BGH zur „vorweggenommenen Erbfolge“ im Pflichtteilsrecht. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby. Fachanwalt für Erbrecht, Deutschland.
Wichtiges BGH-Urteil zur „vorweggenommenen Erbfolge“ im Pflichtteilsrecht
Veröffentlicht am 17.03.2010
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 91/09
Verkündet am:
27. Januar 2010
a) Erfolgt eine Zuwendung „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“, ist für die Pflichtteilsberechnung im Auslegungsweg zu ermitteln, ob der Erblasser damit eine Ausgleichung gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB, eine Anrechnung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB oder kumulativ Ausgleichung und Anrechnung gemäß § 2316 Abs. 4 BGB anordnen wollte.
b) Ausschlaggebend für den Willen des Erblassers ist, ob mit seiner Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung festgelegt (Anrechnung) oder aber nur klargestellt werden sollte, dass der Empfänger lediglich zeitlich vorgezogen bedacht wird, es im Übrigen aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (Ausgleichung)
c) Genügen Erben im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast – soweit ihnen möglich – konkret zum Wert der Zuwendung vorzutragen, obliegt es dem Pflichtteilsberechtigten im Rahmen der ihn treffenden Auskunftspflichten diesem Vorbringen seinerseits substantiiert zu entgegnen.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 – IV ZR 91/09 – OLG Frankfurt/Main
LG Frankfurt/Main – 2 –
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2010
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 196.707,98 €
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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Der Kläger macht gegen seine Schwester (Beklagte zu 1) und deren Kinder (Beklagte zu 2 und 3) Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach der 2005 verstorbenen Mutter bzw. Großmutter der Parteien (Erblasserin) geltend.
2
Mit Vertrag vom 31. Dezember 1981 (Übergabevertrag) übertrug die Erblasserin mit Wirkung zum 1. Januar 1982 den 1965 von ihrem Ehemann (Vater bzw. Großvater der Parteien) geerbten und seitdem von ihr betriebenen Großhandel für Herrentextilien und Herrenaccessoires auf den Kläger. Die Übertragung erfolgte gemäß Nr. 7 des Übergabevertrages „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich“.
3
Der Kläger führte den Betrieb bis 1996 fort.
4
Durch notarielles Testament vom 4. Januar 1985 setzte die Erblasserin die Beklagten zu ihren Erben ein.
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Der Kläger berechnet seinen Pflichtteil zuletzt auf 190.742,98 € nach einem aufgrund erstinstanzlicher Beweisaufnahme von ihm angenommenen Nachlasswert von 762.871,93 €; hinzu komme eine Pflichtteilsergänzung in Höhe von 5.965 € aufgrund einer Schenkung der Erblasserin an die Beklagte zu 3 über 23.859,44 €.
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Die Beklagten sind der Auffassung, dem Kläger stünden wegen der Übertragung des Großhandelsbetriebes und wegen umfangreicher nach § 2057a BGB auszugleichender Sonderleistungen keine erbrechtlichen Ansprüche mehr zu. Nach Ansicht des Klägers hat dagegen der Betrieb bei Übertragung keinen Wert gehabt.
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Beide Vorinstanzen haben unter Berücksichtigung der Betriebsübertragung 1981 die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I. Das Berufungsgericht hält den Kläger wegen der ihm im Wege „vorweggenommener Erbfolge“ übergebenen Firma nach den §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB für ausgleichspflichtig. Mit Rücksicht darauf könnten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht festgestellt werden, selbst wenn zu seinen Gunsten von einem Nachlasswert von 762.871,93 € ausgegangen und keine Ausgleichung besonderer Leistungen der Beklagten zu 1 nach § 2057a BGB vorgenommen werde.
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Der Kläger habe den Vortrag der Beklagten, er habe bezogen auf den Todestag der Erblasserin mit dem ihm übertragenen Betrieb einen Vorempfang in Höhe von 400.000 € bis 450.000 € erhalten, nicht substantiiert bestritten. Zwar treffe die Beklagten die Beweislast für das Bestehen von Ausgleichspflichten. Der Kläger trage aber eine sekundäre Darlegungslast für den Wert der Zuwendung im Umfang seiner Auskunftspflicht gemäß § 2057 BGB. Der habe er nicht genügt, weil er die Unterlagen, die zur Feststellung des Unternehmenswertes mit betriebswirtschaftlicher Methode notwendig seien – vor allem die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten fünf Jahre vor dem Betriebsübergang – nicht vorgelegt habe.
