Das Nachlassgericht ist ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Freiwillige Gerichtsbarkeit: Nachlassgericht oder Betreuungsgericht

Freiwillige Gerichtsbarkeit:   Betreuungsgericht, Nachlassgericht  und Co.

Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Baden-Württemberg.

Mit dem Ausdruck freiwillige Gerichtsbarkeit bezeichnet man in Deutschland bestimmte Angelegenheiten der vorsorgenden Rechtspflege, die nicht von dem Prozessgericht streitig ausgetragen, sondern von anderen Rechtspflegeorganen (Gerichte, Notare, Behörden) bearbeitet werden. Dabei wird bezweckt später drohende Prozesse von vornherein vorbeugend zu vermeiden, indem bei der Rechtsformulierung und der Fortentwicklung der Rechtsverhältnisse geholfen wird. Die freiwillige Gerichtsbarkeit ist Rechtsfürsorge und Rechtsgestaltung zur Sicherung des Rechtsfriedens i.w.S.. In Österreich spricht man treffend vom Außerstreitgericht. Die streitige Gerichtsbarkeit hingegen ist durch den Kampf ums Recht gekennzeichnet (Streitgericht).

Merkwort: Vorbeugen ist besser als Bohren = Ursprüngliche Rechtsklarheit ist besser als nachträgliche Rechtsklärung =  Rechtsfürsorge ist besser als Reparatur durch streitige Urteile.

Seit 1.9.2009 sind die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im FamFG geregelt (FamFG = Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Davor gab es ein FGG (Freiwilliges Gerichtsbarkeitsgesetz). 

Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind insbesondere:

  • Nachlasssachen (Nachlassgericht)
  • Betreuungssachen (Betreuungsgericht)
  • Unterbringungssachen (Unterbringungsverfahren)
  • Registersachen (Handelsregister; Genossenschaftsregister; Vereinsregister; Güterrechtsregister)
  • Grundbuchsachen (Grundbuchordnung)
  • Landwirtschaftssachen (Grundstücksverkehr)
  • Beurkundungstätigkeit der Notare (Beurkundungsgesetz)
  • Familiensachen (Familiengericht)
  • Standesamt (Geburten-, Heirats-, Familien- und Sterbebuch)
  • Patentamt (Anmeldung und Löschung von Patenten)

In der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es keine Klage. Das Gericht wird von Amts wegen – also von sich aus –  oder auf Antrag tätig. Es gibt keine Kläger und Beklagten, sondern Beteiligte, die teilweise auch als Betroffene oder als Antragsteller und Antragsgegner bezeichnet werden. Es herrscht überwiegend kein Anwaltszwang (anders teilweise bei der weiteren Beschwerde und in Familiensachen). Die Verhandlungen sind meist nicht öffentlich.  In vielen Fällen wird ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage entschieden.

Während bei streitigen Prozessen der Verhandlungsgrundsatz (Beibringungsgrundsatz) herrscht, gibt es in der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Grundsatz der Amtsermittlung, d.h. das Gericht bestimmt selbst, welche Ermittlungen es anstellt und welche Beweismittel es heranzieht.

Entschieden wird in der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss. Die Ausgangsentscheidung ist vom Gesetz in vielen Fällen dem Rechtspfleger übertragen, dann entscheidet erst auf Rechtsmittel hin das Landgericht als Beschwerdeinstanz.

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