Zur Sittenwidrigkeit eines sogenannten „Bedürftigentestaments“. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Zur Sittenwidrigkeit eines sogenannten „Bedürftigentestaments“
Das Sozialgericht Dortmund hat in einem umstrittenen Urteil am 25.09.2009 – Az. S 29 AS 309/09 – entschieden, dass „einiges dafür spreche“, dass das Bedürftigentestament sittenwidrig sei.
Ein Antragsteller bezüglich Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II ist gehalten, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seines Hilfsbedürftigkeit auszuschöpfen. Hierzu gehört auch die Anfechtung eines sogenannten Bedürftigentestaments (Anordnung der Vor- und Nacherbfolge in Verbindung mit Dauertestamentsvollstreckung), weil einiges dafür spricht, dass diese sittenwidrig ist. Jedenfalls kann die Rechtsprechung des BGH zu den sog. Behindertentestamenten nicht ohne weiteres auf einen Antragsteller übertragen werden, der nicht behindert und in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen und – sofern er einen Arbeitsplatz findet – seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu fristen.
Die Entscheidung des SG Dortmund ist abzulehnen. Ein Bedürftigentestament ist nicht anders zu behandeln wie ein Behindertentestament. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise, dürfte inzwischen auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sprechen.
BSG (14. Senat), Urteil vom 17.02.2015 – B 14
Bei der Beurteilung, ob ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach Kindergeldrecht besteht, kann der Verwertbarkeit eines Erbes als bereites Mittel eine vom Erblasser angeordnete Dauertestamentsvollstreckung entgegenstehen.
Das Urteil des BSG ist abgedruckt in ZEV 2015, 484