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Sein Vortrag, er sei niemals im Besitz dieser Unterlagen gewesen, sei unglaubhaft. Selbst wenn ihm aber heute in Ermangelung weiterer noch vorhandener Unterlagen eine Substantiierung des Unternehmenswertes nicht möglich sein sollte, müsse ihm wegen schuldhafter Beweisvereitelung die Beweislast für einen die Klageforderung zumindest teilweise rechtfertigenden Wert der Zuwendung auferlegt werden. Eine Schätzung des Unternehmenswertes gemäß § 287 ZPO sowie weitere Sachaufklärung durch Vernehmung des Steuerberaters oder Einholung eines Sachverständigengutachtens scheide in Ermangelung belastbarer Anknüpfungstatsachen aus.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Bereits der Ansatz des Berufungsgerichts, der Kläger könne bei unentgeltlichen Zuwendungen im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“ – nur – gemäß § 2316 Abs. 1 BGB i.V. mit § 2050 Abs. 3 BGB ausgleichspflichtig sein, ist nicht frei von Rechtsirrtum. Das Berufungsgericht schließt damit die weiteren vom Gesetz in §§ 2315 Abs. 1 und 2316 Abs. 4 BGB vorgesehenen Möglichkeiten, wie Vorempfänge bei der Ermittlung von Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen sein können, von vornherein aus, ohne dass dafür eine Grundlage benannt wird oder sonst ersichtlich ist (1). Aber auch die nur unvollkommen angegebene und da-her nicht sicher nachvollziehbare Berechnung der Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ist rechtsfehlerhaft (2). Eine eigene Sachentscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO ist dem Senat mangels Entscheidungsreife nicht möglich (3).
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1. Ob und wie Vorempfänge sich auf eine Pflichtteilsberechnung auswirken, hängt zunächst davon ab, welche Anordnungen der Erblasser bei der Zuwendung getroffen hat.
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a) In Betracht kommen dafür erstens die Anordnung, die Zuwendung zur Ausgleichung zu bringen gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB, zweitens die Bestimmung, die Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen gemäß § 2315 Abs. 1 BGB, sowie drittens gemäß § 2316 Abs. 4 BGB die Zuwendung nach beiden vorgenannten Bestimmungen auszugleichen und zugleich anzurechnen. Dabei folgt die Ermittlung des Ausgleichs-, Anrechnungs- oder Ausgleichs-/Anrechnungspflichtteils nach den jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen ganz unterschiedlichen Berechnungsweisen, die je nach den Umständen des Falles insbesondere den Vermögensverhältnissen, Vorempfängen und Pflichtteilsberechtigten auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können (vgl. statt aller MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2315 Rdn. 11 ff., § 2316 Rdn. 9 ff., 20 ff.). Das erklärt sich aus den verschiedenen Berechnungssystemen, nach denen – zusammengefasst – bei einer Ausgleichung der Wert der Zuwendung von dem Erbteil abgezogen und erst von diesem so ermittelten Betrag der Pflichtteil berechnet wird, während bei einer Anrechnung der Pflichtteil zunächst selbst berechnet und dann von diesem Pflichtteil der Wert der Zuwendung abgezogen wird (vgl. Sostmann, MittRheinNotK 1976, 479, 493). Bei einer gleichzeitigen Ausgleichungs- und Anrechnungsanordnung ist schließlich zunächst der Pflichtteil im Wege der Ausgleichung zu bestimmen und dieser Wert danach um die Hälfte des Zuwendungswertes zu kürzen (vgl. Thubauville, MittRheinNotK 1992, 289, 300). Nach den jeweiligen Vermögensverhältnissen und Pflichtteilsberechtigungen kann eine „Anrechnung auf den Erb- und Pflichtteil“ gemäß § 2316 Abs. 4 BGB sogar dazu führen, dass der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers größer ist, als wenn nur die Anrechnung angeordnet wäre; bei lediglich pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen und nur einer berücksichtigungsfähigen Zuwendung ist der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers bei Anwendung des § 2315 Abs. 1 BGB oder des § 2316 Abs. 4 BGB allerdings gleich (vgl. Soestmann aaO S. 494 f., 515).
