Private Quittung im Prozess, erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht

§ 420 ZPO Vorlegung durch Beweisführer; Beweisantritt
Der Beweis wird durch die Vorlegung der Urkunde angetreten.

Wenn im Gerichtstermin nur eine Kopie einer Privaturkunde (z. B. einer Quittung) vorgelegt wird und Du die Richtigkeit der Kopie ausdrücklich bestreitest, reicht die Kopie in der Regel nicht zum Beweis aus – und die Gegenseite kann ihren Urkundenbeweis verlieren, wenn sie die Originalurkunde (Urschrift) nicht vorlegt.


⚖️ Rechtslage im Überblick:

🔹 § 420 ZPO:

Der Urkundenbeweis wird durch Vorlage der Originalurkunde angetreten. Eine bloße Ankündigung der Vorlage genügt nicht.

🔹 § 416 ZPO:

Nur die Original-Privaturkunde (Urschrift) unterliegt der Beweisregel des § 416 ZPO (Vermutung der Echtheit von Unterschrift und Inhalt).

🔹 § 286 ZPO (freie Beweiswürdigung):

Kopien (z. B. einfache Fotokopien oder Scans) können nur dann als Beweis dienen, wenn keine Einwände gegen deren Echtheit erhoben werden. Wird die Richtigkeit aber bestritten, kann das Gericht die Kopie nicht als Beweis zugrunde legen.


📌 Was musst Du als Prozesspartei tun?

  1. Klar und deutlich bestreiten, dass die vorgelegte Kopie mit dem Original übereinstimmt. Beispiel: „Ich bestreite mit Nichtwissen, dass die vorgelegte Kopie der Quittung mit dem Original übereinstimmt.“
  2. Nicht einfach nur schweigen oder auf Nachfrage sagen, „weiß ich nicht“ – das wäre kein wirksames Bestreiten.
  3. Idealerweise zusätzlich darauf hinweisen, dass es sich um eine Privaturkunde handelt und daher § 416 ZPO nicht anwendbar ist, solange das Original fehlt.

🧩 Folge für den Prozess:

Wenn die Gegenseite sich ausdrücklich auf den Urkundenbeweis beruft (§ 420 ZPO), aber nur eine Kopie vorlegt und Du deren Echtheit bestreitest, dann:

  • ist der Beweis (zunächst) nicht erbracht,
  • und das Gericht darf die Quittung nicht verwerten, solange das Original fehlt.

Die Gegenseite muss dann das Original beibringen, sonst verliert sie diesen Punkt – und ggf. den gesamten Prozess, wenn das Dokument beweisentscheidend ist.


📚 Beispiel aus der Praxis:

Ein Kläger behauptet, er habe dem Beklagten 5.000 € geliehen und zeigt als Beweis eine Kopie der Quittung.
→ Du bestreitest die Echtheit der Kopie.
→ Der Kläger kann den Beweis nicht führen, solange er das Original nicht vorlegt.
→ Das Gericht darf die Kopie nicht zur Überzeugungsbildung verwerten (§ 286 ZPO), wenn Zweifel an der Echtheit bestehen.


Fazit:

Ja – wenn Du die Kopie einer Privaturkunde ausdrücklich bestreitest, ist der Beweis nach § 420 ZPO gescheitert, sofern kein Original vorgelegt wird.
Taktisch kluges Vorgehen und präzises Bestreiten können so prozessentscheidend sein.

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