⚖️ Was sind eigentlich Nachlassverbindlichkeiten?
👨⚖️ Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Wenn jemand stirbt, hinterlässt er nicht nur Vermögen, sondern oft auch Schulden. Diese sogenannten Nachlassverbindlichkeiten müssen die Erben begleichen – aber nicht immer mit ihrem Privatvermögen. Es kommt darauf an, welche Art von Schulden vorliegt.
🧾 Die 4 Arten von Nachlassverbindlichkeiten
1️⃣ Erblasserschulden
🕰️ Erblasserschulden sind Schulden aus dem Leben des Verstorbenen
Hierzu gehören alle Verbindlichkeiten, die der Erblasser vor seinem Tod hatte, zum Beispiel:
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✉️ offene Rechnungen
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🏦 Kredite oder Hypotheken
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⚖️ laufende Gerichtsprozesse
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📆 auch befristete oder bedingte Forderungen, die erst nach dem Tod fällig werden
Nicht dazu zählen:
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persönliche Verpflichtungen wie Pflege- oder Dienstverträge
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Unterhaltspflichten, außer gegenüber geschiedenen Ehepartnern (hier haftet der Erbe begrenzt)
📚 Rechtsgrundlage: § 1967 Abs. 2 BGB
2️⃣ Erbfallschulden
⚰️ Erbfallschulden sind Schulden, die erst mit dem Tod entstehen
Diese entstehen erst durch den Erbfall selbst und treffen den Erben „als Erben“:
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💰 Pflichtteilsansprüche
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💎 Vermächtnisse und Auflagen
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⚱️ Beerdigungskosten (angemessen und standesgemäß)
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🍼 Unterhalt der werdenden Mutter (§ 1963 BGB)
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💶 Erbschaftsteuer
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⚖️ gesetzlicher Voraus (§ 1932 BGB), Dreißigster (§ 1969 BGB), Zugewinnausgleich (§ 1371 BGB)
📚 Rechtsgrundlage: § 1967 Abs. 2 BGB
3️⃣ Nachlassverwaltungskosten
📚 Nachlasskosten entstehen für die Abwicklung und Sicherung des Nachlasses
Diese Kosten entstehen nach dem Tod, aber im Zusammenhang mit dem Erbfall:
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🧾 Testamentseröffnung
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🔐 gerichtliche Nachlasssicherung
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⚖️ Erbauseinandersetzung
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👥 Nachlasspflegschaft, -verwaltung oder -insolvenz
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📋 Inventarerrichtung
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📣 Gläubigeraufgebot
📚 Rechtsgrundlagen: u. a. § 1960, § 1961 BGB, § 324 InsO
4️⃣ Eigenschulden des Erben
💼 Eigenschulden sind Schulden aus dem Privatbereich des Erben
Das sind Verbindlichkeiten, die nichts mit dem Nachlass zu tun haben:
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🏦 eigene Darlehen oder Kredite
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📜 persönliche Verträge des Erben
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🛠️ Reparaturaufträge aus eigenem Willen
Achtung: Diese Schulden haftet der Erbe mit seinem eigenen Vermögen – eine Haftungsbeschränkung ist hier nicht möglich.
🔄 Sonderfall: „Nachlasseigenschulden“
Wenn der Erbe z. B. das Dach eines geerbten Hauses reparieren lässt, haftet er dafür mit dem Nachlass und seinem Eigenvermögen – es sei denn, er hat die Haftung rechtssicher beschränkt.
📚 Rechtsgrundlagen: u. a. § 747 ZPO, § 1984 BGB
⚠️ Wichtiger Hinweis zur Haftungsbeschränkung
In bestimmten Fällen kann der Erbe seine Haftung auf den Nachlass beschränken, z. B. durch:
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🧷 Nachlassverwaltung oder
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🏚️ Nachlassinsolvenzverfahren
Dann haften Nachlassgläubiger nicht mehr auf das Privatvermögen, und Eigengläubiger dürfen nicht in den Nachlass vollstrecken.
📚 Rechtsgrundlage: § 1984 Abs. 2 BGB
🧮 Sonderfall: Dürftiger Nachlass
Ist der Nachlass so gering, dass er die Schulden nicht deckt, kann der Erbe die „Dürftigkeitseinrede“ erheben. Dann haftet er nur noch mit dem, was im Nachlass vorhanden ist.
Aber Achtung: Das schützt nicht vor der Vollstreckung durch Eigengläubiger in den Nachlass selbst.
✅ Fazit
Die Erben haften nicht für alles automatisch mit ihrem Privatvermögen. Es kommt darauf an, welche Art von Schulden vorliegt – und ob die Erben rechtzeitig Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung ergreifen.
💡 Tipp vom Fachanwalt:
Lass dich frühzeitig beraten – am besten direkt nach dem Erbfall. So lassen sich Haftungsrisiken erkennen und gezielt vermeiden.