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b) Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, wenn die Zuwendung – wie hier von der Erblasserin und dem Kläger im Übergabevertrag ausdrücklich festgelegt – im Wege „vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“ vorgenommen worden ist, kann nur durch Auslegung ermittelt werden (vgl. RG JW 1925, 2124 Nr. 13; SeuffArch 76 Nr. 57; Recht 1904, 284 Nr. 1312; OLG Düsseldorf ZEV 1994, 173 m. Anm. Baumann S. 174; SchlHOLG ErbR 2008, 329 m. Anm. Pastewski S. 331 f.; Staudinger/Haas, BGB [2006] § 2315 Rdn. 19, 23; MünchKomm-BGB/ Lange aaO § 2316 Rdn. 12; Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2315 Rdn. 6; Erman/W. Schlüter, BGB 12. Aufl. § 2315 Rdn. 4, jeweils m.v.w.N.). Der Senatsrechtsprechung ist nicht etwa – wie das Berufungsgericht angenommen haben könnte – zu entnehmen, dass damit stets nur eine Ausgleichungsanordnung gemäß § 2316 Abs. 1 BGB gemeint sein kann. Vielmehr hat der Senat lediglich anerkannt, dass es – abhängig von den jeweiligen Umständen – möglich ist, eine solche Wendung als Ausgleichsanordnung zu verstehen (BGHZ 82, 274, 278; Urteil vom 12. Oktober 1988 – IVa ZR 166/87 – FamRZ 1989, 175 unter I 2).
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Mit „vorweggenommener Erbfolge“ wird zunächst nur die Übertragung von Vermögen (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger beschrieben. Sie richtet sich im Grundsatz nicht nach Erbrecht, sondern den Rechtsgeschäften unter Lebenden mit ihren vielfachen Gestaltungsmöglichkeiten. Es obliegt weithin dem Tatrichter durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien des Rechtsgeschäfts vereinbart haben (BGHZ 113, 310, 313; Senatsurteil vom 1. Februar 1995 – IV ZR 36/94 – NJW 1995, 1349 unter 2 a = juris Tz. 11). Dieser tatrichterlichen Aufgabe hat das Berufungsgericht nicht genügt, indem es ohne weiteres meint, allein wegen der Verwendung des Begriffes „vorweggenommene Erbfolge“ im Vertragstext von einer Ausgleichung ausgehen zu müssen. Sofern es sich darin durch einen unzureichenden Parteivortrag bestärkt gesehen haben sollte, hätte es eines rechtlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurft, da dies offensichtlich von den Parteien so nicht erkannt worden ist, zumal ihre Wortwahl in den Schriftsätzen zur Frage, wie die Zuwendung sich auf den Pflichtteil auswirkt, zwischen „Anrechnung“ und „Ausgleichung“ wechselt, ohne erkennbar auf die spezifischen nach dem Gesetzestext damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen abzielen zu wollen.
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c) Begriff und Motivation legen es bei einer „vorweggenommenen Erbfolge“ zunächst eher nahe, dass damit die Eigentumsübertragung als mit Rücksicht auf das künftige Erbrecht umschrieben werden soll (Senatsurteil vom 1. Februar 1995 aaO), was wiederum für eine Ausgleichsanordnung spricht, weil so die Berücksichtigung der Zuwendung auf den Erbteil, nicht aber auf den Pflichtteil bezogen wird (vgl. SchlHOLG aaO; Pastewski aaO). In einer solchen Anordnung mit Bezug auf den Erbteil ist die Bestimmung der Anrechnung auf den Pflichtteil daher nicht ohne weiteres enthalten, was durch die Entstehungsgeschichte des § 2315 BGB verstärkt wird: Die ursprünglich in § 2288 Abs. 2 Satz 1 der Reichstagsvorlage vorgesehene Auslegungsregel, im Zweifel sei von einer Anrechnung auszugehen, wurde von der Reichstagskommission als zu weitgehend gestrichen (RG SeuffArch aaO; Pastewski aaO m.w.N.).
