Widerklage gegen den Prozessstandschafter möglich?
Streitfrage bei Pflichtteilsklage durch einen Miterben
Ein Miterbe macht in Prozessstandschaft gemäß § 2039 BGB für eine Erbengemeinschaft den Pflichtteil gegen den Alleinerben geltend – eingeklagt im Wege der Stufenklage. Gleichzeitig war der klagende Miterbe Hausgenosse des Erblassers. Der Alleinerbe möchte im selben Verfahren Widerklage auf Auskunft nach § 2028 BGB erheben – gegen den Kläger persönlich. Doch ist das zulässig?
Juristische Einordnung
Grundsätzlich ist eine Widerklage gegen einen Kläger in Prozessstandschaft zulässig, sofern die Voraussetzungen der §§ 33, 263 ff. ZPO vorliegen. Der Kläger ist als Partei des Verfahrens verfahrensrechtlich Adressat der Widerklage, auch wenn er nicht materiell berechtigt ist (vgl. BGH NJW 2023, 1361; BGHZ 149, 120).
Allerdings muss ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage bestehen. Dieser ist anzunehmen, wenn die Auskunftspflicht nach § 2028 BGB denselben Lebenssachverhalt betrifft wie der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch – etwa im Hinblick auf den Verbleib von Nachlassgegenständen.
Wird der Kläger als Hausgenosse des Erblassers zur Auskunft nach § 2028 BGB verpflichtet, kann eine entsprechende Widerklage gegen ihn persönlich erhoben werden – auch wenn er im Hauptverfahren nur als Prozessstandschafter agiert. Die Prozessstandschaft schützt nicht vor einer eigenen materiell-rechtlichen Haftung, sofern diese gesondert besteht.
Prozessuale Zulässigkeit
Eine solche Widerklage ist gemäß § 33 ZPO zulässig, wenn:
- Klage und Widerklage in einem innerlich zusammenhängenden Lebensverhältnis stehen,
- Parteienidentität im technischen Sinn vorliegt (also Kläger ≠ Erbengemeinschaft, sondern der prozessführende Miterbe),
- keine unzulässige Klageerweiterung gegen Dritte ohne deren Zustimmung erfolgt (vgl. BGH NJW 1964, 44; RGZ 108, 351).
Gerade bei Auskunftsansprüchen nach § 2028 BGB gegen Hausgenossen bietet sich die Widerklage im Pflichtteilsprozess an, um alle streitigen Punkte in einem Verfahren zu klären.
Fazit
Eine Widerklage gegen einen Kläger in Prozessstandschaft ist ausnahmsweise zulässig, wenn sie einen eigenständigen Anspruch gegen den Kläger persönlich betrifft – wie etwa eine Auskunftspflicht als Hausgenosse nach § 2028 BGB. Entscheidend ist der Zusammenhang mit dem Klagegegenstand und die prozessuale Sachdienlichkeit.