Bewertung von Pflegeleistungen bei der Erbteilung. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Bewertung von Pflegeleistungen bei der Erbteilung
Die Bewertung von Pflegeleistungen ist ein Buch mit sieben Siegeln. Das Gesetz sag in § 2057a Abs. 3 BGB:
Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.
Was soll man mit einer so schwammigen Formulierung anfangen. Ein Hildesheimer Landrichter meinte kürzlich in einem Fall gegenüber dem Verfasser, die Vorschrift sei aus seiner Sicht schlichtweg „nicht justiziabel“.
Aus der Praxis des OLG Stuttgart
In einer Verhandlung am 23. Juni 2016 vor dem Erbrechtssenat Stuttgart, wurde ein Vergleich geschlossen, bei dem der Senat folgende Rechtsauffassung vertrat:
Die verstorbene Witwe hinterließ vier Kinder als gesetzliche Erben zu je 1/4 und einen Nachlass von rund 300.000 Euro. Eines der Kinder hatte die Mutter, die schwer pflegebedürftig war, gepflegt. Der Wert der Pflegeleistungen bei 20.000 Stunden über 13 Jahre wurde mit 20 Euro je Stunde vom OLG auf 400.000 Euro angesetzt. Der Vorsitzende machte den Miterben klar, dass ohne die Pflege des einen Kindes kein Nachlass mehr vorhanden wäre. Die Miterben hätten ihrem pflegenden Geschwister zu verdanken, dass überhaupt noch ein Nachlass da sei. Aus Billigkeitserwägungen nach § 2057a BGB könne das Gericht aber nicht dem Pflegenden Kind jetzt alles zuschlagen, sondern müsse den Wert der Pflegeleistungen im Verhältnis zum Wert des Gesamtnachlasses betrachten. Vor diesem Hintergrund zog sich das Gericht zur Beratung zurück und erklärte mit salbungsvollen Worten und ernsten Mienen, es sei nach Abwägung aller Gesichtspunkte zum Ergebnis gekommen, dass dem dem pflegenden Miterben für seine Pflege 130.000 Euro zustünden. Der Rest der Erbschaft wurde zu vier gleichen Teilen unter den Miterben geteilt.
Das pflegende Kind hatte während der Pflege bei der Mutter gewohnt, da er dauernd pflegen musste, und seine eigene Wohnung in dieser Zeit vermietet. Das OLG zog ihm den Wert der Nutzung des Hauses seiner Mutter von den 130.000 Euro ab.