Pflichtteil: Was darf ich abziehen?
Wer als Kind im Testament nichts erhält oder weniger als seinen Pflichtteil bekommt, kann seinen Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil ist ein Bruchteil, nämlich die Hälfte des normalen Erbteils nach dem Gesetz. Wenn also der verwitwete Elternteil stirbt und ein Kind erbt alles und das andere von zwei Kindern nichts, kann das enterbte Kind dennoch seinen Pflichtteil in Geld verlangen, nämlich die Hälfte von 1/2, also 1/4 des Nachlasswertes in Geld.
Die Pflichtteilsquote ist schnell errechnet (hier im Beispiel 1/4). Aber wie errechnet sich der Nachlasswert. Das ist oft das eigentlich Streitthema. Wie sind die Nachlassimmobilien zu bewerten? etc. Darüber hinaus stellt sich die Frage welche Positionen vom Nachlasswert abgezogen werden dürfen, also Schulden etc. und welche nicht.
Wir geben hier eine Übersicht:
- Schulden des Erblassers können abgezogen werden (z.B. Darlehensschulden, noch offene Arztrechnungen, etc.)
- Kosten der gerichtlich angeordneten Nachlasspflegschaft und Nachlasssicherung sind abzuziehen
- Kosten einer Testamentsvollstreckung können grundsätzlich nicht abgezogen werden, um den Nachlass und damit den Pflichtteil zu mindern. Sie können ausnahmsweise dann abgezogen werden, wenn und soweit sie auch für den Pflichtteilsberechtigten von Vorteil sind. Dies ist dann der Fall, wenn durch den Testamentsvollstrecker der Nachlass ermittelt, festgestellt und gesichert werden kann (BGH NJW 2009, 1143). Auch kann Erblasser einem Testamentsvollstrecker den Aufgabenkreis der „Regulierung von Pflichtteilsansprüchen“ übertragen (BGH NJW 2015, 59). Da diese Testamentsvollstreckung im Interesse des Pflichtteilsberechtigten liegt, , sind die dadurch entstehenden Kosten des Testamentsvollstreckers abzuziehen.
- Prozesskosten und Rechtsanwaltskosten, die für die Feststellung des Nachlassbestands entstehen, erfolgen auch im Interesse des Pflichtteilsberechtigten und sind abzugsfähig (Staudinger, § 2311 Rn. 76). Wird im Erbscheinverfahren um die Erbenstellung gestritten, sind die dadurch entstandenen Kosten abzuziehen, wenn sie vom Pflichtteilsberechtigten veranlasst werden (BeckOK BGB, § 2311 Rn. 13) ). Nicht abzuziehen sind allerdings die Anwaltskosten, die entstehen, weil der Erbe einen Anwalt zur Regulierung des Pflichtteils eingeschaltet hat, weil die Einschaltung des Anwalts zuvörderst der Abwehr der Pflichtteilsansprüche dienen soll ((OLG Düsseldorf BeckRS2016, 126576).
- Erbscheins- und Testamentseröffnungskosten können nicht abgezogen werden, weil der Erbschein nur dem Erben nützt.
- Erbschaftsteuern und Steuerberaterkosten können nicht abgezogen werden.