§ 1978 BGB – Die Verantwortlichkeit des Erben für die bisherige Verwaltung des Nachlasses

Ein oft übersehener Haftungstatbestand mit erheblicher Relevanz für die Praxis

Die Vorschrift des § 1978 BGB enthält ein rechtlich hochkomplexes und in der Praxis vielfach unterschätztes Haftungssystem für Erben – insbesondere dann, wenn die Haftung durch (1) Dürftigkeitseinrede auf den Nachlass beschränkt werden soll oder bereits eine (2) Nachlassverwaltung oder (3) Nachlassinsolvenz angeordnet wurde. Die Norm statuiert im Ergebnis eine rückwirkende Verwalterhaftung des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern – eine sogenannte Devastavithaftung.


1. Regelungsinhalt des § 1978 BGB

Nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet der Erbe für die Verwaltung des Nachlasses in der Zeit zwischen Erbschaftsannahme und Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens so, als sei er beauftragter Verwalter der Nachlassgläubiger gewesen.

Der Gesetzgeber unterstellt also rückwirkend ein Auftragsverhältnis zugunsten der Gläubiger.

Für Maßnahmen vor der Erbschaftsannahme gelten die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) entsprechend (§ 1978 Abs. 1 S. 2 BGB).

Zugleich enthält § 1978 Abs. 2 BGB eine wichtige Klarstellung:

Die den Gläubigern nach Abs. 1 zustehenden Schadensersatz- oder Herausgabeansprüche gehören zum Nachlass.

Umgekehrt regelt § 1978 Abs. 3 BGB, dass dem Erben Aufwendungsersatz aus dem Nachlass zusteht – wiederum nach den Maßstäben des Auftragsrechts oder der GoA.


2. Folgen für die Praxis: Sonderhaftung bei Haftungsbeschränkung

Wird die Haftung des Erben später auf den Nachlass beschränkt – etwa durch Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz oder durch den Dürftigkeits– bzw. Unzulänglichkeitseinwand (§§ 1990, 1991 BGB) –, so wird der Erbe rückwirkend aus seiner vorherigen Verwaltungstätigkeit persönlich haftbar, sofern er gegen die Sorgfaltsanforderungen eines ordentlichen Verwalters verstoßen hat.

Diese Haftung ist dabei nicht auf den Nachlass beschränkt, sondern betrifft das Eigenvermögen des Erben. Sie eröffnet dem Gläubiger somit quasi „durch die Hintertür“ wieder den Zugriff auf das Privatvermögen des Erben – obwohl dieser seine Haftung bereits formal beschränkt hatte.


3. Beispiele typischer Pflichtverletzungen

  • Verkauf eines Nachlassgegenstands unter Wert
  • Unterlassene Einziehung einer fälligen Forderung des Erblassers
  • Versäumte Verzinsung liquider Mittel
  • Leerstand von Mietobjekten, die ertragreich hätten genutzt werden können
  • Nicht gestellte Anträge auf Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz trotz Kenntnis von Überschuldung

4. Kritische Einordnung und praktische Hinweise

Die Vorschrift wird kritisiert, weil sie den Erben mit rückwirkend fingierten Pflichten überziehe, die er zum Zeitpunkt seines Handelns in der Regel nicht kannte. Die damit verbundene Haftungsfalle betrifft insbesondere solche Erben, die – etwa aus Unsicherheit über die Nachlasssituation – zunächst keine professionelle Beratung in Anspruch nehmen und dann später versuchen, ihre Haftung zu begrenzen.

In der Folge kann eine anfänglich gutgläubige und rechtmäßige Verwaltungstätigkeit im Nachhinein zur persönlichen Haftung führen. Der Erbe haftet dann nach § 280 BGB für einfache Fahrlässigkeit, was angesichts der Unsicherheiten in der Frühphase der Nachlassabwicklung besonders hart wirkt.

1978 Abs. 1 (→ Rn. 23 ff.) Eigenverbindlichkeiten (→ Rn. 62), die vom Verwalter geltend gemacht werden (→ Rn. 67), im Falle der §§ 1990, 1992 von den Gläubigern (→ Rn. 69).

ChatGPT:

Allgemeinverständlich könnte der Satz für deine Homepage so lauten:

Wenn der Nachlass verwaltet, für insolvent oder dürftig erklärt wird, haftet der Erbe für frühere Fehler bei der Nachlassabwicklung persönlich – so, als hätte er im Auftrag der Gläubiger gehandelt. Es liegt eine Eigenverbindlichkeit des Erben vor.
Diese Ansprüche können dann vom Nachlass- oder Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
Im Falle der Dürftigkeitseinrede können diese Eigenverbindlichkeiten des Erben direkt von den Gläubigern geltend gemacht werden.


6. Empfehlung an Erben und Berater

Die Kenntnis des § 1978 BGB ist unerlässlich für alle, die mit Nachlässen befasst sind. Bereits in der Frühphase nach dem Erbfall sollte geprüft werden:

  • Gibt es Anhaltspunkte für Überschuldung oder Dürftigkeit?
  • Ist ein Verfahren zur Haftungsbegrenzung angezeigt?
  • Welche Verwaltungsmaßnahmen wurden seit Annahme der Erbschaft getroffen?
  • Liegt ein potenzieller Verstoß gegen die Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung vor?

Rechtsanwälte sollten unbedingt vorsorglich aufklären – nicht nur, um ihren Mandanten Haftungsfallen zu ersparen, sondern auch, um sich selbst vor Regressansprüchen wegen unterlassener Beratung zu schützen.


Fazit

§ 1978 BGB steht exemplarisch für das komplexe Zusammenspiel von Erbenhaftung, Nachlassabwicklung und Gläubigerschutz. Die scheinbare Sicherheit einer Haftungsbegrenzung kann trügerisch sein – gerade dann, wenn der Erbe zuvor sorglos mit dem Nachlass umgegangen ist. Wer sich dieser Rückwirkungen bewusst ist, kann sie rechtzeitig vermeiden.

Hinweis: Gerne berate ich Sie als Fachanwalt für Erbrecht bei der rechtssicheren Abwicklung von Nachlässen und der Vermeidung persönlicher Haftungsrisiken.

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