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Eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung, die auch konkludent erfolgen kann (vgl. nur RGZ 67, 306 f.; OLG Düsseldorf aaO; – 9 –
MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2315 Rdn. 6), ist damit jedoch keineswegs ausgeschlossen. Nach den jeweiligen Umständen können solche Erklärungen des Erblassers durchaus so zu verstehen sein, dass der Vorempfang ganz allgemein von allem abgezogen werden soll, was der Empfänger aus dem Nachlass zu erhalten habe und zwar in dem Sinne, dass er auf das beschränkt sein soll, was er durch die Zuwendung unter Lebenden von dem Erblasser bereits erhalten hat; die „Bestimmung der Anrechnung auf den Erbteil … (schließt) … die Auslegung nicht aus, dass damit auch die Anrechnung auf den Pflichtteil bestimmt“ ist (so ausdrücklich RG JW 1925, 2124 f.).
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d) Entscheidend ist nach alledem der im Auslegungsweg zu ermittelnde Erblasserwille, ob mit der Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung gewünscht war und im Übergabevertrag festgelegt werden sollte, oder ob die Klausel lediglich klarstellen sollte, dass der Empfänger das, was er an sich erst mit dem Tode des Erblassers erhalten sollte, nun schon zu Lebzeiten bekommt, im Übrigen es aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (vgl. zum Ganzen Sostmann aaO S. 482 ff., 489 ff.; Thubauville aaO S. 297). Der erkennbare Erblasserwille muss für die Annahme einer Anrechnungsbestimmung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB mithin auf eine Kürzung der dem Empfänger am Restnachlass zustehenden Pflichtteilsrechte gerichtet sein, wobei aber die Enterbungsabsicht bei Formulierung der Anrechnungsbestimmung noch nicht bestanden haben muss; es reicht, dass der Erblasser die Möglichkeit in Betracht gezogen hat (Staudinger/Haas aaO § 2315 Rdn. 21).
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Diese Ermittlung des Erblasserwillens erfordert eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere auch die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Zuwendung und Testamentserrichtung, der Vermögensgegenstand und seine wirtschaftliche Nutzbarkeit durch den Empfänger vor dem Erbfall sowie die Größenordnung der vorgezogenen Vermögenszuwendung zu berücksichtigen sind. Ebenso können Vorstellungen des Erblassers über eine gleichmäßige Behandlung von Abkömmlingen eine Rolle spielen, wobei zu beachten ist, dass ein solcher Erblasserwille bei der Berechnung des Ausgleichspflichtteils i.S. von § 2316 Abs. 1 BGB an Grenzen stößt, weil enterbte Vorempfänger rechnerisch mit der Hälfte des Vorempfangs begünstigt bleiben, was einer etwa beabsichtigten völligen Gleichstellung entgegensteht (vgl. MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2316 Rdn. 12; Soergel/Dieckmann aaO § 2316 Rdn. 12). Die Beweislast für eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung i.S. von § 2315 Abs. 1 BGB bleibt indes letztlich beim Erben (MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2315 Rdn. 6; Soergel/Dieckmann aaO § 2315 Rdn. 6).
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2. Nach den vom Berufungsgericht wohl in seine Berechnung eingestellten Werten (Nachlass 762.871,93 €; auf den Erbfallzeitpunkt indexierte Zuwendung, vgl. BGHZ 96, 174, 181, 400.000 €) trifft seine Annahme nicht zu, dass mit Rücksicht auf die zugrunde gelegte Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ein Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht festgestellt werden könne.
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Dieses Ergebnis ist bei den genannten Zahlen allerdings im Falle einer Anrechnungsbestimmung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB zu erreichen, was möglicherweise dem Berufungsgericht bei dem Verständnis der Regelung in Nr. 7 des Übergabevertrages vorgeschwebt hat. Denn der An-rechnungspflichtteil aus Pflichtteil abzüglich Zuwendung ergibt rechnerisch einen negativen Wert (762.871,93 € + 400.000 € = 1.162.871,93 € : 4 = 290.717,98 € abzügl. 400.000 € = -109.282,02 €).
