Erbverzicht als abstraktes erbrechtliches Verfügungsgeschäft muss notariell beurkundet werden. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Baden-Württemberg, Deutschland. Tel.: 07721 / 9930505
Erbverzicht muss notariell beurkundet werden
Frage:
Ich werde von einer GmbH & Co.KG verklagt. Hinter der Klage steckt mein Bruder, der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH ist. Unser Vater hielt Kommanditanteile an dieser KG und hatte der KG ein Darlehen von 60.000 Euro gewährt. Mein Vater hatte mit mir 2007 einen
privatschriftlichen Kommanditanteilsübernahme- und Leibrentenvertrag geschlossen. Danach wurde die
Kommanditbeteiligung von meinem Vater an mich abgetreten. Ich habe im Gegenzug meinem Vater eine Leibrente zugesagt. Mein Vater wollte mich vor meinem Bruder schützen. Deshalb wurde die Abtretung der Kommanditbeteiligung an die Bedingung geknüpft, dass ich im Handelsregister eingetragen werde, und zugleich wurden alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen meines Vaters gegen meinen Bruder und gegen die KG an mich abgetreten, insbesondere auch die Darlehensforderung von 60.000 Euro gegen die KG. Diese Abtretung erfolgte zu meinem Schutz unter der aufschiebenden Bedingung, dass mein Bruder gegen die Übertragung der Kommanditanteile auf mich „rechtliche Maßnahmen einleitet oder sonstige Handlungen oder Maßnahmen im weitesten Sinne einleitet oder ergreift, die geeignet sind, die Übertragung der Kommanditanteile rückgängig zu machen oder … zu beeinträchtigen“. Am gleichen Tag in 2007 haben mein Vater und ich zudem einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen. Meine Verzichtserklärungen standen dabei unter der Bedingung, dass die Kommanditanteile wirksam auf mich übergehen. Inzwischen bin ich im Handelsregister eingetragen. Die KG bzw. mein dahinter stehender Bruder begehrt klageweise die Feststellung, dass mir aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche zustehen, da die Abtretung der Darlehensforderung unwirksam sei. Hat mein Bruder recht?
Antwort:
Die Abtretung der Darlehensforderung ist wirksam erfolgt, da die für den Erbverzicht erforderliche notarielle Beurkundung sich nicht auf die Abtretung der Darlehensforderung erstreckt.
Grundsätzlich steht außer Frage, dass sowohl Darlehensforderungen wie Kommanditbeteiligungen formlos abgetreten werden können. In Ihrem Fall stellt sich die Frage, ob die für den Erbverzicht erforderliche notarielle Beurkundung sich auch auf die Abtretung der Darlehensforderung erstreckt. Der BGH hat dazu entscheiden, dass die Formbedürftigkeit dinglicher Vollzugsgeschäfte isoliert für die einzelnen Verfügungsgeschäfte zu betrachten ist, so dass der Vollzug der auf einem einheitlichen Kausalgeschäft beruhenden Erfüllungsgeschäfte mithin für jedes selbstständig zu beurteilen ist. Das gilt selbst bei einer rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Verbindung zweier Verfügungsgeschäfte infolge eines zu Grunde liegenden gemeinsamen Kausalgeschäfts. Der Zusammenhang oder die Abhängigkeit mehrerer dinglicher Vollzugsgeschäfte voneinander führt nicht dazu, dass für den dinglichen Vollzug eine einheitliche Form zu gelten hätte, hier beim Erbverzicht die notarielle Beurkundung entsprechend § 2348 BGB.
Die unstreitige erforderliche notarielle Beurkundung der Bedingung in einem bedingten Erbverzicht war vorliegend gegeben.
Für Experten: BGH vom 7. 12. 2011, IV ZR 16/11