Universalsukzession: Der Erbe tritt in die Fußstapfen des Erblassers. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Universalsukzession: In den Fußstapfen des Erblassers
Bei dem Begriff Universalsukzession (oder auf deutsch: Gesamtrechtsnachfolge) handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff,. Die Gesamtrechtsnachfolge ist eines der Grundprinzipien des deutschen Erbrechts umschreibt.
Universalsukzession bedeutet, dass mit dem Todesfall (=Erbfall) das gesamte Vermögen des Erblassers kraft Gesetzes als Einheit auf die Erben übergeht.
Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Rechtsnachfolger (= die Erben) alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen erlangen. Es bedarf hierzu keiner gesonderten Übertragung der einzelnen Nachlassgegenstände. Der Erbe wird beispielsweise durch den Erbfall Eigentümer aller Immobilien, aller Konten und sonstiger Vermögensgegenständen des Erblassers, ohne dass weitere Übertragungsakte (beispielswiese Übereignungen und Übergaben oder Umschreibungen im Grundbuch) erforderlich wären.
Das Gegenteil hierzu ist die Einzelrechtsnachfolge oder Singularsukzession, bei der der Rechtsnachfolger lediglich in einzelne Rechtspositionen eintritt. Sie spielt aber bei der Erbfolge so gut wie keine Rolle.
Die Universalsukzession ist im Erbrecht der Regelfall, zu einer Einzelrechtsnachfolge kommt es nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeklauseln oder dem Eintritt in den Mietvertrag nach dem Tod des Mieters.
Erbe ist nach der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden gesetzlichen Definition des § 1922 BGB die Person, die im Erbfall das Vermögen des Erblassers (den Nachlass) als Ganzes entweder alleine oder zusammen mit anderen erhält (dann als Miterbe).
1. Grundsätzliches
Zunächst muss der Erbe erbfähig sein (siehe Erbfähigkeit).
Der Erbe erhält im Erbgang nicht nur das Aktiv- sondern auch das Passivvermögen des Erblassers (im Klartext: auch Schulden werden geerbt). Soweit eine Person in einer letztwilligen Verfügung nur einzelne Vermögensgegenstände zuerkannt bekommt, handelt es sich bei dieser Person nicht um einen Erben, sondern um einen Vermächtnisnehmer. Da in einem solchen Fall der Erblasser keinen Erben eingesetzt hat, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zuge. Soweit mehrere Personen zu Erben bestimmt worden sind, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Man spricht in diesem Fall von Miterben.
2. Erlangung der Erbenstellung
Erbe wird man entweder durch
- eine Verfügung von Todes wegen des Erblassers (Testament oder Erbvertrag) oder durch
- die gesetzliche Erbfolge.
Wer Erbe ist, stellt das Nachlassgericht im Rahmen der Testamentseröffnung fest. Das Ergebnis dieser Feststellung ist bei entsprechendem Antrag der Erbschein, mit dem der Erbe sich als neuer Eigentümer ausweisen kann.
3. Die rechtliche Stellung des Erben
3.1 Allgemeines
Der Erbe erhält das Vermögen des Erblassers. Er wird dessen Rechtsnachfolger. Man sagt, er tritt in die Fußstapfen des Erblassers. Nur wenige Rechtspositionen sind nicht vererblich (so z. B. der Arbeitsvertrag als höchstpersönliche Verpflichtung zwischen dem Arbeitgeber und dem Verstorbenen).
Als Alleinerben bezeichnet man den alleinigen Erben eines Verstorbenen = des Erblassers. Der Alleinerbe tritt sozusagen in die Fußstapfen des Erblassers. Man kann auch sagen: Der Erblasser lebt rechtlich im Alleinerben fort. Alle Rechte und Pflichten des Erblassers gehen auf den Alleinerben über. Alleinerbe kann man aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder testamentarischer Verfügung werden.
Gegenbegriff sind die Miterben, also mehrere (Mit-)Erben die gemeinsam den Erblasser beerben und eine Erbengemeinschaft bilden.
3. 2 Erbschaftsausschlagung
Der Erbe hat die Möglichkeit, das Erbe innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls und dem Berufungsgrund auszuschlagen (§ 1944 BGB). Er muss wissen, dass der Erblasser gestorben ist und ob er aufgrund eines Testamentes, Erbvertrags oder Gesetzes beerbt wird. Versäumt der Erbe die ab diesem Zeitpunkt laufende Frist, gilt das Erbe als angenommen. Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland oder hielt sich der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland auf, beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Monate.
Die Erbausschlagung muss öffentlich beglaubigt werden. Sie kann entweder unmittelbar beim
- Nachlassgericht oder dem
- Nachlassgericht am Wohnsitzort des Erben oder
- notariell beglaubigt erklärt werden.
