💍 Familienrechtliche Ausschlagung bei Zugewinngemeinschaft
👩👩👧👦 Erbrechtliche Optionen des Ehegatten
Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, bietet das Gesetz dem überlebenden Ehegatten verschiedene Möglichkeiten, auf den Erbfall zu reagieren. Diese sind teilweise an strenge Form- und Fristenregelungen geknüpft und bergen erhebliche Risiken.
💰 Gesetzliche Erbfolge: Wahlrecht des Ehegatten
Bei gesetzlicher Erbfolge kann der Ehegatte zwischen zwei Varianten wählen:
- „Erbrechtliche“ Lösung: Annahme des gesetzlichen Erbteils.
→ Neben Abkömmlingen erhält der Ehegatte ¼ + ¼ (pauschaler Zugewinnausgleich) = ½ des Nachlasses. - „Güterrechtliche“ Lösung: Ausschlagung der Erbschaft mit Geltendmachung:
- des konkret berechneten Zugewinnausgleichs (§ 1378 BGB) beim Familiengericht,
- und des kleinen Pflichtteils (½ vom nicht erhöhten Erbteil, z. B. ⅛ bei Kindern) beim Prozessgericht.
Die konkrete Zugewinnausgleichsforderung ist vorab vom Nachlass abzuziehen, ehe der Pflichtteil berechnet wird.
📝 Testamentarische Zuwendung
Wird der Ehegatte durch Testament mit einer Zuwendung (Erbteil oder Vermächtnis) bedacht, hat er folgende Wahl:
- ✅ Zuwendung annehmen:
Ist der Wert der Zuwendung geringer als der „große Pflichtteil“, kann der Ehegatte eine Aufstockung auf Pflichtteilsniveau verlangen (§§ 2305, 2307 BGB).
➤Es besteht dann kein Anspruch auf Zugewinnausgleich! - ❌ Zuwendung ausschlagen:
→ Geltendmachung von „kleinem Pflichtteil“ und konkretem Zugewinnausgleich.
➤ Aber: Verlust der Beteiligung am Nachlass und gegebenenfalls Anrechnung von Vorausempfängen (§ 1380 BGB).
Formvorschriften:
- Erbteil: Ausschlagung frist- und formgebunden (§§ 1944, 1945 BGB).
- Vermächtnis: Ausschlagung formlos, aber erklärungsbedürftig gegenüber dem Erben (§ 2180 BGB).
🔒 Der enterbte Ehegatte
Ist der Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer, steht ihm ausschließlich die güterrechtliche Lösung zu:
→ Kleiner Pflichtteil + konkreter Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 2 BGB).
Ein Wahlrecht besteht nicht.
💡 Praxishinweis
Die rechtzeitige und rechtlich fundierte Beratung innerhalb der kurzen Ausschlagungsfrist ist entscheidend.
Der Anwalt muss den Nachlasswert und den Zugewinn beider Ehegatten möglichst genau beziffern, um die finanziell günstigere Option zu identifizieren.
Bei Versäumnis der Ausschlagung kann unter Umständen Anfechtung wegen Irrtums über die Rechtsfolgen (§ 119 BGB) möglich sein.
🧠 Taktische Ausschlagung zur Pflichtteilsreduzierung
In bestimmten Fällen kann eine Ausschlagung durch den Ehegatten die Pflichtteilslast gegenüber Dritten (z. B. Kindern aus früherer Ehe) mindern.
Beispiel:
- Nachlasswert: 1,2 Mio. €
- Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten: 600.000 €
- Pflichtteilsberechtigter: voreheliches Kind (neben zwei Kindern aus zweiter Ehe des Erblassers)
➡️ Überlebender Ehegatte nimmt Erbschaft an → Pflichtteil Kind: 1/12 von 1,2 Mio. € = 100.000 €
➡️ Ehegatte schlägt Erbschaft aus → Zugewinn als Nachlassverbindlichkeit 1,2 Mio abzgl. 600.000 = 600.000 → Pflichtteil Kind: 600.000 € x 1/8 = 75.000 €
Achtung: Der Ehegatte verliert durch Ausschlagung Eigentumsrechte, z. B. an gemeinsamen Immobilien. Die Ausschlagung sollte daher nur in besonders gut abgestimmten Fällen erfolgen, z. B. wenn die Ersatzerben (zumeist die Kinder) mit dem Ehegatten kooperieren.