Keine böswillige Schenkung bei Abänderungsvorbehalt im Berliner Testament
Was ist eine böswillige Schenkung?
Nehmen wir an der überlebende Ehegatte, der Alleinerbe wurde, hatte seinem verstorbenen Ehepartner im Berliner Testament „versprochen“ hatte, dass die beiden Kinder später einmal alles zu gleichen Teilen erben sollen,. Die beiden Kinder wurden also zu Schlusserben zu je 1/2 eingesetzt. Der überlebende Ehegatte hat dann aber nach dem Tod seines Ehepartners an andere Personen oder an nur eines der beiden Kinder z.B. ein Hausgrundstück verschenkt. Das Hausgrundstück fehlt dann natürlich später in der Erbschaft. Das benachteiligte Kind hatte nach der Testamentseröffnung des zuerst verstorbenen Elternteils darauf vertraut, später einmal dieses Hausgrundstück zur Hälfte zu erben. Es hatte eine berechtigte Erwartung die Haushälfte zu erben. Eine solche Schenkung wird als bösliche oder böswillige Schenkung bezeichnet. Das benachteiligte Kind kann dann vom Beschenkten die Rückgabe eines Eigentumsanteils verlangen, der seinem Erbteil entspricht.
Beeinträchtigung
Um einen solchen Herausgabeanspruch auszulösen, muss die Schenkung in der Absicht erfolgt sein, den Schlusserben zu beeinträchtigen. Dies setzt auf jeden Fall voraus, dass durch die Schenkung eine berechtigte Erberwartung des Schlusserben beeinträchtigt worden ist. Der gesetzliche Schutz kann nicht weiter gehen als die Bindung im Berliner Testament. Wenn sich die Eltern im Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben und die beiden Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben nach dem länger lebenden Elternteil, ist klar, dass die beiden Kinder durch eine Schenkung an eine andere Person in ihrer Erwartung alles je zur Hälfte zu erben objektiv beeinträchtigt werden. Andererseits liegt keine Beeinträchtigung der Kinder vor, wenn die Schenkung des Erblassers außerhalb des Schutzes des Berliner Testaments liegt. Das ist der Fall, wenn im Testament steht, dass der überlebende Ehegatte zu Lebzeiten oder von Todes wegen über das Hausgrundstück frei verfügen kann.
Deshalb kann eine Schenkung des Erblassers Ansprüche gemäß § 2287 BGB nicht auslösen, wenn er die verschenkten Gegenstände dem Beschenkten trotz des Erbvertrages (bzw. Berliner Testaments) durch Verfügung von Todes wegen hätte zukommen lassen können. Die lebzeitige Verfügung liegt dann außerhalb des Schutzbereichs der durch den Erbvertrag (bzw. das Berliner Testament) eingegangenen Bindungen und kann die berechtigten Erberwartungen des Vertragserben daher nicht schmälern.
BBGH 11. JUNI 1986 IV a ZR 248/84
Abänderungsvorbehalt
An einer objektive Beeinträchtigung des Schlusserben fehlt es auch, wenn der Erblasser aufgrund eines entsprechenden Änderungsvorbehalts im Berliner Testament die Möglichkeit hatte, den geschenkten Gegenstand auch durch Verfügung von Todes wegen dem Beschenkten zukommen zu lassen. Hier hatte der Schlusserbe nie eine berechtigte Erberwartung , denn er musste ja damit rechnen, dass der Erblasser von seinem Recht, das Testament abzuändern Gebrauch macht. Gleiches gilt entsprechend für Änderungsvorbehalte in einem Erbvertrag.
Beispiel:
Dem überlebenden Ehegatten war als Alleinerben im Berliner Testament das Recht vorbehalten worden, über seinen Grundbesitz durch Vermächtnis neu von Todes wegen zu verfügen. Dann kann er das Hausgrundstück auch schon zu seinen Lebzeiten an einen Schlusserben oder eine andere Person schenken. Hierdurch wird kein Schlusserbe beeinträchtigt, denn er hatte keine berechtigte Erwartung dieses Hausgrundstück sicher zu erben.
Eine objektive Beeinträchtigung des Schlusserben durch Schenkungen des Erblassers liegt natürlich erst recht nicht vor, wenn dem überlebenden Ehegatten im Berliner Testament das Recht vorbehalten wurde, von Todes wegen völlig frei zu verfügen (Freistellungsklausel) oder unter Lebenden noch völlig frei verfügen zu können (Schenkungsvorbehalt).