Wann verjähren Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Beschenkte?
Die besondere Fristregelung des § 2329 BGB einfach erklärt
1. Worum geht es?
Wenn ein naher Angehöriger – etwa ein Kind – nach dem Tod des Erblassers enterbt wurde, kann es Pflichtteilsansprüche geltend machen. Diese richten sich in erster Linie gegen den Erben. Reicht der Nachlass dafür nicht aus, können aber auch Dritte in Anspruch genommen werden, die vom Erblasser Geschenke erhalten haben – zum Beispiel Immobilien oder größere Geldbeträge. Dies ist im Gesetz unter § 2329 BGB geregelt.
Hier stellt sich eine wichtige Frage: Wie lange kann man diese Ansprüche geltend machen, bevor sie verjähren?
2. Die Grundregel: Drei Jahre – aber wann beginnen sie?
Normalerweise beginnen Verjährungsfristen im Zivilrecht erst dann zu laufen, wenn man von seinem Anspruch auch weiß. So ist es auch bei Pflichtteilsansprüchen gegen den Erben:
Die Frist beginnt erst, wenn man vom Tod des Erblassers und seiner Enterbung durch Testament erfahren hat.
Anders ist das aber bei den sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüchen gegen Beschenkte (§ 2329 BGB):
Hier beginnt die Verjährung sofort mit dem Tod des Erblassers – ganz egal, wann man davon erfährt.
Diese Regelung steht in § 2332 Abs. 1 BGB und ist eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, um die Beschenkten zu schützen. Sie sollen nicht über viele Jahre hinweg in Unsicherheit leben, ob ein Geschenk vielleicht zurückgegeben werden muss.
3. Ein Beispiel: Späte Vaterschaftsfeststellung
Besonders hart kann diese Regelung in einem Fall wie diesem wirken:
Ein Mann stirbt. Drei Jahre später wird gerichtlich festgestellt, dass er der Vater eines zuvor nicht anerkannten Kindes war. Das Kind ist nun pflichtteilsberechtigt. Es kann auch Ansprüche gegen den Erben geltend machen – aber Ansprüche gegen einen vom Verstorbenen Beschenkten sind jetzt bereits verjährt.
Denn: Die Frist für diese Ansprüche lief schon ab dem Tod des Vaters, nicht erst ab dem Urteil zur Vaterschaft.
So kann es sein, dass ein Anspruch gegen einen Beschenkten verjährt ist, bevor das Kind überhaupt wusste, dass es pflichtteilsberechtigt ist.
4. Ist das gerecht?
Das Gesetz nimmt diese Härte bewusst in Kauf. Der Hintergrund: Der Beschenkte soll sich darauf verlassen können, dass nach drei Jahren Rechtssicherheit besteht. Andernfalls müsste er sich jahrzehntelang auf eine mögliche Rückforderung einstellen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese klare Fristenregel bestätigt – auch wenn es im Einzelfall hart sein kann. Der Gesetzgeber wollte bewusst eine eindeutige und starre Regel, um Klarheit zu schaffen.
5. Was bedeutet das für Pflichtteilsberechtigte?
- Wer enterbt wurde, sollte möglichst rasch klären, ob Pflichtteilsansprüche bestehen.
- Wenn Schenkungen vom Erblasser bekannt werden, sollte geprüft werden, ob noch rechtzeitig ein Anspruch gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB geltend gemacht werden kann.
- Die Frist dafür endet drei Jahre nach dem Tod des Erblassers – unabhängig von der eigenen Kenntnis!
6. Fazit: Wer zu lange wartet, riskiert den Verlust seiner Ansprüche
Das Pflichtteilsrecht enthält teilweise komplexe und strenge Fristregelungen. Gerade die Verjährung des Anspruchs gegen Beschenkte nach § 2329 BGB kann zur Stolperfalle werden. Wer erst Jahre später erfährt, dass er enterbt wurde oder pflichtteilsberechtigt ist, kann leer ausgehen – zumindest, was die Beschenkten betrifft.
Haben Sie Fragen zur Geltendmachung oder Verjährung von Pflichtteilsansprüchen?
Als erfahrene Kanzlei für Erbrecht helfen wir Ihnen gerne weiter – kompetent, diskret und verständlich.