Erbantrittserklärung und Einweisung in Verlassenschaft. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Erbantrittserklärung und Einweisung in österreichische Verlassenschaft bei deutschem Gericht?
Frage:
Mein Vater ist in Deutschland verstorben. Er war Österreicher. Er hat kein Testament hinterlassen. Er hat meine Stiefmutter 25 Jahre vor seinem Tod in Österreich geheiratet. Mein Vater hat nur Vermögen in Deutschland hinterlassen und hier nur bewegliches Vermögen, also keine Grundstücke. Sind meine Stiefmutter und ich jetzt Erben zu je 1/2?
Antwort:
Das wäre der Fall, wenn Ihr Vater Deutscher gewesen wäre und in Deutschland ohne Ehevertrag geheiratet hätte.
Ihr Vater ist aber Österreicher gewesen und hat in Österreich geheiratet. Nach österreichischem Erbrecht erbt der überlebende Ehegatte 1/3 und die Kinder 2/3.
Hinzu kommt, dass nach österreichischem Recht die Erbschaft nicht automatisch dem Erben anfällt, wenn der Erblasser gestorben ist, sondern erst bei Gericht angetreten werden muss. Sie können dabei einen bedingten oder einen unbedingten Erbantritt gegenüber dem Nachlassgericht erklären.
Die unbedingte Erbantrittserklärung ist die Annahme der Erbschaft ohne Haftungsvorbehalt. Der Erbe muss dann nicht nur mit der Erbschaft sondern auch mit seinem gesamten eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers geradestehen.
Der Erbe kann dieses Haftungsrisiko aber durch die Abgabe einer nur bedingten Erbantrittserklärung beschränken. Der Erbe haftet dann zwar ebenfalls mit seinem eigenen Vermögen, jedoch beschränkt auf den Wert der ihm zukommenden Erbschaft (die in Österreich übrigens „Verlassenschaft“ heißt).
Die bedingte Erbantrittserklärung ist aber zwingend mit einer Inventarisierung des Nachlasses verbunden. Das Inventar ist ein Verzeichnis des gesamten Vermögens des Erblassers zum Zeitpunkt seines Ablebens inklusive einer Bewertung der Nachlassgegenstände.
Das Risiko für die unübersehbaren Schulden des Erblassers mit seinem gesamten Vermögen zu haften, kann also durch die Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung ausgeschlossen werden. Allerdings kostet die Erstellung des dazu erforderlichen Inventars viel Zeit und Geld. Dennoch sollte eine unbedingte Erbantrittserklärung nur abgegeben werden, wenn der Erbe die Vermögensverhältnisse des Erblassers genaustens kennt.
Nach der Erbantrittserklärung muss eine Einweisung in die Erbschaft erfolgen, die sogenannte Einantwortung, die durch gerichtlichen Beschluss ausgesprochen wird. Erst nach der Einantwortung werden die Erben Rechtsnachfolger des Erblassers. Bis dahin „ruht“ die Erbschaft.
All diese Verfahrenshandlungen können nach Ansicht des Notariates II Villingen (= Nachlassgericht in Baden-Württemberg, sonst Amtsgerichte) auch vor einem deutschen Nachlassgericht vorgenommen werden, jedenfalls dann, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und die Einantwortung den in Deutschland belegenen beweglichen Nachlass betrifft.
Tipp:
Lesen Sie den Beschluss des Notariats II Villingen vom 12. September 2012 – II NG 801 – in ZErb 2012, S. 339f.