Was bedeutet, dass „der Erbe zum Gesamtrechtsnachfolger berufen“ ist?. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Die testamentarische Zuwendung des Hauses kann eine Erbeinsetzung darstellen, wenn das Vermögen des Erblassers im wesentlichen nur aus dem Haus besteht
Was ist damit gemeint, wenn davon die Rede ist, dass „der Erbe zum Gesamtrechtsnachfolger berufen“ ist?
Nur der oder die Erben sind zur Gesamtrechtsnachfolge berufen, sei es als auf den ganzen Nachlass sei es nur auf einen Bruchteil desselben. Nur auf den / die Erben geht das Vermögen mit seinem Tod einheitlich und unmittelbar über – und nur das Gesamtvermögen kann unmittelbar übergehen.
Wer nur einen Gegenstand aus dem Nachlass bekommen soll, ist nur Vermächtnisnehmer und nicht Erbe. Der Vermächtnisnehmer erwirbt den Vermächtnisgegenstand nicht unmittelbar mit dem Tod des Erblassers, sondern hat nur einen Anspruch gegen den Erben auf Leistung des Gegenstandes.
§ 2087 BGB Zuwendung des Vermögens, eines Bruchteils oder einzelner Gegenstände
(1) Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.
(2) Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist.
Entsprechend dem allgemeinen Grundsatz für die Auslegungen von Testamenten, wonach allein auf den Willen und nicht auf den Ausdruck abzustellen ist, ist für die Erbeinsetzung der Gebrauch bestimmter Worte nicht erforderlich.
Zum Beispiel ist die Verfügung
„Was von meinem Nachlass beim Tode des Längerlebenden meiner beiden Vorgenannten Erben noch übrig ist, vermache ich meiner Schwester Gabriele“
eine Nacherbeneinsetzung der Schwester Gabriele auf den Überrest. Nach dem Tod des Erstversterbenden der beiden Vorerben geht dessen Erbteil zunächst an den Längstlebenden von Ihnen als Nacherben (RGZ 152, 190).
Es ist also nicht erforderlich, dass der Berufene als Erbe bezeichnet wird, und zwar schon deshalb weil im allgemeinen Sprachgebrauch vererben und vermachen synonym verwendet werden (was falsch ist). Entscheidend ist allein, ob der Erblasser den Betreffenden als Gesamtnachfolger in den Nachlass allein oder zusammen mit anderen berufen will. Wendet er ihm nur einen bestimmten Gegenstand zu, so spricht das gegen eine Erbeinsetzung und für eine Vermächtnis.
Die Verfügung
„Ich, Klara Sch., ernenne zu meinen Erben 1. meinen Ehemann. 2. meine vor Eingehung meiner ersten Ehe geborene Tochter Ida K., 3. meine Tochter Anna aus meiner ersten Ehe. Ich bestimme, dass meine zu 2 und 3 genannten Kinder aus meinem Nachlass nicht mehr, als den gesetzlichen Pflichtteil, und zwar in Bargeld, erhalten. Den Verkauf von Nachlassgegenständen zu verlangen, sind meine Töchter also nicht befugt.“
ist nicht als Erbeinsetzung der Töchter anzusehen, obwohl die Töchter Anna und Ida als Erben bezeichnet sind. Ihnen ist nur der Pflichtteil, und zwar nicht als Bruchteil des Nachlasses, sondern als eine bestimmte, nach dem Nachlasswert zu berechnende Summe hinterlassen. Die Erblasserin hat ihren Töchtern den Pflichtteil nicht in Form einer Erbeinsetzung, sondern als Vermächtnis hinterlassen. Damit sind sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Da im Fall der Ehemann vorverstorben war wurden die eigenen Kinder von Ida und Anna gesetzliche Erben ihrer Großmutter Klara (RGZ 61, 14).
Auch die Zuwendung nur eines Gegenstandes kann als Erbeinsetzung nach den besonderen Umständen des Falles anzusehen sein, wenn das Vermögen des Erblassers im wesentlichen nur aus ihm bestand.
Die Verteilung des Nachlasses nach Gegenstandsgruppen, z.B. durch die Verfügung
„A soll mein Grundvermögen, B meine Wertpapiere bekommen.“
bedeutet in der Regel Erbeinsetzung verbunden mit einer Teilungsanordnung, wobei die Größe der Erbteile sich nach dem Verhältnis der zugewendeten Vermögensteile bestimmt (kann aber auch ein Vorausvermächtnis darstellen).
Andererseits baucht auch die Zuwendung eines Bruchteils des Nachlasses nicht unter allen Umständen eine Erbeinsetzung zu bedeuten, so wenn der Erbe dem Bedachten eine dem Bruchteil entsprechende Summe auszahlen soll. Dann liegt ein sogenanntes Quotenvermächtnis vor.
Die Zuwendung des Pflichtteils ist im Zweifel nicht Erbeinsetzung auf den hälftigen gesetzlichen Erbteil.
§ 2304 BGB Auslegungsregel
Die Zuwendung des Pflichtteils ist im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen.
Ob die Pflichtteilszuwendung als Vermächtnis oder nur als Anerkennung des gesetzlichen Anspruchs aufzufassen ist, ist Auslegungsfrage.
Für die Frage, ob Erbeinsetzung oder Vermächtnis vorliegt, ist der Wert der Zuwendung nicht allein entscheidend. Dem Erben kann nämlich auferlegt sein, den gesamten Nachlass an Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigte weiterzugeben.
Werden bei der Erbeinsetzung bestimmte Gegenstände ausgenommen, ohne dass gesagt ist, wer sie erhalten soll, so fallen sie den gesetzlichen Erben als Vermächtnisnehmern zu.
§ 2149 BGB Vermächtnis an die gesetzlichen Erben
Hat der Erblasser bestimmt, dass dem eingesetzten Erben ein Erbschaftsgegenstand nicht zufallen soll, so gilt der Gegenstand als den gesetzlichen Erben vermacht. Der Fiskus gehört nicht zu den gesetzlichen Erben im Sinne dieser Vorschrift.