Zehn Jahre

ROK BGB § 0528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

BGB § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers

1. Allgemeines

Eine Schenkungsrückforderung durch den Sozialhilfeträger ist möglich, wenn der Schenker innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung verarmt. Das ist der Fall, wenn er für sich selbst oder für Unterhaltsberechtigten den Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann.

§ 528 BGB Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers
  (1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.
  (2) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

§ 529 BGB Ausschluss des Rückforderungsanspruchs
  (1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.

  (2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.

2. Ab wann beginnt die Zehnjahresfrist bei einer Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers zu laufen?

Frage: Mein Vater hat mir vor 9 Jahren und 11 Monaten sein Grundstück geschenkt. Damals blieb die Sache beim Grundbuchamt fast zwei Jahre liegen, ehe die Eintragung erfolgte. Mein Vater wird wohl im nächsten Jahr in eine Heim müssen. Ich habe gelesen, dass die Grundstücksschenkung für mich gesichert ist, wenn seit der Schenkung zehn Jahre vergangen sind. Ich weiß, dass eine Grundstücksschenkung erst dann vollzogen ist, wenn der neue Erwerber im Grundbuch eingetragen ist. Sind jetzt also erst 7 Jahre und 11 Monate oder schon 9 Jahre und 11 Monate seit der Schenkung vergangen?

Antwort: Normalerweise ist es richtig, dass bei der Schenkung von Grundstücken die Umschreibung im Grundbuch maßgeblich ist. Der Bundesgerichtshof hat aber in 2011 entschieden, dass bei einer Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers der Zeitpunkt entscheidend ist, in dem der Antrag des Grundstücksübernehmers auf Umschreibung beim Grundbuchamt eingeht. In Ihrem Fall sind also schon 9 Jahre und 11 Monate vorbei.

Das Gericht hat folgende Leitsätze aufgestellt (BGH, Urteil vom 19.07.2011 – X ZR 140/10):

1. Bei der Schenkung eines Grundstücks genügt es zur Leistung des geschenkten Gegenstandes im Sinne von § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB, dass der Beschenkte nach dem formgerechten Abschluss des Schenkungsvertrages und der Auflassung einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt eingereicht hat.

2. Der Beginn der in § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB vorgesehenen Zehnjahresfrist wird nicht dadurch gehindert, dass sich der Schenker an dem verschenkten Grundstück ein lebenslanges Nutzungsrecht vorbehält.

3. Schenkungsgegenstand wäre beim Schenker Schonvermögen

Dem Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers und der Überleitung dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe im Hinblick auf die von diesem dem Schenker geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt steht es nicht entgegen, dass das Geschenk, wenn es beim Schenker verblieben wäre, zu dessen Schonvermögen gehört hätte (BGH, Urteil vom 19. 10. 2004 – X ZR 2/03).
Dieses Ergebnis ist nach dem BGH nicht unbillig. Es beruht darauf, dass das Schenkungsrecht einerseits und das Sozialhilferecht andererseits in sich geschlossene Rechtssysteme mit unterschiedlich ausgestalteten und an unterschiedlichen Maßstäben ausgerichteten Billigkeitsregelungen bilden. Das Schenkungsrecht bietet in§ 529 Abs. 2 BGB eine solche Regelung. Danach ist der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ausgeschlossen, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesgemäßer Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflicht gefährdet wird. Liegen diese Punkte nicht vor, so kann das Geschenk vom Sozialleistungsträger zurückgefordert werden bzw. die Zahlung der monatlichen Sozialleistungen bis zum Wert des Schenkungsgegenstandes verlangt werden.

4. Keine Rückforderung bei Ausstattung

Eine Ausstattung im Sinne des § 1624 BGB ist keine Schenkung (soweit keine Übermaßausstattung, die bezogen auf das Übermaß eine Schenkung darstellt, vorliegt) so dass hier kein Rückforderungsanspruch besteht.

§ 1624 BGB Ausstattung aus dem Elternvermögen
  (1) Was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine Verpflichtung nicht besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt.

 

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