Österreichisches Erbrecht im Überblick. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen
Österreichisches Erbrecht im Überblick
Nachdem ich selbst als Kind österreichischer Staatsbürger war (ich erfuhr dies allerdings erst mit 14 Jahren als ich 1974 zusammen mit meinem Vater die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt), fühle ich mich dem österreichischen Erbrecht sehr verbunden und gebe nachfolgend eine kurze Übersicht:
1. Welches Erbrecht gilt?
Es gilt das Erbrecht des Lebensmittelpunktes des Erblassers. Hatte der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland, gilt deutsches Erbrecht, egal ob der Verstorbene Deutscher oder Österreicher war. Ein Österreicher, der in Deutschland lebt, hat aber die Möglichkeit für seinen Nachlass im Testament die Geltung österreichischen Erbrechts zu wählen. Genauso ist es umgekehrt, also für den Deutschen mit Lebensmittelpunkt in Österreich.
2. Wie ist die gesetzliche Erbfolge nach deutschem Erbrecht?
Der Erblasser wird im Regelfall (wenn er keinen notariellen Ehevertrag hatte) von seinem Ehegatten zur einen Hälfte beerbt und zur anderen Hälfte von den Kindern. Daneben erhält der überlebende Ehegatte den sog. Voraus (siehe dort).
3. Wie ist die gesetzliche Erbfolge nach österreichischem Erbrecht?
Nach österreichischem Erbrecht erhält der überlebende Ehegatte nach dem Gesetz nur 1/3 des Erbes; die Kinder hingegen 2/3.
Daneben erhält der Ehegatte ein gesetzliches Vorausvermächtnis, das viel weiter geht als der deutsche Voraus. Die Witwe hat das Recht bis zu ihrem Tod mietfrei in der Ehewohnung zu wohnen und die zum Hausrat gehörenden beweglichen Dinge zu behalten, die sie für die Lebensführung benötigt (z.B. Geschirr, Möbel, Elektrogeräte etc.).
Bei einer gemeinsamen Eigentumswohnung erhält der überlebende Ehegatte ein Übernahmerecht an der Miteigentumshälfte des verstorbenen Ehegatten und muss den Übernahmepreis in den Nachlass zahlen.
4. Haben nicht verheiratete Lebensgefährten ein gesetzliches Erbrecht?
Nein, weder in Deutschland noch in Österreich haben Lebensgefährten ein gesetzliches Erbrecht.
5. Wann gilt österreichisches Güterrecht?
Nach dem Güterrecht (das zum Familienrecht gehört und nicht zum Erbrecht) bestimmt sich, was welchem Ehegatten schon zu Lebzeiten gehört und ihm auch nach dem Tod des anderen verbleibt. Der Erblasser kann nur sein Vermögen bzw. seine Vermögenshälfte vererben. Nach österreichischem Recht können Eheleute das für sie anwendbare Ehegüterrecht ausdrücklich selbst bestimmen. Österreicher, die in Deutschland wohnen, können also das deutsche Güterrecht wählen, wenn sie wollen und dann einen der Güterstände des deutschen Rechts bestimmen (Zugewinngemeinschaft, Gütergemeinschaft, Gütertrennung). Sofern eine solche Rechtswahl – wie in der Regel – nicht getroffen wird, gilt für die Ehe österreichischer Ehegatten das österreichische Ehegüterrecht.
Treffen Österreicher keine Wahl tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein: Jeder ist Alleineigentümer des von ihm in die Ehe eingebrachten und später hinzuerworbenen Vermögens.
Ansonsten gibt es die Gütergemeinschaft, die der deutschen Gütergemeinschaft ähnelt.
Errungenschaftsgemeinschaft bedeutet Gütertrennung für das in die Ehe eingebrachte und das ererbte Vermögen eines jeden Ehegatten, während am Hinzuerwerb während der Ehe Miteigentum eines jeden Ehegatten entsteht.
