Aufgebot der Nachlassgläubiger: Sicher ist sicher. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Das Aufgebot der Nachlassgläubiger hilft, wenn man Schulden erbt
Wozu gibt es das Aufgebot der Nachlassgläubiger? Ob der Erbe die Erbschaft annimmt oder nicht, hängt natürlich von der Höhe der Schulden ab, die der Verstorbene hinterlässt. Die muss der Erbe nämlich bezahlen. Wie aber kann sich der Erbe sich über diese Schulden zuverlässig informieren kann? Hierzu gibt ihm das Gesetz die Möglichkeit, die Gläubiger des Verstorbenen aufzufordern ihre Forderungen anzumelden. Das ist das „Aufgebotsverfahren“.
§ 1970 BGB Anmeldung der Forderungen
Die Nachlassgläubiger können im Wege des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.
Der Erbe muss die Erbschaft erst annehmen. Erst dann kann er das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen. Das geschieht beim Amtsgericht.
§ 2015 Einrede des Aufgebotsverfahrens
(1) Hat der Erbe den Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
(2) [aufgehoben]
(3) Wird der Ausschließungsbeschluss erlassen oder der Antrag auf Erlass des Ausschließungsbeschlusses zurückgewiesen, so ist das Aufgebotsverfahren erst dann als beendet anzusehen, wenn der Beschluss rechtskräftig ist.
So lange das Aufgebotsverfahren läuft, muss der Erbe keine Schulden bezahlen. Dumm daran ist allerdings, dass Verzugszinsen weiterlaufen. Sie erhöhen die Schulden.
Gläubiger, die sich nicht melden, haben die schlechteren Karten
Das Gericht setzt eine Aufgebotsfrist. Innerhalb dieser Frist müssen die Gläubiger ihre Forderungen beim Gericht anmelden. Tun sie das nicht, kassieren die Gläubiger ein sogenanntes Ausschlussurteil. Dieses Urteil bewirkt, dass der Erbe diesen ausgeschlossenen Gläubiger nur noch „beschränkt“ haftet. „Beschränkt“ bedeutet, dass der Erbe zuerst die Gläubiger, die ihre Forderung angemeldet haben oder die ihm bekannt waren, bezahlen muss. Die anderen haben schlechtere Karten. Meldet sich nämlich ein durch Urteil ausgeschlossener Gläubiger, kann er leer ausgehen. Der Erbe muss ihn nur noch aus einem etwa verbliebenen Erbschaftsrest bezahlen. Ist nach Bezahlung der anderen Gläubiger nichts mehr da, geht der Gläubiger leer aus. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das eigene Vermögen des Erben ist jedenfalls geschützt.
§ 1973 BGB Ausschluss von Nachlassgläubigern
(1) Der Erbe kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu befriedigen, es sei denn, dass der Gläubiger seine Forderung erst nach der Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend macht.
(2) Einen Überschuss hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlassgegenstände durch Zahlung des Wertes abwenden. Die rechtskräftige Verurteilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
An wen zuerst zahlen?
Wer muss von den ausgeschlossenen Gläubigern zuerst bezahlt werden? Eine bestimmte Reihenfolge hierfür gibt es nicht. Wie auch? Wenn ein ausgeschlossener Gläubiger allerdings ein Urteil gegen den Erben erwirkt, muss der Erbe ihn vor den anderen bezahlen. Ansonsten kann der Erbe die Gläubiger in beliebiger Reihenfolge bezahlen.