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Bei einer Ausgleichung verbleibt hingegen – was die Revision zu-treffend darlegt – ein positiver Ausgleichungspflichtteil (762.871,93 € + 400.000 € = 1.162.871,93 € : 2 [Abkömmlinge] = 581.435,97 € – 400.000 € = 181.435,97 € x 1/2 = 90.717,99 €).
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Bei einer Kombination von Ausgleichung und Anrechnung scheiden hier wiederum Pflichtteilsansprüche aus, da die Differenz aus Ausgleichungspflichtteil und halbem Vorempfang – wie bei einer Anrechnung allein – negativ ist (90.717,98 € – 200.000 € = -109.282,02 €).
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Je nachdem, wie die vom Erblasser und Kläger im Übergabevertrag vereinbarte unentgeltliche Betriebsübergabe 1982 „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ gemeint gewesen ist – nur Erbteils- oder auch Pflichtteilsbezug -, entscheidet sich, ob für den Kläger überhaupt noch ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch in Betracht kommen kann.
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3. Darüber wird der Tatrichter zunächst erneut zu befinden haben.
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Der Senat weist für die – je nach dem Ergebnis – gegebenenfalls erforderliche weitere Bearbeitung vorsorglich auf folgendes hin: Neben der Feststellung des Nachlasswertes bedarf es auch der des Wertes der Zuwendung. Die Beklagten haben im Rahmen der ihnen auch bezüglich berücksichtigungsfähiger Zuwendungen obliegenden Darlegungs- und Beweislast zum Unternehmenswert ausreichend substantiiert vorgetragen. Mehr ist ihnen insbesondere angesichts des Umstandes nicht möglich, dass dem Kläger laut Nr. 8.3 Übergabevertrag sämtliche für die (Fort-)Führung des Betriebes notwendigen und zweckmäßigen Unterlagen übergeben worden sind. Hinzu kommt – worauf das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend abstellt -, dass er gemäß Nr. 5.4 Abs. 2 und Nr. 6 Übergabevertrag Steuernachforderungen aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung für den Zeitraum bis 31. Dezember 1981 und sämtliche im Unternehmen begründete Verbindlichkeiten nach der Bilanz zum 31. Dezember 1981 übernommen hat, was ohne den Erhalt der entsprechenden Betriebsunterlagen aus der Zeit vor der Betriebsübergabe für ihn nicht nachzuvollziehen gewesen wäre. Dem Kläger obliegt es daher jetzt, dem Vorbringen der Beklagten seinerseits substantiiert zu entgegnen. Sein Vortrag reicht dafür bislang nicht aus. Unter Berücksichtigung, dass seine Auskunftspflichten aus § 2057 BGB oder zusätzlich aus § 242 BGB auch wertbildende Faktoren der Zuwendung erfassen können (vgl. MünchKomm-BGB/Heldrich aaO § 2057 Rdn. 6 m.w.N. in Fn. 11), geht zu seinen Lasten, wenn er sich nicht in der Lage sieht, so konkret und zusammenhängend vorzutragen, dass daraus gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung und durch Vernehmung von Zeugen zu einzelnen streitigen Punkten der Wert des Betriebes im Zeitpunkt der Übergabe erschlossen werden kann. Punktuelle und teilweise wenig plausible Angaben wie etwa zu einem Kapitalkonto, Geldzuflüssen aus Spielgewinnen oder sonstigen steuerlichen Aspekten genügen dafür nicht.
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Schließlich können Pflichtteilsrestansprüche solange nicht zugesprochen werden, als Feststellungen zu der bislang – aus Sicht des Berufungsgerichts folgerichtig – offen gelassenen Frage fehlen, inwieweit die Beklagte zu 1 besondere Leistungen gemäß § 2057a BGB zur Ausgleichung bringen kann.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 27.03.2008 – 2/7 O 361/05 –
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 25.03.2009 – 19 U 126/08 –