Die Zugewinngemeinschaft nach österreichischem Recht bedeutet ebenfalls im Grundsatz Gütertrennung, bei Auflösung der Ehe hat aber jeder Ehegatte Anspruch auf einen Teil dessen, was der andere während der Ehe erwirbt.
Schließlich kann noch Heiratsgut für die Ehefrau bestimmt werden.
6. Deutsch-Österreichische Ehepaare
Hier können die Ehegatten das anwendbare Ehegüterrecht durch Rechtswahl bestimmen (was sich empfiehlt).
Bei (auch) gemeinsamer Staatsangehörigkeit (deutsch / deutsch-österreichisch oder österreichisch / österreichisch-deutsch gilt aus der Sicht des jeweiligen Staates sein Ehegüterrecht, wenn die Staatsangehörigkeit bei beiden Ehegatten vorliegt (z.B. deutsches Eherecht, wenn deutsch /deutsch-österreichische Ehe, nicht aber aus österreichischer Sicht, da aus österreichischer Sicht gemischt-nationale Ehe).
Liegt weder eine Rechtswahl noch eine gemeinsame Staatsagehörigkeit vor, ist das Ehegüterrecht entscheidend, das an dem Ort gilt, an dem sie ihren gemeinsamen Hausstand gegründet haben.
Es sind also Fälle denkbar, in denen österreichisches Erbrecht und deutsches Ehegüterrecht nebeneinander gelten (z.B. die Österreicherin mit ersten Ehewohnsitz in Deutschland).
7. Testamente und Kodizile
Auch nach österreichischem Recht geht die gewillkürte Erbfolge (durch Testament, Kodizil oder Erbvertrag) der gesetzlichen Erbfolge vor. Neben dem Erbvertrag (dazu unten) kennt das österreichische Recht Testamente und Kodizile.
Das Kodizil ist ein Testament, das nur Vermächtnisse enthält.
Beim Testament ist zu beachten, dass ein späteres Testament ein früheres immer vollständig widerruft (§ 713 ABGB, anders als § 2258 BGB, wonach nur insoweit widerrufen wird als ein Widerspruch zum früheren Testament besteht). Privattestamente sind dabei eigenhändig (§ 578 ABGB), fremdhändig (§ 579 BGB) und sogar mündlich mit drei Zeugen errichtbar (§ 585 ABGB).
8. Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten
Auch österreichische Ehegatten (! nicht andere, also keine Lebensgefährten) können gemeinsam testieren. Ein gemeinschaftliches Testament von Verlobten wird wirksam, wenn eine Eheschließung folgt. Die Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament ist vor und nach dem Tod des anderen Ehegatten frei widerruflich. Eine Bindungswirkung wie § 2271 BGB kennt das das österreichische Recht nicht (§ 1248 ABGB).
Auch ein Ehegattentestament kann handschriftlich niedergelegt werden. Allerdings genügt es nach österreichischem Recht nicht, dass ein Ehegatte nur die Erklärung des anderen Ehegatten mitunterzeichnet. Vielmehr hat jeder Ehegatte selbst vollständig zu testieren (§ 578 ABGB: eigenhändig schreiben und eigenhändig unterschreiben).
9. Erbvertrag
Gilt österreichisches Erbrecht ist zu beachten, dass nur Ehegatten einen Erbvertrag errichten können (§§ 602, 1249 ff ABGB) und sich die Ehegatten dabei vertraglich bindend nur über 3/4 des Nachlasses einigen können (§ 1253 S.2 ABGB). Über ein Viertel bleibt die Testierfreiheit immer bestehen. Dieses Viertel muss frei sein für Belastungen wie Pflichtteilen und Schulden (§ 1253 ABGB).
