§ 29 ErbStG (Erlöschen der Steuer in besonderen Fällen) Kommentar in leichter Sprache

§ 29 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
Erlöschen der Steuer in besonderen Fällen

(1) Die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit,

  1. soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden musste;
  2. soweit die Herausgabe gemäß § 528 Absatz 1 Satz 2 des BGB abgewendet worden ist;
  3. soweit in den Fällen des § 5 Absatz 2 unentgeltliche Zuwendungen auf die Ausgleichsforderung angerechnet worden sind (§ 1380 Absatz 1 BGB);
  4. soweit erworbene Vermögensgegenstände innerhalb von 24 Monaten nach Steuerentstehung gemeinnützigen Organisationen oder öffentlichen Trägern in Deutschland zugewendet werden. Hierbei müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein.

(2) Der Erwerber wird wie ein Nießbraucher behandelt, solange er den Nutzen aus dem erhaltenen Vermögen zieht.


Kommentar in leichter Sprache

Wenn man etwas geschenkt bekommt, muss man dafür manchmal Schenkungsteuer bezahlen. In manchen Fällen kann diese Steuer aber wieder „verfallen“. Das bedeutet: Die Steuer wird so behandelt, als ob sie nie entstanden wäre. Genau das regelt § 29 ErbStG.

1. Rückgabe wegen Rückforderungsrecht

Wenn man ein Geschenk zurückgeben muss, weil es ein gesetzliches oder vertraglich vereinbartes Rückforderungsrecht gibt, dann entfällt die Steuer auf dieses Geschenk wieder. Aber: Die einfache, freiwillige Rückgabe reicht nicht aus!

Beispiel: Ein Onkel schenkt seiner Nichte ein Haus. Im Vertrag steht: Wenn sie das Haus verkauft, darf er es zurückfordern. Verkauft sie es, und der Onkel verlangt das Haus zurück, dann muss die Nichte es zurückgeben. Die Steuer fällt in diesem Fall nicht an.

2. Herausgabe wurde ausnahmsweise nicht verlangt

Wenn eine gesetzliche Rückgabe nach § 528 BGB nicht verlangt wird, weil sie den Beschenkten hart treffen würde, dann kann auch das steuerlich relevant sein. Hier erlöscht die Steuer, obwohl das Geschenk nicht zurückgegeben wurde.

3. Zuwendungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs

Wenn eine unentgeltliche Zuwendung auf eine Ausgleichsforderung angerechnet wird (z. B. im Fall einer Scheidung mit Zugewinnausgleich), dann muss auch keine Schenkungsteuer gezahlt werden. § 29 ErbStG bezieht sich hier auf bestimmte Sonderfälle aus dem BGB.

4. Gemeinnützigkeit: Spenden kurz nach Erbschaft

Wenn man etwas geerbt oder geschenkt bekommen hat und es innerhalb von zwei Jahren an eine gemeinnützige Organisation oder den Staat gibt, dann muss man dafür keine Steuer zahlen. Aber Achtung: Es gelten viele Sonderregeln. Die Organisation muss wirklich gemeinnützig sein und darf dem Spender nichts zurückgeben.

Wichtig: Man muss dem Finanzamt mitteilen, ob die Zuwendung als Spende angerechnet werden soll. Diese Entscheidung kann man später nicht mehr ändern.

5. Nutzung durch den Beschenkten

Solange der Beschenkte das Geschenk nutzt (z. B. Mieteinnahmen bekommt), wird er steuerlich wie ein Nießbraucher behandelt. Das bedeutet: Er trägt für diesen Zeitraum steuerliche Pflichten, als ob er das Vermögen „nur zur Nutzung“ bekommen hat.


Achtung bei der „Rückschenkung“

Wenn man ein Geschenk einfach zurückschenkt, fällt nochmal Schenkungsteuer an! Das heißt: Einmal beim Schenken, einmal beim Zurückschenken. Das gilt nicht, wenn es ein echtes Rückforderungsrecht gibt.

Ein Rückforderungsrecht kann sich z. B. aus folgenden Gründen ergeben:

  • Gesetzlich (z. B. grober Undank, Verarmung des Schenkers)
  • Vertraglich (z. B. Widerrufsvorbehalt im Schenkungsvertrag)
  • Wegen Störung der „Geschäftsgrundlage“ – dazu gleich mehr.

Störung der Geschäftsgrundlage

Manchmal schenkt jemand etwas im Vertrauen darauf, dass keine oder nur geringe Steuer anfällt. Wenn das Finanzamt dann doch hohe Steuer verlangt, kann das eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ sein.

Beispiel: Eine Tante schenkt ihrem Neffen ein Haus, weil sie denkt, es sei steuerfrei. Das Finanzamt verlangt jedoch 50.000 Euro Steuer. Hätte sie das gewusst, hätte sie nie geschenkt. In solchen Fällen kann man die Schenkung evtl. rückgängig machen. Wenn ein Gericht das bestätigt oder die Beteiligten sich notariell einigen, entfällt auch die Steuer nach § 29.

Wichtig: Der Nachweis ist oft schwer. Deshalb sollte man solche Erwartungen immer schriftlich festhalten.


Gestaltungstipps für die Praxis

  • Im Vertrag ausdrücklich Rückforderungsrechte vereinbaren!
  • Bei Zweifeln: Vorher verbindliche Auskunft vom Finanzamt einholen.
  • Rückübertragungen nur mit Widerrufsvorbehalt durchführen.

Beispiel für einen Vertragsvorbehalt:
„Der Schenker kann das Geschenk zurückverlangen, wenn das Finanzamt unerwartet Schenkungsteuer festsetzt.“


Fazit

§ 29 ErbStG ist eine wichtige Vorschrift, um Schenkungsteuer in bestimmten Fällen wieder zu „löschen“. Aber die Bedingungen sind streng. Ohne vertragliche Absicherung oder gerichtlichen Nachweis kann es teuer werden.

Deshalb: Vor größeren Schenkungen immer fachkundig beraten lassen und vorausschauend planen!

Fanden Sie diesen Artikel hilfreich?

Erbrechtkanzlei Ruby – Wir machen nur Erbrecht – Wir helfen Ihnen – Überall in Deutschland – Tel. 07721 / 9930505

Wichtig: Auch wenn sich auf unserer Homepage vieles für Sie einfach darstellen mag, fehlt auch dem intelligentesten Laien der Gesamtüberblick im Erbrecht. Oft werden schwierigste Punkte, die scheinbar im Vordergrund stehen, verstanden, grundlegende andere Probleme, die für den konkreten Fall wirklich entscheidend sind, aber gar nicht gesehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere günstige Erstberatung, bei der sie auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kostenlos erhalten. Sparen Sie nicht am falschen Ort. Oft müssen die Erben später viele Jahre prozessieren und Zigtausende an Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nur weil der Erblasser die geringen Erstberatungskosten sparen wollte.

Das könnte Sie auch interessieren