Bevor der Erbschein erteilt wird, erlässt das Gericht einen „Feststellungsbeschluss“.

§ 352e FamFG Entscheidung über Erbscheinsanträge

(1) Der Erbschein ist nur zu erteilen, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Der Beschluss wird mit Erlass wirksam. Einer Bekanntgabe des Beschlusses bedarf es nicht.

(2) Widerspricht der Beschluss dem erklärten Willen eines Beteiligten, ist der Beschluss den Beteiligten bekannt zu geben. Das Gericht hat in diesem Fall die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses auszusetzen und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückzustellen.

(3) Ist der Erbschein bereits erteilt, ist die Beschwerde gegen den Beschluss nur noch insoweit zulässig, als die Einziehung des Erbscheins beantragt wird.
 

Wenn das Gericht der Meinung ist, die Sache sei entscheidungsreif, der beantragte Erbschein also entweder zu erteilen oder abzulehnen, erlässt es zunächst einen Bescheid, in dem es die aus seiner Sicht maßgeblichen Tatsachen feststellt. In unproblematischen Fällen ordnet es zugleich die Erteilung des beantragten Erbscheins an. Gibt es mit Beteiligten Probleme, weil sie anderer Ansicht sind als das Gericht, gibt das Gericht den Feststellungsbescheid den Beteiligten bekannt und stellt die Erteilung des Erbscheins zurück.

Der Feststellungsbeschluss

bei einem unproblematischen Fall könnte lauten:

Die Tatsachen, die zur Erteilung eines Erbscheins führen, wonach A den B alleine beerbt hat, werden für festgestellt erachtet.

In einem Streitfall würde das Gericht z.B. feststellen:

„Die Tatsachen, die zur Erteilung eines Erbscheins erforderlich sind, nachdem der A von B alleine beerbt worden ist, werden für festgestellt erachtet. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird ausgesetzt. Die Erteilung des Erbscheins wird bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.“

Jetzt schließt sich eine möglicherweise einmonatige Wartezeit an. Die Beteiligten, die mit dem Erbschein nicht einverstanden sind, können innerhalb eines Monats Beschwerde gegen den Feststellungsbeschluss einlegen.  Tun sie das nicht wird der Feststellungsbeschluss rechtskräftig und der Erbschein wird erteilt. Ansonsten wird die Sache eine Instanz höher überprüft. Klicken Sie hier zur Beschwerde im Erbscheinsverfahren. 

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