⚖️ Wenn der Notar (nicht) ablehnen darf – Beurkundung trotz Gläubigeranfechtung?
✅ Was ist das Problem?
Manche Menschen übertragen Immobilien oder Vermögen – obwohl sie bereits Schulden haben. Die Gläubiger gehen dabei oft leer aus. Die Frage ist dann: Darf der Notar solche Verträge überhaupt beurkunden? Oder muss er sie sogar ablehnen, wenn er merkt, dass Gläubiger benachteiligt werden?
📄 Grundsatz: Der Notar darf beurkunden
Ein Vertrag ist allein deshalb nicht sittenwidrig, nur weil er später anfechtbar ist (z. B. wegen Gläubigerbenachteiligung nach dem Anfechtungsgesetz).
🔹 Der Notar muss die Beurkundung nur dann ablehnen, wenn:
- der Schuldner gezielt mit Helfern zusammenarbeitet, um Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen (➡️ § 826 BGB, sittenwidrige Schädigung)
- das Geschäft offensichtlich auf eine Straftat hinausläuft (z. B.
- Gläubigerbegünstigung § 283c StGB
- Vollstreckungsvereitelung § 288 StGB
- Bankrott (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB**)
🚫 In solchen Fällen darf der Notar nicht mitwirken – auch um sich selbst nicht strafbar zu machen (Stichwort: Beihilfe).
📉 Was ist mit bloß anfechtbaren Geschäften?
Selbst wenn ein Geschäft später anfechtbar ist – etwa im Fall einer späteren Insolvenz – muss der Notar nicht automatisch ablehnen.
Denn:
- Die bloße Anfechtbarkeit ist keine unerlaubte Handlung
- Ein Anfechtungsrecht entsteht oft erst bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
- Der Gesetzgeber will nur dann eine Rückabwicklung, wenn tatsächlich Insolvenz eintritt
💡 Hinweis- und Warnpflichten des Notars
Trotzdem hat der Notar wichtige Belehrungspflichten:
📢 1. Allgemeine Belehrungspflicht
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG muss der Notar über Risiken aufklären, etwa die Möglichkeit einer Gläubigeranfechtung.
⚠️ 2. Erweiterte Warnpflicht
Der Notar muss warnen, wenn er erkennt, dass das Geschäft für eine Partei gefährlich ist, diese das aber selbst nicht weiß. Das gilt insbesondere dann, wenn:
- dem Notar bekannt ist, dass ein Insolvenzantrag gestellt wurde
- auffällige Gestaltung auf Gläubigerbenachteiligung hindeutet
🔍 3. Keine Pflicht zur Nachforschung
Der Notar ist kein Ermittler. Er darf nicht eigenständig recherchieren, ob jemand Vermögen versteckt oder Gläubiger übergeht.
❗ Eine Befragung der Beteiligten ist aber zulässig, selbst wenn sie zur Bösgläubigkeit führt.
📁 Einsicht in Akten – wann dürfen Gläubiger das?
Wenn ein Gläubiger gerichtliche Akten einsehen will, um herauszufinden, ob beim Schuldner noch Vermögen vorhanden ist, dann gilt:
- Wenn der Anspruch unbestritten oder tituliert ist (z. B. durch Urteil oder Vollstreckungsbescheid),
- also ein „rechtliches Interesse“ nach § 299 Abs. 2 ZPO besteht.
🧾 Fazit
✔️ Nicht jedes anfechtbare Geschäft muss der Notar ablehnen.
❌ Nur bei klaren Gesetzesverstößen oder offensichtlicher Schädigungsabsicht greift die Ablehnungspflicht.
🔔 Dennoch ist der Notar verpflichtet, umfassend zu belehren – gerade bei Risiken für Gläubiger.