Pflichtteilsverzicht, Ausschlagung und Gläubigerzugriff im Erbrecht
1. Pflichtteilsverzicht und Gläubigerzugriff
Ein Pflichtteilsverzicht gem. § 2346 BGB ist grundsätzlich kein schenkungsrechtlich anfechtbarer Vorgang, da er keine Vermögensverschiebung darstellt. Auch Insolvenzverwalter und Sozialleistungsträger können auf einen solchen Verzicht nicht zugreifen, da lediglich eine potenzielle Vermögensmehrung ausbleibt, ohne dass etwas aus dem Vermögen aktiv weggegeben wird.
2. Pflichtteilsverzicht in der Insolvenz und Wohlverhaltensphase
Der Verzicht auf ein künftiges Pflichtteilsrecht durch einen insolventen Schuldner ist möglich, da sich das Insolvenzverfahren nur auf das vorhandene Vermögen bezieht. Auch in der Wohlverhaltensphase führt ein solcher Verzicht in der Regel nicht zum Verlust der Restschuldbefreiung.
3. Pflichtteilsverzicht und Sozialrecht
Ein Pflichtteilsverzicht eines Sozialleistungsbeziehers ist nicht sittenwidrig und führt grundsätzlich nicht zu einer Leistungskürzung. Auch das Bundesverfassungsgericht betont die Entscheidungsfreiheit des Betroffenen („negative Erbfreiheit“). Selbst ein behinderter Sozialleistungsbezieher kann wirksam verzichten, ggf. durch Betreuer oder Bevollmächtigten mit gerichtlicher Genehmigung.
4. Ausschlagung eines Erbes
Die Ausschlagung einer Erbschaft ist ein höchstpersönliches Recht und keine Schenkung. Sie kann nicht von Gläubigern angefochten werden. Auch ein insolventer Erbe kann ohne Zustimmung des Verwalters ausschlagen. In der Wohlverhaltensphase ist die Ausschlagung ebenfalls unschädlich für die Restschuldbefreiung.
5. Entstandene Pflichtteilsansprüche in der Insolvenz
Ein Pflichtteilsberechtigter kann nicht gezwungen werden, seinen Anspruch geltend zu machen. Dies gilt auch in der Insolvenz: Der Anspruch gehört zwar zur Masse, ist aber nur eingeschränkt verwertbar. In der Wohlverhaltensphase entsteht eine Obliegenheit zur Herausgabe nur bei tatsächlicher Auszahlung.
6. Entstandener Pflichtteil und Sozialleistungsträger
Pflichtteilsansprüche können vom Sozialleistungsträger übergeleitet und eingefordert werden. Ein Erlassvertrag kann daher nicht mehr wirksam geschlossen werden, sobald der Anspruch übergegangen ist. Das kann im Bürgergeldbereich sogar kraft Gesetzes geschehen. Auch kann ein entschädigungsloser Pflichtteilserlass durch den Hilfeempfänger vom Sozialleistungsträger als Schenkung gewertet werden und Wertersatzpflichten auslösen.
7. Besondere Härte und Freibeträge
Pflichtteilsansprüche sind als Vermögen zu behandeln, können aber im Einzelfall wegen besonderer Härte (z. B. drohender Verlust des Familienheims oder massiver Einkommenseinbruch beim Erben) nicht verwertbar sein. Freibeträge nach SGB II und XII müssen berücksichtigt werden.
Fazit: Pflichtteilsverzichte, Ausschlagungen und Erlassvereinbarungen bieten erbrechtlich wirksame Möglichkeiten zur Gestaltung, bleiben aber im Spannungsfeld zwischen Gläubigerschutz, Insolvenzrecht und Sozialrecht anspruchsvoll.