Notarielles Nachlassverzeichnis: Was hat Notar zu ermitteln? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht.
Notarielles Nachlassverzeichnis: Was hat Notar zu ermitteln?
Der Pflichtteilsberechtigten hat gegen die Erben einen Anspruch auf Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Nachlassverzeichnisses. Dabei haben Notare den Nachlassbestand selbständig zu ermitteln, dürfen also nicht lediglich Verzeichnisse, die ihnen von den Erben vorgelegt werden, übernehmen.
Das Oberlandesgericht Koblenz
hat in einer grundlegenden Entscheidung (OLG Koblenz ZEV 2014, 308) die denkbaren Ermittlungspflichten des Notars beispielsweise wie folgt zusammengefasst:
- Der Notar muss den Grundbesitz des Erblassers durch Grundbuchabfragen eigenständig ermitteln
- Einsichtnahme in die vollständigen Kontoauszüge, Sparbücher und vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehnjahreszeitraum vor dem Tod des Erblassers
- Einholung einer Vollmacht des Auskunftsverpflichteten, damit der Notar bei Bankinstituten (einschließlich Sparkassen), die in der Nähe des letzten Wohnsitzes des Erblassers eine Zweigstelle unterhalten, anfragen kann, ob im genannten Zehnjahreszeitraum eine Kundenverbindung zum Erblasser bestanden hat, nebst entsprechender Anfrage
- Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Abverfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Verfügungen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen könnten.
- Veranlassung der Einholung von Bewertungsgutachten durch den Auskunftsverpflichteten
- Überprüfung eingeholter Wertgutachten auf Plausibilität
Der Entscheidung des OLG Koblenz hat sich auch das OLG Stuttgart angeschlossen (ZErb 2016, 107), indem es auch den Erben im Rahmen der Erfüllung einer privaten Auskunft (also privates und kein notarielles Nachlassverzeichnis) diese Pflichten auferlegt hat.