Ausschlagung der Erbschaft zugunsten eines Dritten?
Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen
Man kann die Erbschaft nicht zugunsten eines bestimmten Dritten ausschlagen. Denn was man durch die Ausschlagung weggegeben hat, über das kann man nicht mehr verfügen.
Dazu folgender Fall:
Am 16.05.2009 starb die Mutter der Kinder A, B, C und D. Zu Erben waren in ihrem Testament die Kinder A, B, C und D zu je 1/4 berufen. Am 24.01.2012 stellte der in New York wohnende Sohn A eine Urkunde mit folgendem Inhalt aus:
Ich verzichte auf die mir auf den am 16.05.2009 erfolgten Tod meiner Mutter angefallene Erbschaft zugunsten meiner blinden Schwester B. Die auf der Urkunde befindliche Unterschrift des Sohnes A war öffentlich beglaubigt. Die Urkunde war in Deutschland entworfen und dem Sohn mit dem Auftrag zugesandt worden, dieselbe zu unterzeichnen und mit Beglaubigung seiner Unterschrift versehen, zurück zu senden. Der Aufenthalt des Sohnes konnte seitdem nicht mehr ermittelt werden.
Der Erbverzicht mit Ausschlagung zugunsten der Schwester B ist nicht wirksam. Der Sohn hat das Recht, die Erbschaft innerhalb von sechs Monaten auszuschlagen, nachdem er vom Erbfall und der Verfügung von Todes wegen erfährt, weil er im Zeitpunkt des Todes im Ausland lebte. Sonst beträgt die Ausschlagungsfrist nur sechs Wochen. Schlägt er aus, so fällt, wenn eine Verfügung von Todes wegen nicht vorliegt, sein Erbteil seinen Kindern und wenn er keine Kinder hat, seinen Geschwistern zu. Er kann nicht zugunsten eines einzelnen Miterben oder eines Fremden ausschlagen, denn wenn er ausschlägt, so entäußert er sich seines Erbteils, und was man weggibt, über das kann man nicht mehr verfügen. Entweder enthält also die Ausschlagung der mütterlichen Erbschaft eine Nichtannahme, sodass die nach dem Gesetz oder dem Willen des Erblassers berufenen Ersatzerben an die Stelle des Ausschlagenden einrücken, oder die Annahme der Erbschaft und die Veräußerung an den, dem der Erbe seinen Erbteil zukommen lassen will.
In unserem Fall wollte zweifellos der Sohn A seinen mütterlichen Erbteil annehmen und ihn sofort an seine Schwester B übertragen. Er wollte somit ein Rechtsgeschäft vornehmen, dessen obligatorische Seite sich nach §§ 2371, 2385 und nach § 2033 BGB richtet. Es bedurfte daher der Übertragungsvertrag nach § 2033 der notariellen Beurkundung. Diese fehlt, so dass die Übertragung nichtig ist.