Ist das Testament unwirksam, wenn „meine Lebensgefährtin, oder unsere gemeinsame Tochter“ als Erbin eingesetzt ist? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Ist das Testament unwirksam, wenn „meine Lebensgefährtin, oder unsere gemeinsame Tochter“ als Erbin eingesetzt ist?
Nein. Das Testament ist wirksam. Ein Mann fasste ein Testament ab, nach dem „mein ganzes Vermögen an meine Lebensgefährtin … oder an unsere gemeinsame Tochter“ übergeht. Zunächst wurde dieses Testament von einem bayerischen Landgericht wegen Unbestimmtheit für unwirksam erklärt, es läge eine unzulässige wahlweise Erbeinsetzung vor. Man wisse nicht, wer Erbe sei, die Lebensgefährtin oder die Tochter. Das Bayerische Oberste Landesgericht sah das aber anders. Der Mann habe eine feste Vorstellung von der Erbfolge gehabt, und diese Vorstellung als Laie eben nur unprofessionell zum Ausdruck gebracht. Erbin sollte die Lebensgefährtin und Ersatzerbe (also nur ersatzweise, falls die Lebensgefährtin z.B. vorverstorben wäre) die Tochter sein. So kam es dann auch.
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied:
Es genügt, wenn die Person des Bedachten anhand des Inhalts der Verfügung, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen zuverlässig und eindeutig im Wege der Auslegung festgestellt werden kann. Ein hinreichender Anhalt für die Auslegung ergibt sich schon daraus, dass in dieser die Lebensgefährtin an erster Stelle, die gemeinsame Tochter an zweiter Stelle aufgeführt ist. Mangels anderweitiger konkreter Umstände wäre die Verfügung des Erblassers entsprechend der Reihenfolge der Bezeichnung und in Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung, die für Ehegatten im Sinne einer Erbfolge nach Generationen in § 2269 Abs. 1 BGB ihren gesetzlichen Ausdruck gefunden hat, dahin auszulegen, dass die Lebensgefährtin an erster Stelle, die gemeinsame Tochter ersatzweise (§ 2096 BGB) eingesetzt sein soll.
BayObLG, Beschluss vom 22. 7. 1998 – 1Z BR 229/97