⚖️ Nachlasspflegschaft zur Geltendmachung eines Auseinandersetzungsanspruchs
📚 Ein im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer übergeordneten Erbengemeinschaft, d. h. einer Erbengemeinschaft, an welcher der Erblasser als Miterbe beteiligt war, stehender Anspruch auf Mitwirkung an einer Teilungsversteigerung ist ein gegen den Nachlass gerichteter Anspruch i. S. v. § 1961 BGB.
OLG Naumburg, Beschl. v. 8.8.2024 – 2 Wx 55/22
🧩 Der Fall auf einen Blick
Ein Miterbe möchte die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft (§ 2042 BGB) durchsetzen. Problematisch: Ein anderer Miterbe ist längst verstorben, und dessen Erben sind unbekannt. Kann zur Durchsetzung des Anspruchs eine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden, damit z.B. eine Teilungsversteigerung erfolgen kann?
⚙️ Kernaussage des OLG Braunschweig
Ja, aber nur unter engen Voraussetzungen.
Richtet sich der Auseinandersetzungsanspruch gegen den Nachlass eines verstorbenen Miterben, kann eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB möglich sein – aber nur, wenn dessen Erben tatsächlich unbekannt sind.
📌 Rechtlicher Hintergrund
🔹 Gesetzliche Grundlagen
- § 2042 BGB: Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
- §§ 1960, 1961 BGB: Nachlasspflegschaft bei unbekannten Erben
- § 59 FamFG: Beschwerdebefugnis bei Nachlasspflegschaft
- §§ 239, 246 ZPO: Verfahrensunterbrechung beim Tod eines Beteiligten
🏛️ Sachverhalt im Detail
- Die Erblasserin (E) und ein Miterbe (B) waren Eigentümer eines Hausgrundstücks.
- Nach dem Tod von E (1974) und B (2016) wollte ein Beteiligter die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betreiben.
- Problem: Die Erben der E sind teils unbekannt.
- Der Beteiligte beantragte deshalb eine Nachlasspflegschaft für den Nachlass der E, um den Auseinandersetzungsanspruch geltend machen zu können (§ 1961 BGB).
- Das Amtsgericht lehnte ab – es gebe keine unbekannten Erben.
🧑⚖️ Entscheidung des OLG
✅ Zulässigkeit
✔️ Die Beteiligten waren beschwerdebefugt (§ 59 FamFG).
✔️ Die Beschwerde wurde zugelassen, auch wenn sie vom Nachlasspfleger eingelegt war – sie wirkte für die Beteiligten.
❌ Aber: Beschwerde unbegründet
- Der Nachlasspfleger wollte eine Pflegschaft für die Erben der Erblasserin (E).
- Doch: Die Erben der E sind nicht unbekannt – ihre familiären Verhältnisse und gesetzliche Erbfolge sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rekonstruierbar.
- Damit fehlt die Voraussetzung für eine Pflegschaft nach §§ 1960, 1961 BGB.
📘 Leitsatz (amtlich):
Richtet sich ein Auseinandersetzungsanspruch (§ 2042 BGB) gegen einen Nachlass, kann zur Geltendmachung gemäß § 1961 BGB ein Nachlasspfleger zu bestellen sein.
Dies gilt z. B. dann, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft verstirbt und dessen Erben unbekannt sind.
🔍 Wichtig für die Praxis
💡 | Eine Nachlasspflegschaft zur Geltendmachung eines Auseinandersetzungsanspruchs ist nur möglich: |
---|---|
✅ | Wenn sich der Anspruch gegen einen Nachlass richtet (nicht gegen bekannte Erben persönlich) |
✅ | Wenn die Erben des Verstorbenen tatsächlich unbekannt sind (§§ 1960, 1961 BGB) |
❌ | Nicht zulässig, wenn die Erben zwar schwer auffindbar, aber rechtlich als bekannt gelten |
🧮 Praxisbeispiel
Ein Miterbe möchte die Auseinandersetzung einer alten Erbengemeinschaft betreiben, in der ein Beteiligter (z. B. B) verstorben ist.
Die Erben von B sind unbekannt oder nicht auffindbar.
➡️ In diesem Fall kann der Auseinandersetzungsanspruch gegen den Nachlass von B geltend gemacht werden.
➡️ Dafür ist die Bestellung eines Nachlasspflegers für den Nachlass des verstorbenen B zulässig.
📎 Weitere Hinweise aus der Rechtsprechung
- OLG Düsseldorf, ZEV 2019, 500: Kein Nachlasspfleger bei bloßen Auseinandersetzungsansprüchen gegen bekannte Miterben
- KG Berlin, OLGZ 1981, 151: Nachlasspflegschaft zulässig bei Erbauseinandersetzung mit unbekannten Erben
- OLG Hamm, juris Rn. 2 (2015): Auseinandersetzungsanspruch gegen Nachlass möglich