⚖️ Haftung des Nachlasspflegers – Verantwortung, Risiken und Schadensersatz
Ein Nachlasspfleger wird vom Nachlassgericht bestellt, wenn kein (bekannter) Erbe vorhanden ist oder der Nachlass gesichert und verwaltet werden muss. Dabei handelt es sich um eine rechtlich verantwortungsvolle Aufgabe, bei der sich der Pfleger nicht nur um Inventar und Forderungseinzug kümmern muss – sondern auch haftet, wenn er seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkommt.
In diesem Beitrag erläutern wir, wann und wem gegenüber der Nachlasspfleger haftet – und welche Parallelen es zur Haftung eines Betreuers nach § 1826 BGB gibt.
📘 1. Gesetzliche Grundlagen der Nachlasspflegerhaftung
Die Haftung des Nachlasspflegers ist gesetzlich nicht in einem einzigen Paragraphen geregelt, sondern ergibt sich aus verschiedenen Normen:
- § 1915 BGB verweist auf die Pflichten eines Vormunds – insbesondere:
- § 1833 BGB: Schadensersatz bei Pflichtverletzung
- § 1826 BGB: Haftung des Betreuers – analog auch auf Pfleger anwendbar
- § 1888 Abs. 1 BGB: Verweist Betreuungsrecht auf Pflegschaftsrecht
- § 2041 BGB: Schadensersatzansprüche gegen den Pfleger fallen in den Nachlass
- § 2039 BGB: Jeder Miterbe kann Ansprüche gegen den Pfleger geltend machen
🛠️ 2. Was schuldet ein Nachlasspfleger?
Ein Nachlasspfleger muss:
- den Nachlass sichern und verwalten
- Forderungen einziehen, Fristen wahren
- Nachlassgegenstände erfassen und ggf. veräußern
- Nachlassgläubiger informieren (§ 2012 BGB)
- Steuererklärungen abgeben und Steuerforderungen erfüllen (§§ 31–32 ErbStG, § 69 AO)
⚠️ Versäumt der Nachlasspfleger diese Pflichten schuldhaft, haftet er für den daraus entstehenden Schaden – nicht nur gegenüber Erben, sondern teilweise auch gegenüber Dritten wie dem Finanzamt.
⚠️ 3. Haftung gegenüber Erben – das gesetzliche Schuldverhältnis
Mit Bestellung entsteht zwischen dem Nachlasspfleger und dem Erben ein gesetzliches Schuldverhältnis.
🔹 Der Pfleger haftet:
- für fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen
- analog § 1833 BGB und § 1826 BGB
- auch für das Verschulden von Gehilfen oder Mitarbeitern
Beispiel: Der Pfleger unterlässt es, eine werthaltige Forderung des Erblassers geltend zu machen. Dadurch geht ein erheblicher Vermögenswert verloren – der Erbe kann Schadensersatz verlangen.
🧾 4. Haftung gegenüber dem Staat (Finanzamt)
Auch das Finanzamt kann den Nachlasspfleger in Anspruch nehmen:
- Bei Nichtzahlung der Erbschaftsteuer trotz ausreichender Mittel (§ 69 AO, § 20 Abs. 6 ErbStG)
- Bei unterlassener Steuererklärung trotz Verpflichtung (§ 31 Abs. 6 ErbStG)
- Bei unzulässiger Auskehrung ins Ausland
❗ Wichtig: Die Nachlässigkeit des Pflegers führt zu einer persönlichen Haftung gegenüber dem Fiskus.
⚖️ 5. Haftung gegenüber Nachlassgläubigern – eher selten
Gegenüber Nachlassgläubigern besteht eine nur eingeschränkte Haftung:
- Bei Verletzung der Auskunftspflicht (§ 2012 BGB)
- Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung
- Nicht jedoch nach § 1985 BGB (dies gilt nur für Nachlassverwalter!)
→ Gläubiger müssen sich regelmäßig an den Erben halten, der für Verschulden des Pflegers nach § 278 BGB haftet – aber die Haftung auf den Nachlass beschränken kann.
🔍 6. Devastativhaftung – wenn der Pfleger den Nachlass „zerstört“
Unter dem Begriff „Devastativhaftung“ versteht man die Haftung für eine pflichtwidrige Substanzschädigung des Nachlasses.
Beispiel: Der Nachlasspfleger veräußert wertvolle Gegenstände unter Marktwert, versäumt Fristen, oder lässt wertvolle Forderungen verjähren.
In solchen Fällen haftet er den Erben persönlich – unabhängig davon, ob das Nachlassgericht seine Maßnahmen zuvor genehmigt hat. Die Erhaben haben gegenüber Nachlassgläubigern für das Verschulden des Nachlasspflegers, der ihr „gesetzlicher Vertreter“ ist ( § 278 BGB) einzustehen.
👥 7. Mehrere Nachlasspfleger – gesamtschuldnerische Haftung
Sind mehrere Pfleger bestellt, haften sie für einen gemeinsam verursachten Schaden als Gesamtschuldner (§ 1826 Abs. 2 BGB analog). Jeder kann für den gesamten Schaden in Anspruch genommen werden.
📌 Fazit: Pflichtbewusstes Handeln schützt vor Haftung
Was muss der Nachlasspfleger tun? | Was passiert bei Pflichtverletzung? |
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Nachlass sichern, verwalten, Forderungen einziehen, Fristen wahren, Steuerpflichten erfüllen | Schadensersatzpflicht gegenüber dem Erben oder dem Staat – bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit |
Ein Nachlasspfleger trägt eine hohe Verantwortung – wird diese nicht mit der erforderlichen Sorgfalt wahrgenommen, kann das teuer werden.