Wie lange kann ich eine Erbschaft ausschlagen? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Wie lange kann ich eine Erbschaft ausschlagen?
Grundsätzlich beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Wochen,
sie kann aber auch sechs Monate betragen. Schauen wir ins Gesetz:
§ 1944 BGB Ausschlagungsfrist
(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.
(3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.
Die normale Ausschlagungsfrist von sechs Wochen beginnt
also erst mit Kenntnis des Erben vom Anfall und vom Grund der Berufung. Der Erbe hat Kenntnis vom Anfall der Erbschaft sobald er um den Tod oder eine Todeserklärung des Erblassers weiß. Kenntnis vom Grund der Berufung setzt voraus, dass man weiß, dass man entweder durch Gesetz, Erbvertrag oder Testament zum Erben berufen wurde.
Handelt es sich um den Berufungsgrund der gesetzlichen Erbfolge muss dem Erben sein Verhältnis zum Erblasser als Verwandter oder Ehegatte bekannt sein. Zusätzlich ist die Kenntnis vom Tod des Erblassers erforderlich, damit die Ausschlagungsfrist beginnt.
Bei einer Berufung durch Verfügung von Todes wegen muss dem Erben das Vorhandensein und der ihn betreffende Inhalt der Verfügung von Todes wegen bekannt sein.
Ausschlagung durch Bevollmächtigten
Soll ein Bevollmächtigter die Erbschaft ausschlagen, braucht er eine von einem Notar öffentlich beglaubigte Vollmacht des vorläufigen Erben. Eine einfache Vollmacht oder eine Anwaltsvollmacht reichen also nicht.
§ 1945 BGB Form der Ausschlagung
(1) Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht; die Erklärung ist zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
(2) Die Niederschrift des Nachlassgerichts wird nach den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes errichtet.
(3) Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. Die Vollmacht muss der Erklärung beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgebracht werden.
Ausland
Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland oder hielt sich der Erbe beim Beginn der Ausschlagungsfrist im Ausland aus, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.
Ausschlagung auch am Wohnsitz des Ausschlagenden möglich
Die Ausschlagung kann neben dem Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers auch beim Nachlassgericht am Wohnsitz des Ausschlagenden erklärt werden.