10. Nachlassverfahren in Österreich
Während in Deutschland der Grundsatz des Von-Selbst-Erwerbs gilt wonach die Erbschaft automatisch auf die Erben übergeht, ist die Rolle des österreichischen Verlassenschaftsgerichts viel stärker als die Rolle des deutschen Nachlassgerichts. Nach österreichischem Recht wird der Erbe nicht automatisch Rechtsnachfolger des Erblassers. Insbesondere darf er das Erbe nicht eigenmächtig in Besitz nehmen.
Eine von Amts wegen durch das österreichische Nachlassgericht eingeleitete „Verlassenschaftsabhandlung“ besteht aus
* der Todesfallaufnahme
* der Erbantrittserklärung (§§ 157 AußStrG, 799 ABGB; früher Erbserklärung)
* der Einantwortung
Die Rechtsnachfolge tritt erst durch eine förmliche „Einantwortung“ seitens des österreichischen Verlassenschaftsgerichts ein. Bis dahin ist der ruhende Nachlass wie eine juristische Person zu behandeln, die klagen oder verklagt werden kann.
Zu beachten ist, dass Immobilien in Österreich immer und solche außerhalb Österreichs nie von der österreichischen Verlassenschaftsabhandlung erfasst werden.
Verlassenschaftsgericht ist in Österreich das Bezirksgericht am letzten Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Erblassers (§§ 105f. JN). Das Gericht bestellt einen Gerichtskommissär, das ist i.d.R. der Notar vor Ort. Dieser hat die Todesfallaufnahme zu errichten (§ 145 AußStrG), den Nachlass zu ermitteln und zu sichern. Erst durch die „Einantwortung“ (ein Gerichtsbeschluss, § 797 ABGB) am Ende des Verlassenschaftsverfahrens kommt es zum Erwerb des Eigentums am Nachlass durch die Erben. Für dieses Verfahren ist ein Notar als „Gerichtskommissär“ zuständig. Der Gerichtskommissär leitet das Verfahren mit der „Todesfallaufnahme“ ein, bei der alle persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Verstorbenen festgestellt werden. Der Gerichtskommissär informiert vom Todesfall die mutmaßlichen Erben, Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer und Behörden (z.B. Finanzamt, Kfz-Zulassungsstelle, öffentliche Bezügestellen). Testamente sind beim Gerichtskommissär abzuliefern. Eine beglaubigte Kopie des Testaments kommt in den „Verlassenschaftsakt“. Das Original wird bei Gericht verwahrt. Alle potentiellen Erben erhalten eine Kopie des Testaments. Hat der Erbe seine Erbberechtigung nachgewiesen muss er innerhalb einer vom Notar gesetzten Frist seine „Erbantrittserklärung“ abgeben.
Der Erbe kann das die Verlassenschaft bedingt oder unbedingt antreten. Bei der unbedingten Erbantrittserklärung nimm er die Erbschaft ohne Vorbehalte an, was zur unbeschränkten Haftung für alle Schulden des Erblassers (auch unbekannte) führt, und zwar auch mit dem eigenen Vermögen des Erben. Bei der bedingten Erbantrittserklärung haftet der Erbe hingegen nur mit dem ererbten Vermögen. Schließlich kann ein Beteiligter auch das Erbe durch „Erbsentschlagung“ ausschlagen. Stehen die Erben und ihre Erbquoten fest, erfolgt am Ende des Verfahrens der gerichtliche „Einantwortungsbeschluss“. Damit geht das Eigentum auf die Erben über. Diese Urkunde ist auch Grundlage für die Eintragung als neuer Eigentümer einer geerbten Immobilie im Grundbuch. Bis zum Ende des Verfahrens nennt man die Erbschaft „ruhender Nachlass“. Besteht Uneinigkeit oder werden widersprechende Erbantrittserklärungen abgegeben, darf keinem der streitenden Erben der Besitz am Nachlass eingeräumt werden. Statt dessen bestellt das Gericht einen „Verlassenschaftskurator“.
Ist bei Immobilien eine etwaige Erbschaftsteuer gezahlt, erteilt das österreichische Finanzamt eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“. Dann können die Erben im Grundbuch eingetragen werden.
11. Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
Wie in Deutschland bilden in Österreich mehrere Erben eine Erbengemeinschaft. § 550 S. 1 ABGB bestimmt, dass die Miterben in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechts wie eine Person anzusehen sind. Nach österreichischem Recht bilden mehrere Erben bis zur Einantwortung eine Bruchteilsgemeinschaft (§§ 825 ff. ABGB). Nach der Einantwortung erhält jeder Erbe Miteigentum an den Nachlassgegenständen entsprechend seiner Erbquote. Die Auflösung dieser Gemeinschaft kann von jedem Miterben verlangt werden (§ 830 S. 2 ABGB). Hierüber können sich die Miterben durch „Erbteilungsübereinkommen“ einigen. Dabei können sie den Nachlass gegenständlich aber auch durch sogenannten „Zivilteilung“ (Verkauf des Nachlasses und Verteilung des Erlöses) teilen. Denkbar ist auch eine Auszahlung der anderen durch einen der Miterben. Können sich die Erben, z.B. bei einem Hausgrundstück nicht einigen, so muss das Hausgrundstück versteigert werden, damit der Erlös verteilt werden kann. Kommt insgesamt über die Aufteilung der Erbengemeinschaft keine Einigung zustande, so ist diese durch Erbteilungsklage eines Miterben aufzuheben.
12. Eigentumsübergang einer österreichischen Immobilie
Hinterlässt der österreichische Erblasser ein Grundstück in Österreich, ist darüber ein Verlassenschaftsverfahren mit Einantwortung durchzuführen. Zuständig ist das Bezirksgericht, in dessen Bezirk die Immobilie liegt (§ 106 JN). Das Verlassenschaftsverfahren endet mit der Einantwortung. Sie erfolgt durch Beschluss des Gerichts. Mit der Einantwortung erwirbt der Erbe gemäß § 797 ABGB das Eigentum an den Nachlassgegenständen. Mit der Einantwortungsurkunde kann der Erbe gegenüber Dritten sein Eigentum nachweisen. Um das Eigentum an einem Grundstück per Einantwortung einer Erbschaft zu übertragen, ist erforderlich, dass der Eigentumserwerb in das Grundbuch eingetragen wird.
„§ 436 ABGB: Wenn das Eigentum unbeweglicher Sachen … zufolge … Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden soll, ist … die Einverleibung (§§ 431 – 433) oder die Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435) erforderlich.“
„§ 431 ABGB: Zur Übertragung des Eigentums unbeweglicher Sachen muss das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).“
13. Das Erbgrundstück im Miteigentum
Die häufigste Entstehungsform für schlichtes Miteigentum ist der Erbgang; etwa: Ein Elternteil stirbt und hinterlässt das Haus den Kindern. Daneben entsteht schlichtes Miteigentum nach § 825 Satz 2 ABGB
In Österreich spricht man von schlichten oder ideellen Miteigentum. Geregelt in den §§ 361, 825 ff ABGB wird es auch Quoten-, Bruchteils- oder Anteilseigentum genannt: Hier ist nicht die Sache, sondern nur das Recht geteilt. Jede/r Miteigentümerin ist rechtlich Teilhaber der ganzen, ungeteilten Sache. Der ideelle Miteigentumsanteil gewährt aber noch kein konkretes Nutzungsrecht an einem bestimmten Sachteil, etwa einer (Parterre)Wohnung. Es braucht dazu vielmehr eine sog Benützungsregelung oder Gebrauchsordnung (§ 17 WEG: Benützungsregelung) Nur das Recht ist geteilt.
Daneben besteht die Möglichkeit, dass ein Miteigentümer, die ihm zur ausschließlichen Benützung überlassene Wohnung mietet. Er wird dann auf der Vermieter-Seite für die Miteigentümer-Gemeinschaft tätig und tritt auf der anderen Seite als Vertragspartner dieser Gemeinschaft auf. Um als In-sich-Geschäft wirksam zu sein, muss der Mietvertrag von allen übrigen Miteigentümern genehmigt werden.
