Gibt es im Moment im Erbrecht Handlungsbedarf?
Ja, vor allem bei den Hausübergaben. Aktuell macht mir vor allem die fulminante Entwicklung der Immobilienpreise im Vergleich zu den Freibeträgen bei der Erbschaftsteuer Sorgen. Die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen sind seit 2015 um rund 40 Prozent gestiegen und es ist kein Ende in Sicht. Bei Versteigerungen werden die jetzt ohnehin schon hohen Schätzpreise sehr oft um bis zu 30 Prozent überboten. Das billige Geld und die Wohnungsnot schlagen voll auf dem Immobilienpreis durch und diese Entwicklung wird sich bis 2030 fortsetzen. Es kann einem schwindelig dabei werden. Der Freibetrag für ein Kind beim Erben liegt aber nach wie vor bei 400.000 pro Kind. Das reicht oft nicht mehr, so dass kluge und steuersparende Übertragungen angedacht werden müssen. Die Faustregel: Kinderzahl mal 400.000 Euro Vermögenswerte. Wer mehr an Vermögen hat, sollte unbedingt zum Fachanwalt für Erbrecht. Sonst schlägt der Fiskus zu.
Ist das Berliner Testament immer noch so beliebt wie früher?
Auf jeden Fall, aber …. Die Grundüberlegung ist bei den Testamentsschreibern immer noch, dass man den länger lebenden Ehegatten absichern will und dann die Kinder erben sollen. Aber heute funktioniert das nicht mehr so, dass man einfach ein klassisches Berliner Testament abschreibt. Jede Familie braucht einen erbrechtlichen Maßanzug. Die Familien- und Vermögensverhältnisse sind viel komplizierter als vor zwanzig oder dreißig Jahren. Wir haben heute Familien mit Kindern aus mehreren Beziehungen, was zu pflichtteilsrechtlichen Problemen führt. Die Vermögen sind größer, so dass die Erbschaftsteuer immer stärker in den Fokus rückt. Die Großelterngeneration will heute verstärkt, dass zwar ihr Kind erbt, aber danach die Enkelkinder erben sollen und nicht das Schwiegerkind, so dass die Vor- und Nacherbfolge eine Renaissance erlebt. Es ist vieles komplizierter, aber auch spannender geworden.
Werden heute erbrechtliche Familienkriege durch Mediation vermieden?
Die Streitbereitschaft und Prozesslust ist größer denn je. Mediationen machen eigentlich nur da Sinn, wo wirklich die echte Bereitschaft besteht, ein Erbe schnell und friedenstiftend auseinanderzusetzen. Ich bin ehrlich gesagt froh darum, dass wir in Baden-Württemberg bei den Gerichten keine vorgeschaltete Zwangsmediation haben. Unsere Richterschaft ist im Erbrecht exzellent ausgebildet und in der Lage, leidvolle Familienstreitigkeiten vernünftig zu beenden. Ich rate meinen Mandanten immer ihre für alle Familienmitglieder sehr belastenden Erbangelegenheiten so schnell wie möglich zu Gericht zu bringen. Vor dem Gericht werden viele Soziopathen wenigstens ansatzweise vernünftig. Der erfahrene Richter hat im Unterschied zum Mediator auch die nötigen Druckmittel um Familienfehden zu Ende bringen. Letztlich ist viel erreicht, wenn es uns Juristen gelingt, auseinanderzubringen, was einfach nicht mehr zusammenpasst. Das ist besser als über Jahre hinweg in einer emotional und finanziell belastenden Erbengemeinschaft auszuharren. Das macht die Menschen kaputt.
Wie sollte man für den Ernstfall vorsorgen?
Zuallererst durch Testament, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Dann kann man sich in Ruhe überlegen, ob eine vorweggenommene Erbfolge sinnvoll ist, und wie man dabei die Elterngeneration absolut absichert. Das ist das A und O. Die Eltern haben ja schließlich alles erarbeitet. Hat jemand keine Menschen, denen er absolut vertrauen kann, ist zu überlegen ob man statt einer Vorsorgevollmacht nicht besser eine Betreuungsverfügung errichtet. Dann steht der spätere Vermögensverwalter unter gerichtlicher Aufsicht.
Wie sehen Sie Ihre Aufgabe als Fachanwalt für Erbrecht?
Das kommt natürlich auf die Aufgabenstellung an. Im Grunde befinde ich mich in der Rolle des erfahrenen Bergführers, der den Erbrechtsgletscher seit Jahren kennt. Meine Aufgabe ist es, meine Mandanten sicher und gesund über den Berg zu führen. Dieser Weg kann lang und gefahrvoll sein, so dass man verschiedene Rollen zu bekleiden hat. Man ist mit diesem gefährlichen Terrain seit Jahren vertraut, hat dabei aber auch oft die Rolle des Seelsorgers, Mutmachers und gelegentlich auch eines Schlachtrosses inne, das alles daran setzt die Mandanten mit viel Geduld und Umsicht ans Ziel zu bringen. Bei der Vermögensübergabe sind die steuerlichen Minenfelder zu umgehen. Bei einem Pflichtteilsstreit ist eine solide Abarbeitung und Ermutigung der Mandanten angesagt. Bei der Testamentsgestaltung sind Vermögenssicherung, Problem- und Sorgenkinder und Streitvermeidung das Thema. Letztlich stelle ich mein Wissen und meine Erfahrung zur Verfügung, um für die Mandanten ein realistisches und solides Ergebnis zu erreichen.