G. Ruby zur Erbunwürdigkeit

Erbunwürdigkeit: Wer erbunwürdig ist, existiert im Erbrecht nicht mehr. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Erbunwürdigkeit: Wer erbunwürdig ist, existiert im Erbrecht nicht mehr

1. Begriff

Mit der Erbunwürdigkeit (sowohl bei der gesetzlichen als der gewillkürten Erbfolge) soll festgestellt werden, dass eine bestimmte Person nicht das Recht hat, zu erben. Die Einzelheiten hierzu sind in den § 2339 ff. BGB geregelt.

Achtung: Wenn eine Person für erbunwürdig erklärt wird, können trotzdem die Abkömmlinge dieser Person  Erbe werden.

§ 2339 BGB Gründe für Erbunwürdigkeit
   (1) Erbunwürdig ist:
   1. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
   2. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
   3. wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
    4.wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
   (2) Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3, 4 nicht ein, wenn vor dem Eintritt des Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat begangen worden ist, unwirksam geworden ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde.

2. Geltendmachung

Die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit erfolgt im Wege der Gestaltungsklage durch Anfechtungsklage beim Amts- bzw. Landgericht (je nach Streitwert). Diese Klage kann jeder erheben, dem der Wegfall dieser Person als Erben zugute käme.

3. Anfechtungsfrist

1 Jahr ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes, längstens 30 Jahre nach dem Erbfall.

4. Gründe für die Erbunwürdigkeit
  • Vorsätzliche Tötung des Erblassers (oder Versuch der Tötung)
  • Versetzen des Erblassers in einen Zustand, der ihm das Erstellen eines Testamentes (oder dessen Änderung oder Widerruf) unmöglich machte
  • Arglistige Täuschung oder Drohung
  • wer entgegen dem Willen des Erblassers ein Testament absichtlich nicht vernichtet
  • Testamentsfälschung

Im Zustand der Deliktsunfähigkeit (§ 827 BGB) begangene Taten rechtfertigen keine Erbunwürdigkeit.

5. Wann tritt die Erbunwürdigkeit trotz der Verwirklichung von Erbunwürdigkeitsgründen nicht ein?

5.1 Bei einer Verzeihung: Die Anfechtung kann nicht mehr erfolgen, wenn der Erblasser dem Täter verziehen hat. Eine Verzeihung ist selbst bei schwersten Verbrechen (z.B. Mordversuch) möglich.

5.2 Wenn vor dem Eintritt des Erbfalls 

  • die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt worden ist, unwirksam geworden ist,
  • die Verfügung in deren Ansehung die strafbare Handlung begangen worden ist, unwirksam geworden ist
  • die Verfügung, zu deren Aufhebung der Erblasser bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde.
Beispiel:

A, hat den Erblasser, seinen Vetter, dessen nächster gesetzlicher Erbe er ist, gezwungen ein eigenhändiges Testament zu errichten, in dem der Geliebten des A 20.000 Euro vermacht werden. Ein Ersatzvermächtnisnehmer wird nicht benannt. Nun stirbt die Geliebte v o r dem Erblasser. Ihr Einsetzung als Vermächtnisnehmerin ist dadurch unwirksam und A ist nicht mehr erbunwürdig.

6. Rechtsfolge

Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt worden, gilt der Anfall der Erbschaft an ihn als nicht erfolgt. Er wird also behandelt als sei er nicht existent bzw. vorverstorben. Er hat also auch kein Recht auf den Pflichtteil, ein Vermächtnis oder sonstige Zuwendungen aus dem Testament.

Die Erbschaft fällt dann demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Der Anfall gilt dann als mit dem Erbfall erfolgt. Das Eintrittsrecht der Abkömmlinge des Erbunwürdigen zeigt, dass nicht ein diesem zustehendes Erbrecht auf jene übergeht, sondern, sie erben aus eigenem recht. Ihr Erbrecht wird also durch die Erbunwürdigkeit des Aszendenten nicht berührt, sondern kommt im Gegenteil eigenständig zum Tragen.

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