Miteigentum besteht an beweglichen (zB Freunde/innen kaufen gemeinsam ein Auto) und unbeweglichen Sachen. Große Bedeutung besitzt es im Liegenschaftsrecht.
Über seinen Miteigentumsanteil kann jeder Teilhaber frei verfügen (!); § 829 ABGB. D.h. er kann seinen Anteil, ohne die andern zu verständigen oder gar ihrer Zustimmung zu bedürfen, veräußern, vererben und verpfänden oder sonst belasten; also zB auf seinem Anteil eine Hypothek oder Servitut eintragen lassen. Auf den einzelnen Anteil kann auch gesondert Exekution geführt werden; auch die Zwangsvollstreckung berührt also nur den jeweiligen Anteil.
Nach § 830 Satz 1 ABGB ist
„jeder Teilhaber … befugt, auf Ablegung der Rechnung [Rechnungslegungsanspruch] und auf Verteilung des Ertrags zu dringen.“
Erbfall nach OGH 19. 10. 1999, 4 Ob 269/99h, SZ 72/150 = EvBl 2000/49: Nach dem Tod der Mutter erben ihre 4 Kinder eine Liegenschaft; eines lebt im Haus, die anderen wollen nicht darin wohnen. Trotzdem klagen zwei der anderen drei Geschwister auf Räumung der Liegenschaft, da der Beklagte nur zu 1/8 Miteigentümer ist. „OGH: Die Alleinbenützung der gemeinschaftlichen Sache durch einen Miteigentümer ist so lange keine ausschließliche und damit titellose Benutzung, als kein Gebrauchsinteresse der anderen Miteigentümer besteht. Das Gebrauchsrecht des Miteigentümers einer (eine beschränkte Gebrauchsmöglichkeit eröffnenden) gemeinschaftlichen Sache wird nur durch den konkreten Gebrauch anderer Miteigentümer beschränkt.2
Wichtig für das schlichte Miteigentum sind die Verwaltungsregeln der §§ 833 ff ABGB. Kurz: Es ist zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung zu unterscheiden: Verwaltungsregeln
Für die ordentliche Verwaltung gilt als Beschluss- oder Abstimmungserfordernis das Mehrheitsprinzip (= Anteilsmehrheit). Die ordentliche Verwaltung dient der Erhaltung der „Substanz“ der im Miteigentum stehenden Sache. Ordentliche Verwaltung
Die Grenzziehung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung ist immer wieder Anlass von Streit; gerade auch dann, wenn bspw. ein (Haus)Verwalter bestellt wurde. Vgl etwa EvBl 1999/95: Auch die Empfangnahme einer vom Mieter erhobenen gerichtlichen (Auf)Kündigung des Mietverhältnisses gehört zur ordentlichen Verwaltung und ist daher von der Hausverwaltervollmacht umfasst.
Für die außerordentliche Verwaltung – man spricht auch von wichtigen Veränderungen oder Verbesserungen – gilt grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip. Die nicht erteilte Zustimmung eines Miteigentümers kann allerdings u.U. durch den Außerstreitrichter (im Außerstreitverfahren) ersetzt werden.
Die Schwachstelle des schlichten Miteigentums liegt darin, dass jeder Teilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft (§ 830 ABGB) verlangen kann; wenn auch nicht zur Unzeit oder zum Nachteile der übrigen. D.h. für die von der Teilung Betroffenen aber nur: allenfalls zeitlichen Aufschub, aber nicht Verhinderung der Aufhebung der Gemeinschaft. Die mögliche Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Rechtsinstitut Miteigentum, zumal von dieser Möglichkeit gerade in heiklen Situationen Gebrauch gemacht und dadurch Druck ausgeübt werden kann; z.B. Familienzwist unter Geschwistern!