Für die Ausschlagung entstehen Kosten aus dem anteiligen Wert des reinen Nachlasses gem. § 112 I 2, II KostO in Höhe von 1/4 gemäß §§ 32, 38 III, 145 I KostO. Wird die Ausschlagungserklärung bei einem Notar abgegeben, fällt zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer an.
Das Ausschlagungsrecht entfällt nach Annahme der Erbschaft. Diese kann durch schlüssiges (konkludentes) Handeln oder Beantragung eines Erbscheins erfolgen.
Bei irrtümlicher Annahme, Ausschlagung oder Säumnis der sechswöchigen Frist (=Annahme) verbleibt dem Erben unter Umständen die Möglichkeit der Anfechtung des Erbanfalls (in der Praxis wichtigster Fall ist die Verkennung der Überschuldung des Nachlasses), § 1954 BGB.
3.3 Haftung des Erben
Nach § 1967 BGB haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten. Allerdings hat der Erbe die Möglichkeit, die Haftung im Wege der Nachlassinsolvenz, der Nachlassverwaltung oder des Ausschlusses einzelner Nachlassgläubiger in einem Aufgebotsverfahren zu beschränken.
Die Forderungen von Vermächtnisnehmern an den Erben müssen im Streitfall allerdings zivilrechtlich durchgesetzt werden; das Nachlassgericht ist dafür nicht zuständig.
3.4 Ansprüche des Erben
Da der Erbe Rechtsnachfolger des Erblassers ist, kann er sämtliche Forderungen des Erblassers dritten Personen gegenüber geltend machen. Weiterhin hat der Erbe nach § 2018 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses von denjenigen Personen (Erbschaftsbesitzern), welche die Vermögensgegenstände besitzen.
4. Rechte und Pflichten im Überblick: Worauf als Erbe zu achten ist
(Genaueres erfahren Sie in unserem Erbrecht ABC unter den einzelnen Stichwörtern – verschaffen Sie sich hier erst einen Überblick)
4.1 Erbverzicht
Bereits vor dem Erbfall kann auf das Erbe in einem notariellen Vertrag verzichtet werden. Der Verzicht erfolgt in der Regel gegen Abfindung.
4.2 Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Die Erbschaft gilt nach Ablauf von sechs Wochen als angenommen, kann aber auch schon vorher durch ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht angenommen werden. Auch wenn man sich wie ein Erbe aufführt, ist die Erbschaft angenommen. Eine Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht ist ebenfalls möglich und muss innerhalb der 6Wochenfrist erfolgen.
4.3 Anfechtung des Testaments
Unterlag der Erblasser bei der Testamentserrichtung einem Irrtum, kann das Testament in der Regel angefochten werden.
4.4 Erbunwürdigkeit
Erbunwürdig ist zum Beispiel, wer den Erblasser umgebracht hat. Dies muss durch Klage festgestellt werden.
4.5 Sicherung des Nachlasses
Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zur sorgen. Entsprechendes gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
4.6 Erbschein
Der Erbschein dient den Erben als rechtliche Legitimation für das Ihnen zustehende Erbrecht. Er wird vom Nachlassgericht auf Antrag der Erben erteilt.
4.7 Pflichtteilsanspruch bei Enterbung
Gesetzlich ist Ihnen das Recht eingeräumt, nach Ihrem Belieben Verfügungen über Ihr Vermögen nach dem Tod zu treffen. Diese Testierfreiheit wird allerdings beschränkt durch den sogenannten Pflichtteil, mit dem das Gesetz Ihren nächsten Familienangehörigen einen Mindestanteil am hinterlassenen Vermögen garantieren will.
4.8 Testamentsvollstreckung
Als Erblasser können Sie durch Testament oder durch eine einseitige Verfügung im Erbvertrag einen oder mehrere Testamentsvollstrecker ernennen. Sie können auch für den Fall, dass der ernannte Testamentsvollstrecker vor oder nach der Annahme des Amtes wegfällt, einen anderen Testamentsvollstrecker einsetzen.
4.9 Haftung des Erben
Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen auf einen oder mehrere Erben über; das bezeichnet man als Gesamtrechtsnachfolge. Damit übernimmt der Erbe die vermögensrechtliche Stellung des Erblassers. Er erwirbt aber nicht nur das Nachlassvermögen, sondern haftet zunächst grundsätzlich auch unbeschränkt für die Schulden des Erblassers und für die durch den Erbfall entstehenden Verbindlichkeiten.
4.10 Erbengemeinschaft
In der Praxis ist es eher die Ausnahme, dass eine Person Alleinerbe ist. Im Regelfall fällt der Nachlass an mehrere Personen, eine sogenannte Erbengemeinschaft. Dies gilt sowohl für die gesetzliche Erbfolge als auch dann, wenn durch Testament oder Erbvertrag mehrere Erben eingesetzt sind. Das Problem bei der Erbengemeinschaft besteht häufig darin, dass einzelne Miterben sehr unterschiedliche Interessen haben.