Miterbender Testamentsvollstrecker kann sich nicht selbst verklagen. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Ein Testamentsvollstrecker kann sich nicht selbst verklagen – auch wenn er Miterbe ist
Stellen wir uns Folgendes vor: Eine Familie erbt gemeinsam ein Haus. Die Erbengemeinschaft ist damit auch eine Art „Eigentümergemeinschaft“ des Hauses. Einer der Erben wurde im Testament außerdem zum Testamentsvollstrecker bestimmt – das heißt, er soll dafür sorgen, dass der letzte Wille des Verstorbenen richtig umgesetzt wird.
Nun kommt es zu einem Problem: Die Eigentümergemeinschaft (also die Erbengemeinschaft) hätte theoretisch einen Anspruch gegen einen der Miterben – zum Beispiel, weil dieser etwas falsch gemacht hat. Der Testamentsvollstrecker soll diesen Anspruch nun durchsetzen.
Aber: Wenn der Testamentsvollstrecker selbst zu den Miterben gehört – also Teil der Gruppe ist, gegen die der Anspruch gerichtet wäre – kann er nicht gleichzeitig Kläger und Beklagter sein. Oder anders gesagt: Er kann sich nicht selbst verklagen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dazu entschieden:
Wenn der Testamentsvollstrecker gleichzeitig Miterbe ist, darf er keine Ansprüche der Erbengemeinschaft (Eigentümergemeinschaft) gegen sich selbst oder gegen andere Miterben vor Gericht bringen.
Das liegt daran, dass er in dieser Situation in einem Interessenkonflikt steht: Er müsste als „Verwalter“ der Erbengemeinschaft rechtlich gegen sich selbst oder gegen Gleichberechtigte vorgehen. Das geht rechtlich nicht – man darf nicht Richter in eigener Sache sein.
Ist ein Testamentsvollstrecker Miterbe einer Erbengemeinschaft und gleichzeitig Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, die aus den Miterben besteht, kann er in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker keine Ansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen die Miterben einklagen.
OLG Frankfurt v. 17.05.2010 – 16 U 121/09
NJW-Spezial 2010, 648