Die weitere Vorgangsweise nach der Aufhebung der Gemeinschaft ist die Teilung der gemeinschaftlichen Sache, geregelt in den §§ 841 ff ABGB. Zu unterscheiden sind dabei zwei Arten der Teilung von Miteigentum: Teilung der gemeinschaftlichen Sache
– Naturalteilung (hier müssen alle einverstanden sein; § 841 Satz 3 ABGB) und
– Zivilteilung (bei Uneinigkeit).
§ 843 ABGB
Kann eine gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder nicht ohne beträchtliche Verminderung des Wertes geteilt werden; so ist sie, und zwar, wenn auch nur ein Teilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher Feilbietung zu verkaufen, und der Kaufschilling unter die Teilhaber zu verteilen.
Zivilteilung bedeutet demnach öffentliche Feilbietung des Miteigentumsobjekts; landläufig wird von „Versteigerung“ gesprochen, was aber nicht dasselbe ist. Der erzielte Erlös wird auf die Teilhaber anteilsgemäß verteilt. Etwas gemildert wurde die „Teilungsgefahr“ bei Miteigentum nunmehr dadurch, dass der Beklagte im Teilungsverfahren beantragen kann, dass Wohnungseigentum richterlich begründet werde; § 2 Abs 2 Z 2 WEG 1975 (= § 3 Abs 1 Z 3 und 4 WEG 2002). Es handelt sich dabei um eine Sonderform der richterlichen Naturalteilung.
SZ 69/169 (1996): Auch bei Vorliegen eines vertraglichen Verzichts auf Erhebung der Teilungsklage kann aus wichtigen Gründen dennoch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft begehrt werden. Die Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 2 WEG 1975 (= � 2 WEG 2002) in einem Verfahren zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft geht als Sonderform der Naturalteilung der Zivilteilung vor. Sie ist nicht deshalb untunlich, weil zwischen den Miteigentümern Streitigkeiten bestehen.
14. Urteil zur Feilbietung eines Erbgrundstücks
Geschäftszahl
1Ob482/52 (1Ob481/52)
Norm
ABGB §841;
ABGB §843;
Das vollstreckbare Urteil muss aussprechen, ob die Aufhebung der Gemeinschaft durch Natural- oder Zivilteilung zu erfolgen hat, widrigenfalls die Exekution nicht bewilligt werden kann.
Entscheidung vom 11. Juni 1952, 1 Ob 481, 482/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling;
II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 14. Juni 1950, 2 A 203/50 des Bezirksgerichtes Döbling, wurde der Nachlass nach dem am 19. März 1950 verstorbenen Josef H. auf Grund des Gesetzes der verpflichteten Partei als erblasserischen Witwe und der betreibenden Partei als erblasserischen Schwester, die sich beide bedingt erbserklärten, je zur Hälfte eingeantwortet. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 22. Feber 1951, 4 C 825/50, wurde auf Grund des Anerkenntnisses der verpflichteten Partei zu Recht erkannt, dass die Erbschaft nach dem verstorbenen Josef H. gerichtlich geteilt wird.
Mit Beschluss vom 12. Oktober 1951, 4 C 825/50, wurde vom Erstgericht auf Grund dieses Urteiles die Exekution mittels zwangsweiser gerichtlicher Teilung der Verlassenschaft bewilligt.
Auf Antrag der betreibenden Partei wurde dieser
Exekutionsbewilligungsbeschluss dahin ergänzt, dass die Exekution mittels zwangsweiser gerichtlicher Teilung im Wege der Versteigerung bewilligt wurde.
Dem Rekurs der verpflichteten Partei hat das Rekursgericht Folge gegeben und die angefochtenen Exekutionsbewilligungsbeschlusse dahin abgeändert, dass der Exekutionsantrag abgewiesen wurde. Das
Rekursgericht führte folgendes aus: Es sei in Lehre und Rechtsprechung streitig, ob im Teilungsurteil schon ausdrücklich festgestellt sein müsse, ob Naturalteilung nach § 841 ABGB., was eine Exekutionsführung nach § 351 EO. zur Folge hätte, oder Zivilteilung nach § 843 ABGB. vorzunehmen sei.
