Klagen gegen den Nachlasspfleger – Der Nachlasspfleger als Beklagter. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Die rechtliche Stellung des Nachlasspflegers

Personenpfleger

Der Nachlasspfleger ist Vertreter der noch „unbekannten” Erben. Bei der Nachlasspflegschaft liegt damit eine Personenpflegschaft für die noch nicht festgestellten Erben vor. Oft ist unklar wer Erbe ist, z.B. weil mehrere Erbkandidaten darum streiten, wer denn nun wirklich ist. Der Nachlasspfleger ist damit gesetzlicher Vertreter der noch unbekannten Erben. Er klagt somit für die unbekannten Erben oder wird an Stelle der noch unbekannten Erben verklagt. Er handelt damit für die noch unbekannten Inhaber des Nachlasses. Die unbekannten Erben, vertreten durch den Pfleger, sind zum Beispiel die richtigen Beklagten, wenn ein Pflichtteils- oder Vermächtnisanspruch gegen sie geltend gemacht wird.  Das gilt auch für den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses aus § 2314 BGB, der sich gegen die unbekannten Erben und nicht gegen den Nachlasspfleger persönlich richtet.

Partei kraft Amtes

Daneben gibt es den Fall, dass der Nachlasspfleger aus eigenem Recht klagt oder verklagte wird. Dann handelt er nicht für die Erben und nicht für den Nachlass. Er agiert dann als „Partei kraft Amtes“ und nicht als Personenpfleger für die unbekannten Erben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Nachlasspfleger von einem der Erbanwärter die Herausgabe von Nachlassgegenständen verlangt. Dann muss er als Partei kraft Amtes verklagt werden, wenn der Erbanwärter gegen den Nachlasspfleger darauf klagt, dass sein Erbrecht festgestellt wird.

Der Nachlasspfleger mit dem Aufgabenkreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses” kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs aus eigenem Recht („kraft Amtes”) die Herausgabe von Nachlassgegenständen verlangen. Der Nachlasspfleger klagt dann selber als Prozesspartei und nicht im Namen der Erben, sondern im eigenen Namen. Dieser Kunstgriff den Nachlasspfleger in solchen Fällen selber als Partei kraft Amtes anzusehen, ist notwendig, weil sonst der der Erbanwärter der behauptet Alleinerbe zu sein und das vielleicht auch wirklich ist, sonst auf beiden Seiten des Prozesses stünde. Er stünde einerseits als noch unbekannter Alleinerbe auf der Klägerseite und als Alleinerbe (vertreten durch den Nachlasspfleger) auf der Beklagtenseite. Ein solcher Insichprozess ist unzulässig.

Beides möglich

Der Nachlasspfleger kann den Rechtsstreit auf Herausgabe von Nachlassgegenständen als gesetzlicher Vertreter des Erben oder persönlich als Prozesspartei wahrnehmen. Er kann die beiden beiden Klagemöglichkeiten sogar kombinieren, indem für den bekannten Miterben als dessen gesetzlicher Vertreter und für den unbekannten Miterben aus eigenem Recht klagt.

Partei Kraft Amtes: Der Nachlasspfleger ist persönlich der Beklagte

Zwischen dem Nachlasspfleger und den Erben besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der Nachlasspfleger ist den Erben selbst persönlich zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er sein Amt fehlerhaft führt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Nachlasspfleger Nachlassgegenstände unter Wert verkauft.

Dies folgt aus § 1915 BGB, der für die (Nachlass-)Pflegschaft auf das Vormundschaftsrecht, also auch auf den § 1833 BGB verweist:

§ 1915 BGB Anwendung des Vormundschaftsrechts
(1) Auf die Pflegschaft finden die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, ….

§ 1833 Haftung des Vormunds
(1) Der Vormund ist dem Mündel für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. …

Der Nachlasspfleger hat den Nachlassgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Tut er dies nicht, kann er als Partei kraft Amtes hierzu verklagt werden. Wurde er hierzu verurteilt hat er die Prozesskosten persönlich zu tragen und darf sie nicht dem Nachlass entnehmen.

§ 2012 BGB Keine Inventarfrist für den Nachlasspfleger und Nachlassverwalter
(1) … Der Nachlasspfleger ist den Nachlassgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. …

Die Klage eines Erbanwärters auf Feststellung seines Erbrechts hat er gegen den Nachlasspfleger als Partei Kraft Amtes zu erheben .

Nachlasspfleger wird als Personenpfleger für die unbekannten Erben verklagt

Klagen gegen die unbekannten Erben können allein gegen die unbekannten Erben vertreten durch den Nachlasspfleger erhoben werden.

Tipp

Ist ein Nachlasspfleger beteiligt muss auf die richtige Parteibezeichnung sorgfältig geachtet werden. Entweder sind „die unbekannten Erben, vertreten durch den Nachlasspfleger“ zu verklagten oder der Nachlasspfleger persönlich als Partei kraft Amtes.

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