Berliner Testament: Ändern sich Widerrufsmöglichkeiten, wenn ein Ehegatte stirbt?
Berliner Testament: Ändern sich Widerrufsmöglichkeiten, wenn ein Ehegatte stirbt? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht
Vor dem Tod
Der Widerruf des gesamten Berliner Testaments ist bis zum Tod eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten möglich. Hierzu bedarf es einer notariell beurkundeten Widerrufserklärugn, die zum Nachweis am Besten durch den Gerichtsvollzieher zugestellt wird. Für die Wirksamkeit des Widerrufs ist wichtig, dass die Ausfertigung der Urkunde und nicht bloß eine Abschrift oder Kopie zugestellt wird. Das machen Gerichtsvollzieher gerne falsch.
Nach dem Tod
eines Ehegatten ist ein Widerruf des Berliner Testaments normalerweise nicht mehr gegeben, nur in zwei Ausnahmefällen (siehe unten). Beachten Sie, dass der Widerruf des gesamten Testaments etwas anderes ist als die Abänderungsmöglichkeit nach dem Tod des Erstversterbenden.
Gut zu wissen
Zunächst: Berliner Testament bedeutet in der Regel, dass sich die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt haben und nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten die Kinder erben sollen.
Verstirbt der erste Ehegatte entstehen bereits Rechtswirkungen, weil er den überlebenden Ehegatten zum Alleinerben eingesetzt hat. Die nachträgliche Unwirksamkeit dieser Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten würde erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten. Es ist daher ausgeschlossen, dass nach dem Tod seines Ehegatten der überlebende Ehegatte seine wechselbezüglichen Verfügungen widerruft und dadurch die Verfügung des anderen unwirksam werden lässt.
§ 2271 BGB Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen
(1) …
(2) Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten; der Überlebende kann jedoch seine Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt. Auch nach der Annahme der Zuwendung ist der Überlebende zur Aufhebung nach Maßgabe des § 2294 und des § 2336 berechtigt. …
Ausnahmen
gelten nur, wenn
- der überlebende Ehegatte das ihm von dem Verstorbenen Zugewendete ausschlägt
- wenn Pflichtteilsentziehungsgründe bei einem Schlusserben vorliegen