Mit Rücksicht auf diese verschiedenen Meinungen hat das Rekursgericht sich aus Gründen der Rechtssicherheit der strengeren Meinung angeschlossen und den Standpunkt vertreten, dass schon im Teilungsurteil die Art der Teilung bestimmt sein müsse, weil die Frage, ob eine Natural- oder Zivilteilung vollzogen werden soll, unter Umständen von weitergehenden Erhebungen abhängig ist, die im
Rahmen des Exekutionsverfahrens durchzuführen, unzweckmäßig w�re.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Aus der Begründung:
Zur Entscheidung der vorliegenden Frage muß davon ausgegangen werden, daß das bürgerliche Recht in den §§ 841 ff. ABGB. neben einer Naturalteilung auch eine Zivilteilung kennt. Aber gerade diese Bestimmungen ergeben, daß das Gesetz die Naturalteilung als Regel aufstellt und eine Zivilteilung nur dann für zulässig gehalten wird, wenn eine Naturalteilung nicht möglich ist oder die gemeinsame
Vermögensmasse nicht ohne beträchtliche Wertminderung geteilt werden
kann.
Der Oberste Gerichtshof ist daher der Auffassung, daß die materiellen Voraussetzungen für die eine oder die andere Teilungsart das Privatrecht bestimmt, woraus folgt, daß nicht nur im Erkenntnisverfahren darüber zu entscheiden ist, ob eine Teilung
statthat, sondern auch darüber, auf welche Art diese Teilung durchzuführen ist.
Nach der Bestimmung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches hat daher die Teilungsklage grundsätzlich nur auf Naturalteilung zu lauten und ist ein Begehren auf Zivilteilung nur dann zulässig, wenn
im Erkenntnisverfahren der Beweis dafür erbracht wird, daß eine Naturalteilung nicht möglich oder untunlich ist. Ergibt sich schon aus diesen Erwägungen, daß der Ausspruch darüber, ob die Aufhebung einer Gemeinschaft durch körperliche Teilung oder durch gerichtliche Versteigerung zu erfolgen hat, in dem vollstreckbaren Urteil als Exekutionstitel enthalten sein muß, so erhellt dies eindeutig aus den Bestimmungen der §§ 351 und 352 EO., welche Gesetzesstellen ausdrücklich von einer durch einen vollstreckbaren Titel angeordneten Naturalteilung bzw. Zivilteilung sprechen.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher dem Rechtsstandpunkt an, daß der Ausspruch darüber, daß die Aufhebung einer Gemeinschaft durch Natural- oder Zivilteilung zu erfolgen hat, in dem vollstreckbaren Urteil als Exekutionstitel enthalten sein muß, welche Ansicht im übrigen, mit der schon in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes GlUNF. 3758, 3893, 4382 zum Ausdruck
gebrachten Rechtsmeinung übereinstimmt.
Agesehen von diesen Auführungen wäre es auch nicht zweckmäßig, die Entscheidung über die Art derTeilung in das Exekutionsverfahren zu verlagern, da das Zwangsvollstreckungsverfahren nicht das Forum sein kann, darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise eine gemeinsame Vermögensmasse einer Teilung unterworfen wird; am wenigsten kann es dem betreibenden Gläubiger in die Hand gegeben werden, die Art der Aufteilung zu bestimmen.
Ergibt sich aus diesen Erwägungen, dass bereits im Teilungsurteil die Teilungsart zu bestimmen ist, dann fehlt in dem dem Exekutionsantrag zugrunde liegenden Titel im gegenständlichen Falle gemäß § 7 EO. die Art und der Umfang der geschuldeten Leistung, weshalb mit Recht das Rekursgericht den Exekutionsantrag abgewiesen hat.“