Stundung der Erbschaftsteuer: Zinslos oder zu 6 Prozent. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Stundung der Erbschaftsteuer: Zinslos oder zu 6 Prozent
Bei der Stundung von Erbschaft- und Schenkungsteuer sind zu unterscheiden
- die allgemeine Stundung nach § 222 AO, die im Ermessen der Finanzverwaltung steht und
- die erbschaft- und schenkungssteuerliche Stundung nach § 28 ErbStG, auf die ein Rechtsanspruch besteht.
1. Stundung nach § 222 AO
Mit der Stundung wird die Fälligkeit der Steuerschuld zeitlich nach hinten geschoben. Für die Dauer der Stundung entstehen die sogenannten Stundungszinsen i.H.v. 6 % per anno.
Die Erbschaftsteuerschuld kann gestundet werden, wenn einziger Nachlassgegenstand ein Hausgrundstück ist und die Erben der Steuerklasse II oder III das Haus verkaufen müssen, um die Erbschaftsteuer zahlen zu können.
§ 222 AO Stundung
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.§ 234 AO Stundungszinsen
(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtig, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.
(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.
(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.§ 238 AO Höhe und Berechnung der Zinsen
(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.
(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.
2. Stundung der Erbschaftsteuer nach § 28 ErbStG
Bei Erwerben von Todes wegen (also Erbschaft oder Vermächtnis) ist für folgende Objekte die Erbschaftsteuer zinslos auf bis zu zehn Jahre zu stunden (bei Schenkungen verzinslich):
- Gewerbebetrieb, wenn Erbschaftsteuer existenzgefährdend
- land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, wenn Erbschaftsteuer existenzgefährdend
- bei Grundstück, das zu Wohnzwecken vermietet ist, wenn Mietwohnung oder Mietshaus verkauft werden müsste, damit der Erbe die Erbschaftsteuer bezahlen kann
- Ein- oder Zweifamilienhaus bzw. eine Eigentumswohnung gehört, die der Erbe selbst bewohnt wenn der Erbe zur Begleichung der Erbschaftsteuer die Immobilie verkaufen müsste
§ 28 ErbStG Stundung
(1) Gehört zum Erwerb Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen, ist dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zu stunden, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Die §§ 234 und 238 der Abgabenordnung sind anzuwenden; bei Erwerben von Todes wegen erfolgt diese Stundung zinslos. § 222 der Abgabenordnung bleibt unberührt.
(2) Absatz 1 findet in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 entsprechende Anwendung.
(3) Gehört zum Erwerb begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13c Abs. 3 (Wohnmietimmobilie), ist dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zu stunden, soweit er die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann. Satz 1 gilt entsprechend, wenn zum Erwerb ein Ein- oder Zweifamilienhaus oder Wohneigentum gehört, das der Erwerber nach dem Erwerb zu eigenen Wohnzwecken nutzt, längstens für die Dauer der Selbstnutzung. Nach Aufgabe der Selbstnutzung ist die Stundung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 weiter zu gewähren. Die Stundung endet in den Fällen der Sätze 1 bis 3, soweit das erworbene Vermögen Gegenstand einer Schenkung im Sinne des § 7 ist. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
3. Gut zu wissen
Die Entscheidung des BVerfG aus 2021 wonach der Zinssatz von 6 % verfassungswidrig ist, gilt nicht für Stundungszinsen.