Auslegung eines Ehegatten-Testaments nach Scheidung einer DDR-Ehe. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Auslegung eines Ehegatten-Testaments nach Scheidung einer DDR-Ehe
Zur Frage, wie ein Ehegattentestament auszulegen ist, das zu DDR-Zeiten errichtet wurde, die Ehe noch vor der Wiedervereinigung geschieden wurde und der Tod des Erblassers nach der Wiedervereinigung eintrat, hat das OLG Dresden am 10. September 2009 (Az.: 3 W 673/09) Stellung genommen.
Nach Auffassung des OLG Dresden ist die BGB-Auslegungsregel in § 2077 BGB auch für eine solches „DDR-Testament“ heranzuziehen:
§ 2077 BGB: Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen bei Auflösung der Ehe oder Verlobung
(1) Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes berechtigt war, die Aufhebung der Ehe zu beantragen, und den Antrag gestellt hatte.(2) Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Verlobten bedacht hat, ist unwirksam, wenn das Verlöbnis vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.
(3) Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde.
Die Leitsätze des OLG-Beschlusses lauten:
1. Im Erbscheinserteilungsverfahren kann der Beteiligte, dessen Beschwerde gegen einen Vorbescheid zurückgewiesen worden ist, auch noch nach anschließend erfolgter Erteilung des entsprechenden Erbscheins weitere Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und der Einziehung des erteilten Erbscheins einlegen.
2. Zur Auslegung eines nicht widerrufenen Testaments, mit dem der Erblasser seinen Ehegatten kurz nach der Heirat zum Alleinerben und dessen Kinder zu Ersatzerben berufen hat, in Fällen späterer Scheidung der Ehe.
3. Das Fehlen einer § 2077 BGB entsprechenden Regelung im Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB-DDR) steht, wenn die Ehe vor der Wende geschieden wurde und der Erblasser nach dem Beitritt verstorben ist, einer Auslegung des unter Geltung des ZGB errichteten Einzeltestaments nach Maßgabe dieser dispositiven Auslegungsregel des BGB nicht entgegen. Entbehrlich wäre eine Auslegung nur, wenn die Erbeinsetzung des Ehegatten, was ernstlich in Betracht kommt, mit Scheidung der Ehe analog der Bestimmung für das gemeinschaftliche Testament in § 392 Abs. 3 ZGB schon zu DDR-Zeiten endgültig hinfällig geworden wäre.
Für Experten: §§ 2077, 2268 BGB, Artikel 235 EGBGB, § 392 Abs. 3 ZGB-DDR und § 27 FGG