Verjährung geerbt? – Was § 211 BGB für Nachlassgläubiger und Erben bedeutet

Wer nach dem Tod eines Menschen Ansprüche gegen dessen Nachlass geltend machen will oder selbst als Erbe Ansprüche des Erblassers durchsetzen möchte, steht oft vor einer Frage: Ist der Anspruch vielleicht schon verjährt?
§ 211 BGB sorgt in diesen Fällen für eine wichtige Schutzregelung – die sogenannte Ablaufhemmung.


🔍 Was bedeutet Ablaufhemmung nach § 211 BGB?

Die Vorschrift bewirkt, dass bestimmte Verjährungsfristen nicht sofort ablaufen, sondern um mindestens sechs Monate hinausgeschoben werden, damit sich Erben und Gläubiger nach einem Todesfall orientieren können.

§ 211 BGB schützt sowohl Erben als auch Nachlassgläubiger vor einem übereilten Verjährungseintritt.


🧾 Welche Ansprüche sind betroffen?

  • ✔️ Ansprüche des Erblassers (die mit dem Tod auf die Erben übergehen)
  • ✔️ Forderungen gegen den Nachlass (z. B. Rechnungen, Pflegeheimkosten, Darlehen, offene Steuerschulden)

Diese Ansprüche dürfen nicht bereits vor dem Erbfall verjährt gewesen sein – sonst greift § 211 nicht mehr.


🕰️ Wann beginnt die Sechsmonatsfrist?

Die Ablaufhemmung endet nicht einfach automatisch nach dem Tod, sondern sie beginnt erst mit einem klaren Bezugspunkt:

Auslösendes EreignisBeginn der Frist
✅ Annahme der ErbschaftFür den jeweils in Anspruch genommenen Erben
✅ Eröffnung der NachlassinsolvenzTag der Verfahrenseröffnung
✅ Einsetzung eines NachlassvertretersBei Testamentsvollstreckung: Amtsannahme
Bei Nachlassverwaltung/-pflege: Gerichtliche Bestellung

🧠 Wichtig: Gibt es mehrere Erben, läuft die Frist individuell für jeden einzelnen Erben, nicht erst, wenn alle angenommen haben (BGH NJW 2014, 2574).


Was passiert während der Ablaufhemmung?

  • Die Verjährung ruht: Während der Ablaufhemmung kann ein Anspruch nicht verjähren.
  • Es bleiben mindestens sechs Monate Zeit

👉 Beispiel:
Ein Nachlassgläubiger erfährt vom Tod des Schuldners. Der Erbe nimmt erst fünf Monate später die Erbschaft an.
→ Der Gläubiger hat dann noch sechs Monate ab diesem Zeitpunkt Zeit, seinen Anspruch geltend zu machen – auch wenn die eigentliche Verjährungsfrist vielleicht schon kurz vor dem Ablauf stand.


📌 Ausnahme: kurze Verjährungsfristen

Wenn die gesetzliche Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate ist, ersetzt diese kürzere Frist die Sechsmonatsfrist. (§ 211 Satz 2 BGB)


⚖️ Praktische Bedeutung für Nachlassgläubiger

  • Sie können auch mehrere Monate nach dem Erbfall noch rechtssicher ihre Forderungen anmelden.
  • Bei Zweifeln zur Zahlungsfähigkeit kann ggf. eine Nachlassinsolvenz beantragt werden – auch das hemmt den Fristablauf.
  • Aber Vorsicht: Wenn keine dieser Maßnahmen eintritt und die Verjährung vorher abläuft, geht der Anspruch unter.

📑 Fazit: Verjährung in Nachlassfällen ist kein Selbstläufer

§ 211 BGB schafft eine rechtssichere Atempause nach dem Erbfall – für Erben, Gläubiger und Nachlassgerichte. Wer sich im Todesfall um Ansprüche kümmert, hat mindestens sechs Monate Zeit, um rechtliche Schritte einzuleiten – aber nicht mehr.

👉 Wenn Sie wissen möchten, ob Ihre Forderung gegen einen Nachlass noch durchsetzbar ist, oder ob Sie als Erbe eine Nachlassinsolvenz vermeiden können, beraten wir Sie gerne.

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